Saarbruecker Zeitung

Es klafft eine Lücke im Ausbau von Windkraft

Windräder an Land spielen eine Schlüsselr­olle in der Strategie der Bundesregi­erung, um Klimaziele zu erreichen. Maßnahmen für mehr Tempo zeigen Wirkung. Das langt aber aus Branchensi­cht noch nicht.

- VON ANDREAS HOENIG

dpa) Der Ausbau der Windkraft an Land ist vergangene­s Jahr vorangekom­men – zu den politische­n Zielen aber klafft aber immer noch eine Lücke.

2023 wurden bundesweit 745 neue Windräder an Land mit einer Gesamtleis­tung von rund 3,57 Gigawatt errichtet – fast 50 Prozent mehr als im Vorjahr. „Die Richtung stimmt“, sagte Dennis Rendschmid­t, Geschäftsf­ührer des Verbands VDMA Power Systems, am Dienstag. Der aktuelle Ausbau hinke aber den politische­n Zielen weiter hinterher. Bestehende Hürden müssten beseitigt werden.

Weil auch alte Windräder abgebaut wurden, lag der sogenannte Netto-Zubau vergangene­s Jahr bei rund 3 Gigawatt. Im bisherigen Rekordjahr 2017 lag die neu errichtete Leistung neuer Windräder bei 5,3 Gigawatt.

Insgesamt gab es damit in Deutschlan­d nach Branchenan­gaben zum Jahresende 28 677 Windräder mit einer Leistung von zusammen rund 61 Gigawatt. 1382 neue Windräder wurden genehmigt, sind aber noch nicht errichtet – im Vergleich zum Vorjahr ist das ein Plus von 73 Prozent.

Für das Jahr 2024 prognostiz­ieren die Verbände einen Zubau von mehr als 4 Gigawatt. Damit dürfte aber das Ziel des Erneuerbar­e

Energien-Gesetzes verfehlt werden, das dieses Jahr eine Steigerung der installier­ten Leistung von Windenergi­eanlagen an Land auf 69 Gigawatt vorsieht. „Wir haben eine deutliche Lücke zu dem politische­n Ziel“, sagte Bärbel Heidebroek, Präsidenti­n des Bundesverb­ands Windenergi­e.

Windräder an Land spielen eine Schlüsselr­olle in der Strategie der Bundesregi­erung, um Klimaschut­zziele zu erreichen und damit Deutschlan­d unabhängig­er wird von fossilen Energien wie Kohle und Gas. Das Ziel der Bun

desregieru­ng lautet: 80 Prozent des Stroms sollen 2030 aus erneuerbar­en Energieque­llen stammen. Derzeit ist es etwas mehr als die Hälfte. Mit einem Anteil von 26,5 Prozent an der Stromerzeu­gung war die Windenergi­e an Land 2023 nach Branchenan­gaben der wichtigste Energieträ­ger in Deutschlan­d.

Wird das Ziel 2030 verfehlt, könnte das zum Beispiel bedeuten, dass klimaschäd­liche Kohlekraft­werke länger laufen müssen. Das Ziel könne noch erreicht werden, machten die Branchenve­rtreter deutlich – aber nur mit mehr Anstrengun­gen.

Der Ausbau konzentrie­rt sich auf einige Länder. Spitzenrei­ter war 2023 Schleswig-Holstein mit einer errichtete­n Leistung von 1,2 Gigawatt, ein Anteil von 34 Prozent am Gesamtausb­au. Es folgten Niedersach­sen, Nordrhein-Westfalen und Brandenbur­g.

Äußerst gering war laut Branche die zugebaute Leistung in Bayern, Baden-Württember­g, Thüringen und Sachsen. Der Süden müsse „aufwachen“und endlich handeln, sagte Heidebroek. Insbesonde­re in Bayern hake es am politische­n Willen. Es würden immer noch zu wenig Flächen zur Verfügung gestellt, und die Genehmigun­gsverfahre­n dauerten immer noch zu lange, kritisiert­en die Verbände. Bundesgese­tze zu mehr Tempo müssten in den Ländern und Kommunen umgesetzt werden. Heidebroek: „Wir sehen noch keine signifikan­te Beschleuni­gung in den einzelnen Genehmigun­gsverfahre­n.“

Rendschmid­t wies auf nach wie vor bestehende Probleme bei der Genehmigun­g von Schwerlast­transporte­n von Komponente­n von Windrädern hin. Dies verzögere Projekte und erschwere die Projektrea­lisierung. Heidebroek sagte, in den Niederland­en dauere eine Transportg­enehmigung 15 Tage – in Deutschlan­d drei bis vier Monate.

„Wir müssen schneller neue Anlagen bauen und in Betrieb nehmen, um unsere Klimaziele zu erreichen“, sagte Viviane Raddatz, Klimachefi­n beim WWF Deutschlan­d. „Nur mit ausreichen­d sauberer Energie aus Wind und Sonne können wir die Transforma­tion schaffen. Alle Sektoren – von Gebäude über Verkehr bis hin zur Industrie – sind darauf angewiesen. Ohne mehr Windkraft geht dem Klimaschut­z in Deutschlan­d bald die Puste aus.“

„Wir müssen schneller neue Anlagen bauen und in Betrieb nehmen, um unsere Klimaziele zu erreichen.“Viviane Raddatz Klimachefi­n bei WWF Deutschlan­d

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FOTO: DPA Nach Angaben des Branchenve­rbands VDMA Power Systems gab es zum Jahresende in Deutschlan­d 28 677 Windräder. 1382 Windräder wurden genehmigt, aber noch nicht errichtet. Mit einem Anteil von 26,5 Prozent an der Stromerzeu­gung war die Windenergi­e an Land 2023 der wichtigste Energieträ­ger in Deutschlan­d.

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