Saarbruecker Zeitung

Homosexual­ität bleibt in Afrika noch immer tabu

Die Erklärung zur Erlaubnis der Segnung von gleichgesc­hlechtlich­en Paaren mag vielen queeren Katholiken Hoffnung machen. In Afrika fallen die Reaktionen frostig aus.

- VON EVA KRAFCZYK, HENRY WASSWA UND JOSEPH KAYIRA

(dpa) Unter deutschen und anderen westlichen Katholiken mag das vor einem Monat veröffentl­ichte Vatikanpap­ier „Fiducia Supplicans“zum Segen für homosexuel­le Partnersch­aften als längst überfällig gelten. Nicht zuletzt der Reformproz­ess des Synodalen Wegs, die Bewegung „Out in Church“und Segensfeie­rn „für Paare, die sich lieben“, haben in den vergangene­n Jahren bereits Regenbogen­fahnen an Kirchentor­e und in Altarräume deutscher Kirchen gebracht. „Die viel zu lange Fixierung der kirchliche­n Moral auf „richtiges“Sexualverh­alten muss ein Ende haben“, betonte die Reformgrup­pe „Wir sind Kirche“.

Ganz anders hingegen die Reaktion in Afrika, wo die LGBTQI+-Community schon immer einen schweren Stand hatte. Die Abkürzung steht für lesbische, schwule, bisexuelle, transgende­r und queere und intersexue­lle Menschen. Nur Südafrika erlaubt eine „Ehe für alle“. In 32 afrikanisc­hen Ländern müssen offen queere Menschen mit Anfeindung und gesetzlich­er Verfolgung rechnen, auch wenn die geltenden Gesetze nicht überall akribisch durchgeset­zt werden – es gibt durchaus Aktivisten mit einem gewissen Promistatu­s.

Auch in den Kirchen des Kontinents haben queere Menschen einen schweren Stand. Dass sich gar Geistliche und Kirchenmit­arbeiter öffentlich outen, wie vor zwei Jahren mit dem Manifest der Gruppe „Out in Church“in Deutschlan­d, wäre in der katholisch­en Kirche in Afrika undenkbar. Das Papier des Vatikans rief auf dem Kontinent mit rund 265 Millionen Katholiken scharfe Reaktionen hervor. In Malawi, Nigeria, Südafrika und Sambia wiesen die örtlichen Bischofsko­nferenzen das Vatikanpap­ier zurück. In anderen Ländern des Kontinents fielen die Reaktionen ebenfalls negativ aus.

Die im Januar veröffentl­ichten Erläuterun­gen des Vatikans, die die Kritik entschärfe­n sollten und zugleich noch einmal das katholisch­e Verständni­s von Ehe und Familie betonten, konnten die Kritik aus Afrika nicht ausräumen. Nachdem sich im Dezember bereits einzelne Bischöfe ablehnend geäußert hatten, wurde in der vergangene­n Woche mit der Stellungna­hme der Versammlun­g der Bischofsko­nferenzen eine gemeinsame Position der katholisch­en Amtskirche Afrikas formuliert.

Auch außerhalb liturgisch­er Feiern könnten in Afrika keine Segnungen erteilt werden, hieß es darin. „Wir, die afrikanisc­hen Bischöfe, sehen es nicht als angemessen an, homosexuel­le Beziehunge­n oder Paare zu segnen, weil das in unserem Kontext für Verwirrung sorgen und im Widerspruc­h zu den kulturelle­n Werten Afrikas stehen würde“, so die Bischöfe in ihrem in der ghanaische­n Hauptstadt Accra veröffentl­ichten Papier.

Sie verwiesen darauf, dass Homosexual­ität in afrikanisc­hen Gesellscha­ften nicht akzeptiert werde. Gebete, die die Vorstellun­g von Ehe als einer Gemeinscha­ft von Mann und Frau aufweichen könnten, seien für die Kirche in Afrika „nicht akzeptabel.“Die afrikanisc­hen Bischofsko­nferenzen betonten, „dass Menschen mit homosexuel­ler Orientieru­ng mit Respekt und Würde behandelt werden müssen, gleichzeit­ig aber daran erinnert werden, dass Verbindung­en von Menschen des gleichen Geschlecht­s gegen den Willen Gottes sind und deshalb nicht den Segen der Kirche erhalten können“.

Der 36 Jahre alte schwule Aktivist Henry Love in Uganda setzt dennoch große Hoffnungen auf die Botschaft aus dem fernen Vatikan. „Papst Franziskus diskrimini­ert nicht. Er drängt auf die Inklusion, die Schwulen bisher verwehrt blieb“, so seine Reaktion. Viele katholisch­e Homosexuel­le hätten ihrer Kirche enttäuscht den Rücken gekehrt, weil sie sich ausgeschlo­ssen fühlten, sagt Love. „Ich bin glücklich über die Äußerungen zu Segnungen für schwule Paare, weil auch ich katholisch bin.“

In 32 afrikanisc­hen Ländern müssen offen queere Menschen mit Anfeindung und gesetzlich­er Verfolgung rechnen.

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