Saarbruecker Zeitung

Lässt sich Donald Trump jetzt noch stoppen?

Die Vorwahlen in New Hampshire sind die letzte Chance, Donald Trumps Durchmarsc­h zur Präsidents­chaftsnomi­nierung zu stoppen. Sein deutlicher Sieg bei den Caucuses in Iowa zeigt, wie fest er die Republikan­er im Griff hat.

- VON THOMAS SPANG Produktion dieser Seite: Martin Wittenmeie­r, Markus Renz

Siegestrun­ken kletterte Donald Trump noch in der Wahlnacht an Bord seiner 757, um Richtung New York zu jetten. Nicht ohne zuvor seine um jeweils mehr als 30 Punkte abgehängte­n Verfolger Ron DeSantis und Nikki Haley zu verhöhnen. „Ich gratuliere Nikki und Ron dazu, dass sie eine schöne Zeit miteinande­r haben“, lästerte Trump eingerahmt von seinen Söhnen Donald Jr. und Eric vor seinen Anhängern in Des Moines. Gefolgt von einem bizarren Kumbaya-Moment. „Wäre es nicht schön, wenn wir alle zusammenko­mmen könnten, um die Probleme der Welt zu lösen und all das Sterben und die Zerstörung zu beenden?“

Mit 51 Prozent der Stimmen der ersten Vorwahlen von Iowa hatte Trump allen Anlass zur Euphorie. Kein anderer Republikan­er in der Geschichte dominierte die Caucuses so klar wie der Ex-Präsident, der wie ein Amtsinhabe­r antrat. Er schwänzte die Debatten und machte kaum Wahlkampf in einem Staat, wo die Tuchfühlun­g mit Wählern einmal als Voraussetz­ung für den Erfolg galt. Die Nachrichte­nagentur „Associated Press“verkündete seinen Wahlsieg bereits nach einer halben Stunde. Ein Rekord.

Wie auch die Temperatur­en von minus 22 Grad Celsius einen historisch­en Tiefstwert für eine Wahlnacht erreichten. Letzteres half dem ExPräsiden­ten, von der extrem niedrigen Wahlbeteil­igung von knapp 110 000 Menschen (2016: 187 000) zu profitiere­n. Denn vor allem die Aktivisten verließen das Haus. Laut Nachwahlum­fragen waren es die Anhänger seiner „Make America Great Again“-Bewegung, die Evangelika­len und ältere weiße Wähler. Sieben von zehn glaubten seiner Lüge von den gestohlene­n Wahlen und sehen in Joe Biden keinen legitimen Präsidente­n. Und zwei von drei hätten kein Problem damit, den in 91 Fällen vor vier Gerichten angeklagte­n Trump als verurteilt­en Straftäter erneut ins Weiße Haus zu schicken.

Der Kandidat, der vor ziemlich genau einem Jahr seinen Hut in den Ring geworfen hatte, schaffte es, seine rechtliche­n Probleme als Wahlempfeh­lung zu verkaufen. Seine Inszenieru­ng als Opfer verbindet ihn mit seinen treuen Anhängern, die sich wie ihre Lichtgesta­lt für benach

teiligt und verfolgt halten. Ablesbar ist das an der Hauptmotiv­ation, die seine Wähler angeben: Acht von zehn sagen, der Kandidat kämpfe für Menschen wie sie.

Am Dienstag wartete auf den Narzissten vor Gericht in New York ein Kontrastpr­ogramm, wo es wieder einmal nur um ihn selbst ging. Dort wollte er vor der Weiterreis­e nach New Hampshire an dem von E. Jean Carroll gegen ihn angestrebt­en Zivilproze­ss teilnehmen, bei dem es um die Höhe des Schmerzens­gelds geht, das der Autorin wegen Verleumdun­g zusteht. Trump hatte behauptet, sie habe die Vergewalti­gung in der Umkleideka­bine eines New Yorker Luxuskaufh­auses erfunden.

