Debatte um Pisa: Ganz schön schief
Der Turm in Pisa hat eine gehörige Schieflage. Gebaut wurde auf morastigem Untergrund. Der Turm neigte sich, immer wieder wurde seine Fertigstellung verzögert. Heute ist er Teil eines Weltkulturerbes. Nun kann man spekulieren, warum Pisa auch als Abkürzung für eine international vergleichende Leistungsuntersuchung von 15-jährigen Schülerinnen und Schülern in OECD-Ländern herhalten muss: Programme for International Student Assessment. Begonnen hatten die Tests mit jeweils neuen Schwerpunkten im Jahr 2000. Im Frühjahr 2022 stand wieder einmal die Mathematik im Mittelpunkt. Die Ergebnisse wurden als schockierend beschrieben. Es gibt gleichwohl auch eine anhaltende Methodenkontroverse (etwa zur Stichprobenziehung). Erneut wird nun Ursachenforschung betrieben. In vergangenen Untersuchungen wurde hier und da auch eine Verbesserung von Leistungen beobachtet. Das interessiert nur weniger.
Wenig Aufmerksamkeit erfährt auch, dass sich die Zusammenarbeit von Schulen und Unis intensiviert hat. Früher war Didaktik etwas, das auf einem Nebenschauplatz stattfand. Nun aber verändern sich die Lehr- und Lernräume – sicher nicht schnell genug. Mehr Raum für gute und innovative Lehre ist vorhanden. Es wird experimentiert – gerade die Mathematik hat gute Angebote zum Anfassen entwickelt. Angehendes Lehrpersonal kann außerhalb der eigentlichen Praxisphasen etwas ausprobieren und von den Teilnehmern, die ein solches Labor besuchen, lernen.
Trotzdem scheint da etwas schiefzulaufen. Nachhaltige Effekte im Bildungswesen bleiben aus. Ebenso sorgen sich viele um fehlende Aufmerksamkeit, die im Alltag viel auf kleine Bildschirme fällt, seltener auf ein großes Whiteboard. Und die Heterogenität der Klassen hat zugenommen. Übrigens: Vor 60 Jahren erschien in „Christ und Welt“eine Artikelfolge des Philosophen Georg Picht: „Die deutsche Bildungskatastrophe“. Also nicht das erste Mal, dass etwas schiefgeht.