Saarbruecker Zeitung

Es geht um die Kohle inmitten der Kunst

Die Fußballbos­se treffen sich auf dem DFL-Neujahrsem­pfang. Es geht auch um den Investoren­einstieg.

-

FRANKFURT (sid) Wenn sich die Fußballbos­se im prunkvolle­n Festsaal von 1870 versammeln, dürften sie sich nur am Rande für die prächtigen Ornamente der Neorenaiss­ance, die klassische­n Kronleucht­er und den historisch­en Parkettbod­en interessie­ren. Beim Neujahrsem­pfang der Deutschen Fußball-Liga (DFL) am Dienstag im Gesellscha­ftshaus des Frankfurte­r Palmengart­ens geht es viel mehr um Kohle als um Kunst. Der umstritten­e Einstieg eines Investors und die Vergabe der Medienrech­te sorgen für Spannung(en).

Vor allem der Milliarden­deal mit einem Geldgeber, der schon in zehn Wochen in trockenen Tüchern sein soll, erregt die Gemüter. Am Wochenende mussten sich die Verantwort­lichen in den Stadien erneut die Schmähunge­n der Fans anhören. Dass Aufsichtsr­atsboss Hans-Joachim Watzke sowie die Geschäftsf­ührer Marc Lenz und Steffen

Merkel einer „sch... DFL“vorstehen, müssen sich die Chefs schon seit Wochen anhören. Dazu passt eine Umfrage, wonach knapp 77 Prozent der befragten Anhänger den Einstieg eines Investors negativ bewerten.

Ob sich die DFL-Bosse davon beeindruck­en lassen, erscheint allerdings unwahrsche­inlich. Schließlic­h haben drei potenziell­e Geldgeber das Portemonna­ie bereits gezückt. Die Finanzinve­storen EQT, Blackstone und CVC sollen noch im Rennen sein. Sie wollen Anteile einer DFLTochter­gesellscha­ft, in welche die kompletten Medienrech­te ausgelager­t werden, für 20 Jahre kaufen. Angeblich wollen Blackstone und CVC acht Prozent der Anteile erwerben, EQT biete für 7,9 Prozent. Blackstone wolle 950 Millionen Euro zahlen, EQT und CVC je eine Milliarde.

Allerdings ist eine juristisch­e Auseinande­rsetzung nach wie vor nicht vom Tisch, da aufgrund des Verhaltens von Martin Kind immer noch Fragezeich­en hinter Abstimmung vom 11. Dezember stehen. Der Investoren-Einstieg war damals von den 36 Erst- und Zweitligis­ten exakt mit der notwendige­n Zweidritte­lMehrheit von 24 Stimmen durchgewun­ken worden. Zwar hält Kind sein Abstimmung­sverhalten bisher geheim, der Geschäftsf­ührer von Hannover 96 hat aber mutmaßlich entgegen der Anweisung seines Vereins zugestimmt. Ohne diese Stimme wäre das Ergebnis gekippt.

Mit Bangen blicken die Clubs auch auf das Ergebnis der Ausschreib­ung der deutschspr­achigen Medienrech­te ab 2025/26. Noch vor der Heim-EM im Sommer sollen die Verträge bis zur Spielzeit 2028/29 unter Dach und Fach sein. Dabei geht es um die mit Abstand wichtigste Einnahmequ­elle der Vereine.

Der unruhige Markt bereitet den Klubchefs große Sorgen. Derzeit erhalten die Vereine der Bundesliga und der 2. Liga rund 1,1 Milliarden Euro pro Saison – was bereits einem Minus von 100 Millionen im Vergleich zum vorhergehe­nden Zyklus entspricht. Aufgrund der kolportier­ten wirtschaft­lichen Probleme der möglichen Interessen­ten wird über einen Rückgang der Einnahmen unter die Milliarden­grenze spekuliert.

Zwar erhoffen sich die DFL-Bosse durch neue Formate sowie die Konkurrenz­situation der Sender einen zufriedens­tellenden Abschluss. Doch angesichts des drohenden Einnahme-Rückgangs hat die Ligaspitze auch die Ausgaben ins Visier genommen. Lenz und Merkel machen sich für die Einführung einer Gehaltsobe­rgrenze auf internatio­naler Ebene stark, um die Wettbewerb­sfähigkeit der Bundesliga zu erhalten. Dies müsse „ein Kernthema im europäisch­en Fußball werden“, sagte Lenz.

Newspapers in German

Newspapers from Germany