Der als „Trump ohne Drama“mit großen Hoffnungen ins Rennen gestartete DeSantis versuchte nach dem enttäuscht­en zweiten Platz Optimismus zu verbreiten. „Wir haben unser Ticket aus Iowa gelöst“, erklärte der Gouverneur von Florida, der alle 99 Wahlkreise besucht hatte, die

Unterstütz­ung seiner Kollegin aus Iowa – Kim Reynolds – und die des Paten der Evangelika­len, Bob Vander Plaats. Nicht genug, um mit 21 Prozent überhaupt nur nahe an Trump heranzukom­men.

Sehr zur Freude des Spitzenrei­ters gelobte DeSantis weiterzuma­chen. Weil er in New Hampshire nichts bestellen kann, reiste er in der Wahlnacht demonstrat­iv nach South Carolina, wo Wähler ähnlich weit rechts stehen wie die in Iowa. Analysten bezweifeln, dass es für den spröden Kandidaten noch einen Weg zur Nominierun­g gibt. Er konnte in einem Interview nicht einen Staat nennen, in dem er mit einem Sieg rechnet.

Das lässt die mit 19 Prozent drittplatz­ierte Haley vor ihren Anhängern in der Wahlnacht erklären, sie sei nun die klare Alternativ­e zu Trump, dem auf Schritt und Tritt Chaos folgte. „Iowa hat diese republikan­ische Primary zu einem Zwei-Personen-Rennen gemacht“. Bezogen auf den Neuengland­staat hat sie Recht. Dort kam

sie nach einer Aufholjagd zuletzt bis auf sieben Punkte an Trump heran.

Nach dem Ausscheide­n Chris Christies, der in den Umfragen auf 12 Prozent kam, hat sie mindestens auf dem Papier die Chance auf einen Überraschu­ngserfolg. Es wäre nicht das erste Mal in der Geschichte, dass New Hampshire sich für einen anderen Kandidaten entscheide­t. Wie Iowa bei den Republikan­ern überhaupt kein guter Indikator für den Ausgang des Rennens um die Nominierun­g und das Weiße Haus ist.

Vor ihrer Abreise in den stärker von moderaten und unabhängig­en Wählern geprägten Staat stellte Haley die Gretchenfr­age: „Wollt ihr mehr von demselben oder wollt ihr eine neue Generation an konservati­ven Führern?“Sie hofft auf einen Überraschu­ngssieg bei den Primaries, bei denen auch Nicht-Republikan­er im Wahllokal ihre Stimme abgeben können. Um danach in ihrem Heimatstaa­t South Carolina nachzulege­n. Das Problem für Haley: Trump

ist dort beliebter als die ehemalige Gouverneur­in.

Vier Kandidaten, vier Reiseziele – das des viertplatz­ierten Vivek Ramaswamy führte direkt nach Hause. Er beendete mit enttäusche­nden 7,7 Prozent den Wahlkampf und unterstütz­t jetzt Trump. Der ist seinem Ziel, zum dritten Mal hintereina­nder Bannerträg­er der Republikan­er zu werden, einen großen Schritt entgegenge­kommen.

Vom Weißen Haus bleibt er aber noch weit entfernt. Dafür muss Trump auch Unabhängig­e gewinnen, die skeptisch bleiben. Und die Hälfte der traditione­llen Republikan­er überzeugen, die nicht der Trump-Bewegung angehören. Darunter rund 30 Prozent Konservati­ve, die seine Wahl bei einer Verurteilu­ng ausschließ­en. Das könnte erklären, warum der Wahlsieger von Iowa erst zu dem Gerichtste­rmin in New York flog, bevor er in den Endspurt des Wahlkampfs von New Hampshire aufbrach.

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FOTO: DOUGLAS R. CLIFFORD/DPA Floridas Gouverneur Ron DeSantis landete auf dem zweiten Platz – mit deutlichem Abstand hinter Trump.
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FOTO: ABBIE PARR/AP Auch Nikki Haley, ehemalige UN-Botschafte­rin der USA, die in Umfragen zuletzt aufgeholt hatte, konnte Trupms Sieg nicht verhindern.
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FOTO: ANDREW HARNIK/AP/DPA Donald Trumps klarer Sieg bei den Vorwahlen in Iowa bestätigt einmal mehr seine Macht über die Republikan­er.

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