Lässt sich Donald Trump jetzt noch stoppen?
Die Vorwahlen in New Hampshire sind die letzte Chance, Donald Trumps Durchmarsch zur Präsidentschaftsnominierung zu stoppen. Sein deutlicher Sieg bei den Caucuses in Iowa zeigt, wie fest er die Republikaner im Griff hat.
Siegestrunken kletterte Donald Trump noch in der Wahlnacht an Bord seiner 757, um Richtung New York zu jetten. Nicht ohne zuvor seine um jeweils mehr als 30 Punkte abgehängten Verfolger Ron DeSantis und Nikki Haley zu verhöhnen. „Ich gratuliere Nikki und Ron dazu, dass sie eine schöne Zeit miteinander haben“, lästerte Trump eingerahmt von seinen Söhnen Donald Jr. und Eric vor seinen Anhängern in Des Moines. Gefolgt von einem bizarren Kumbaya-Moment. „Wäre es nicht schön, wenn wir alle zusammenkommen könnten, um die Probleme der Welt zu lösen und all das Sterben und die Zerstörung zu beenden?“
Mit 51 Prozent der Stimmen der ersten Vorwahlen von Iowa hatte Trump allen Anlass zur Euphorie. Kein anderer Republikaner in der Geschichte dominierte die Caucuses so klar wie der Ex-Präsident, der wie ein Amtsinhaber antrat. Er schwänzte die Debatten und machte kaum Wahlkampf in einem Staat, wo die Tuchfühlung mit Wählern einmal als Voraussetzung für den Erfolg galt. Die Nachrichtenagentur „Associated Press“verkündete seinen Wahlsieg bereits nach einer halben Stunde. Ein Rekord.
Wie auch die Temperaturen von minus 22 Grad Celsius einen historischen Tiefstwert für eine Wahlnacht erreichten. Letzteres half dem ExPräsidenten, von der extrem niedrigen Wahlbeteiligung von knapp 110 000 Menschen (2016: 187 000) zu profitieren. Denn vor allem die Aktivisten verließen das Haus. Laut Nachwahlumfragen waren es die Anhänger seiner „Make America Great Again“-Bewegung, die Evangelikalen und ältere weiße Wähler. Sieben von zehn glaubten seiner Lüge von den gestohlenen Wahlen und sehen in Joe Biden keinen legitimen Präsidenten. Und zwei von drei hätten kein Problem damit, den in 91 Fällen vor vier Gerichten angeklagten Trump als verurteilten Straftäter erneut ins Weiße Haus zu schicken.
Der Kandidat, der vor ziemlich genau einem Jahr seinen Hut in den Ring geworfen hatte, schaffte es, seine rechtlichen Probleme als Wahlempfehlung zu verkaufen. Seine Inszenierung als Opfer verbindet ihn mit seinen treuen Anhängern, die sich wie ihre Lichtgestalt für benach
teiligt und verfolgt halten. Ablesbar ist das an der Hauptmotivation, die seine Wähler angeben: Acht von zehn sagen, der Kandidat kämpfe für Menschen wie sie.
Am Dienstag wartete auf den Narzissten vor Gericht in New York ein Kontrastprogramm, wo es wieder einmal nur um ihn selbst ging. Dort wollte er vor der Weiterreise nach New Hampshire an dem von E. Jean Carroll gegen ihn angestrebten Zivilprozess teilnehmen, bei dem es um die Höhe des Schmerzensgelds geht, das der Autorin wegen Verleumdung zusteht. Trump hatte behauptet, sie habe die Vergewaltigung in der Umkleidekabine eines New Yorker Luxuskaufhauses erfunden.
Der als „Trump ohne Drama“mit großen Hoffnungen ins Rennen gestartete DeSantis versuchte nach dem enttäuschten zweiten Platz Optimismus zu verbreiten. „Wir haben unser Ticket aus Iowa gelöst“, erklärte der Gouverneur von Florida, der alle 99 Wahlkreise besucht hatte, die
Unterstützung seiner Kollegin aus Iowa – Kim Reynolds – und die des Paten der Evangelikalen, Bob Vander Plaats. Nicht genug, um mit 21 Prozent überhaupt nur nahe an Trump heranzukommen.
Sehr zur Freude des Spitzenreiters gelobte DeSantis weiterzumachen. Weil er in New Hampshire nichts bestellen kann, reiste er in der Wahlnacht demonstrativ nach South Carolina, wo Wähler ähnlich weit rechts stehen wie die in Iowa. Analysten bezweifeln, dass es für den spröden Kandidaten noch einen Weg zur Nominierung gibt. Er konnte in einem Interview nicht einen Staat nennen, in dem er mit einem Sieg rechnet.
Das lässt die mit 19 Prozent drittplatzierte Haley vor ihren Anhängern in der Wahlnacht erklären, sie sei nun die klare Alternative zu Trump, dem auf Schritt und Tritt Chaos folgte. „Iowa hat diese republikanische Primary zu einem Zwei-Personen-Rennen gemacht“. Bezogen auf den Neuenglandstaat hat sie Recht. Dort kam
sie nach einer Aufholjagd zuletzt bis auf sieben Punkte an Trump heran.
Nach dem Ausscheiden Chris Christies, der in den Umfragen auf 12 Prozent kam, hat sie mindestens auf dem Papier die Chance auf einen Überraschungserfolg. Es wäre nicht das erste Mal in der Geschichte, dass New Hampshire sich für einen anderen Kandidaten entscheidet. Wie Iowa bei den Republikanern überhaupt kein guter Indikator für den Ausgang des Rennens um die Nominierung und das Weiße Haus ist.
Vor ihrer Abreise in den stärker von moderaten und unabhängigen Wählern geprägten Staat stellte Haley die Gretchenfrage: „Wollt ihr mehr von demselben oder wollt ihr eine neue Generation an konservativen Führern?“Sie hofft auf einen Überraschungssieg bei den Primaries, bei denen auch Nicht-Republikaner im Wahllokal ihre Stimme abgeben können. Um danach in ihrem Heimatstaat South Carolina nachzulegen. Das Problem für Haley: Trump
ist dort beliebter als die ehemalige Gouverneurin.
Vier Kandidaten, vier Reiseziele – das des viertplatzierten Vivek Ramaswamy führte direkt nach Hause. Er beendete mit enttäuschenden 7,7 Prozent den Wahlkampf und unterstützt jetzt Trump. Der ist seinem Ziel, zum dritten Mal hintereinander Bannerträger der Republikaner zu werden, einen großen Schritt entgegengekommen.
Vom Weißen Haus bleibt er aber noch weit entfernt. Dafür muss Trump auch Unabhängige gewinnen, die skeptisch bleiben. Und die Hälfte der traditionellen Republikaner überzeugen, die nicht der Trump-Bewegung angehören. Darunter rund 30 Prozent Konservative, die seine Wahl bei einer Verurteilung ausschließen. Das könnte erklären, warum der Wahlsieger von Iowa erst zu dem Gerichtstermin in New York flog, bevor er in den Endspurt des Wahlkampfs von New Hampshire aufbrach.