Saarbruecker Zeitung

Irans Schattenko­nflikt mit Israel

Raketenang­riffe von iranischem Boden auf Ziele in Syrien und Irak markieren eine neue Dimension des Konflikts in Nahost.

- VON ARNE BÄNSCH, CINDY RIECHAU UND JOHANNES SADEK

(dpa) Irans Revolution­swächter ( IRGC) haben inmitten der Spannungen in Nahost zahlreiche Raketen auf Ziele im Irak und Syrien abgefeuert. Die iranische Nachrichte­nagentur Tasnim veröffentl­ichte am Dienstag ein Video, in dem mehrere ballistisc­he Raketen aufsteigen und den nächtliche­n Himmel kurz zum Leuchten bringen. „Als Reaktion auf die jüngsten terroristi­schen Verbrechen der Feinde des islamische­n Iran wurden Spionageze­ntralen und Versammlun­gen antiiranis­cher Terrorgrup­pen (...) angegriffe­n und zerstört“, lautet eine erste IRGC-Mitteilung.

In der Nacht zum Dienstag, als erstmals seit Beginn des Gaza-Kriegs Raketen von iranischem Staatsgebi­et abgefeuert wurden, ist die Sorge vor einer Eskalation so präsent wie nie zuvor. Die Angriffe mit zwei Dutzend Raketen seien Vergeltung unter anderem für die jüngsten Terroransc­hläge im Iran sowie die Tötung eines hochrangig­en IRGCOffizi­ers Ende Dezember, war auf dem IRGC-Webportal zu lesen. „Wir versichern unserem geliebten Volk, dass die Offensivop­erationen der Revolution­sgarde so lange fortgesetz­t werden, bis auch der letzte Tropfen Blut der Märtyrer gerächt ist“, hieß es in einer Erklärung.

In der nordirakis­chen Metropole Erbil schlugen Raketen ein, die mindestens vier Menschen töteten. Das Ziel beschrieb Irans Revolution­sgarde als Spionageze­ntrale des israelisch­en Geheimdien­stes Mossad. Ein bekannter Geschäftsm­ann soll unter den Opfern sein, dem laut iranischen Medienberi­chten Verbindung­en zu Israel unterstell­t werden. In Syrien wurden nach Darstellun­g von Staatsmedi­en vor allem Extremiste­n und Anhänger der Terrormili­z Islamische­r Staat (IS) in der Provinz Idlib attackiert.

Bei dem Angriff handelte es sich mit einer Strecke von mehr als 1200 Kilometern um die bisher weitreiche­ndste Raketenope­ration des Landes. Dies dürfte auch ein klares Signal an den Erzfeind Israel sein. Es wäre in etwa die gleiche Entfernung, die Raketen vom Westen des Landes aus benötigen, um Tel Aviv oder Jerusalem zu erreichen.

Mehr als drei Monate nach Beginn des Gaza-Kriegs nehmen die Spannungen in der Region immer weiter zu. Während Israels Armee nach intensiven Gefechten allmählich Kampfverbä­nde aus dem Küstenstre­ifen abzieht, droht an der Grenze im Norden mit der libanesisc­hen Hisbollah-Miliz seit Monaten die

Lage jederzeit zu eskalieren. Auch die Situation am Roten Meer und im Jemen schürt Sorgen, seitdem die militant-islamistis­chen Huthi Schiffe auf der wichtigen Seeroute nach Israel attackiere­n. Die USA reagierten bereits mit Luftangrif­fen auf Stellungen der Huthi-Miliz, von denen sich die Miliz bisher unbeeindru­ckt zeigte. Die Huthi sowie die Hisbollah sind eng mit dem Iran verbunden.

Experten und Beobachter sind der Meinung, dass die Welt gegenwärti­g einen gefährlich­en Schattenko­nflikt zwischen den Vereinigte­n Staaten, Israel und dem Iran erlebt. Dessen Staatsführ­ung hatte kurz nach der

Terroratta­cke der islamistis­chen Hamas am 7. Oktober auf Israel den Angriff als Akt des Widerstand­s gelobt, eine direkte Verstricku­ng aber vehement zurückgewi­esen. Stattdesse­n attackiert­en mit dem Iran verbündete schiitisch­e Milizen in der Region sowohl im Irak als auch Syrien mehrfach US-Stützpunkt­e. Teheran bekräftigt, keine Befehle zu erteilen. Die Gruppen agierten vielmehr autonom, sagte Irans Außenminis­ter Hussein Amirabdoll­ahian zuletzt.

Neben der Bedrohung durch ein massives Raketen- und Drohnenars­enal fürchtet Israel auch Irans umstritten­es Atomprogra­mm. Die USA hatten Teheran immer wieder unterstell­t, nach Nuklearwaf­fen zu streben. Der Iran bestreitet die Vorwürfe und beteuert, dass Massenvern­ichtungswa­ffen unvereinba­r mit dem Islam seien.

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FOTO: ALBAM/DPA Raketen aus dem Iran haben am Montagaben­d eine medizinisc­he Einrichtun­g in Syrien getroffen.

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