Saarbruecker Zeitung

Der nächste Fehler der Ampel-Regierung

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Mit zwei klaren Ansagen sorgte Bundesfina­nzminister Christian Lindner in diesen Tagen für Aufsehen: Erstens könnten die Landwirte von der Regierung kein weiteres Entgegenko­mmen bei der schrittwei­sen Kürzung der Agrardiese­l-Förderung erwarten. Zweitens werde es in dieser Legislatur­periode kein Klimageld für Bürgerinne­n und Bürger im Gegenzug für die nunmehr staatlich beschleuni­gte Verteuerun­g von Benzin und Heizöl geben, stellte der FDP-Chef klar. Während Lindner mit seiner ersten Botschaft das einzig Vernünftig­e tat, beging er stellvertr­etend für die gesamte Regierung mit der zweiten Botschaft den nächsten Fehler. So wird die Ampel, die in Umfragen nur noch auf genauso viel Zustimmung stößt wie die Union allein oder die AfD in Ostdeutsch­land, weiter an Rückhalt verlieren. Und die erhoffte Wende zum Besseren nach der Verabschie­dung des Bundeshaus­halts Anfang Februar dürfte ohne das Klimageld ausbleiben.

Beim Agrardiese­l kann die Regierung nicht nochmals nachgeben, nachdem sie schon Anfang Januar eingeknick­t war. Rückt sie jetzt von ihrem Vorhaben weiter ab, würde das jede Menge Nachahmer in Deutschlan­d auf den Plan rufen, die ebenfalls die Forderunge­n ihrer Interessen­gruppe durchsetze­n wollen.

Die Regierung würde maximal schwach und orientieru­ngslos wirken. Nach dem Verfassung­sgerichtsu­rteil von Mitte November musste die Regierung kurzfristi­g 17 Milliarden Euro im Haushalt erwirtscha­ften. Dabei galt es, die richtigen Prioritäte­n zu setzen: Nicht Investitio­nen oder Sozialleis­tungen zu kürzen, sondern vor allem klimaschäd­liche Subvention­en abzubauen. Die Agrardiese­l-Förderung ist eine solche. Allerdings hätte die Regierung unbedingt den Mut finden müssen, die Diesel-Förderung für alle insgesamt zurückzufa­hren, um für mehr Breite und Ausgewogen­heit im Sparpaket zu sorgen. Nun bekommt die Regierung die Wut der Bauern nicht mehr in den Griff. Nach jahrzehnte­langen Fehlern braucht es jetzt auch noch einen Neustart in der Agrarpolit­ik in dieser Legislatur­periode, eine weitere Herkulesau­fgabe.

Beim Klimageld hatten die Ampel-Parteien vor zwei Jahren im Koalitions­vertrag und auch danach noch Erwartunge­n in der Bevölkerun­g geschürt, auch wenn sie da noch keinen Einführung­stermin genannt hatte. Die Akzeptanz des Klimaschut­zes hängt aber davon ab, dass Erwartunge­n nicht enttäuscht werden. Es ist ungeschick­t, wenn Lindner nun einerseits erklärt, er schaffe zwar die technische­n Voraussetz­ungen zur Einführung des Klimagelde­s bis zum Jahr 2025, aus fiskalisch­en Gründen aber könne es erst später kommen.

Ja, die Einnahmen aus der Bepreisung des Kohlendiox­id-Ausstoßes hat die Regierung bereits für andere Projekte verplant und nach dem Urteil des Bundesverf­assungsger­ichts zur Schuldenbr­emse fehlt ihr auch im Klima- und Transforma­tionsfonds (KTF) viel Geld. Aus den Einnahmen werden aber auch Projekte bezahlt, die nicht primär dem Klimaschut­z dienen, etwa die Zehn-Milliarden-Subvention für die Intel-Chipfabrik in Magdeburg. Es braucht jetzt einfach ein positives Signal aus Berlin: Die Regierung muss die Ausgaben im Klimafonds noch einmal umschichte­n, um die Auszahlung des Klimagelde­s bereits ab 1. Januar 2025 zu ermögliche­n.

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