Kritik an Sparplänen bei Homöopathie
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) plant, der Kostenübernahme homöopathischer Behandlungen durch gesetzliche Krankenkassen einen Riegel vorzuschieben. Die Rechtfertigung sorgt auch im Saarland für Zündstoff.
Die gesundheitsfördernde Wirkung der Homöopathie ist wissenschaftlich bislang nicht belegt. Damit entspricht sie nicht den Anforderungen der klassischen Schulmedizin. Doch die Heilpraktiker als Verfechter alternativer Behandlungsmethoden geben sich gelassen. „Homöopathie als Kassenleistung betrifft Heilpraktiker nur unwesentlich. Wir rechnen privat mit den Patienten ab“, sagt Sorina Milkovic, Vorstandsvorsitzende des Berufsverbands Saarländischer Heilpraktiker (BSH).
Ein Blick auf die gesetzlichen Versicherungen zeigt: Die eigentlichen Profiteure von der Erstattung homöopathischer Leistungen sind paradoxerweise studierte Mediziner. Von sieben stichprobenartig ausgewählten Krankenversicherern bezuschusst nur die IKK Südwest homöopathische Behandlungen von Heilpraktikern. Die übrigen sechs (AOK Saarland/Rheinland-Pfalz, DAK-Gesundheit, Knappschaft, Techniker Krankenkasse, Barmer und BKK 24) folgen alle dem gleichen Prinzip: Nur die homöopathische Behandlung bei Ärzten wird ganz oder teilweise übernommen. Heilpraktiker haben das Nachsehen.
Trotzdem ist die Reaktion der saarländischen Ärzteschaft gespalten. „Unsere grundsätzliche Haltung ist, dass bei begrenzten Ressourcen durch die Allgemeinheit nur die Leistungen gemeinschaftlich finanziert werden, bei denen durch zuverlässige Studien ein regelmäßiger positiver Effekt nachgewiesen ist“, erklärt Ärztekammerpräsident Dr. Josef Mischo die Position der Ärztekammer des Saarlandes. Damit trägt die Kammer nicht nur den Vorstoß des Bundesgesundheitsministers Karl Lauterbach (SPD) mit, homöopathische Behandlungen nicht länger von den Krankenkassen bezah
len lassen, sondern geht noch einen Schritt weiter – auch die Kostenübernahme in den Bereichen Akupunktur und Chirotherapie sei aus dem gleichen Grund nicht tragbar, sagt der Ärztekammerpräsident. Selbst den sogenannten „Placebo-Effekt“lässt der Mediziner nicht als Argument für die Homöopathie gelten: „Das ist kein standardisierter Wirkungseffekt. Er kann natürlich im Einzelfall sehr wohl berücksichtigt werden – aber nicht zulasten der Allgemeinheit.“
Dr. Heidi Merl-Ripplinger, Inhaberin einer Privatpraxis für spezielle Schmerztherapie in Nalbach, steht der Streichung homöopathischer
Kassenleistungen skeptisch gegenüber: „Ich verstehe die Notwendigkeit, Kosten in der Medizin einsparen zu wollen. Bei der Homöopathie anzusetzen, wäre allerdings nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.“Gleichzeitig gebe es auch andere Behandlungen, die trotz fehlenden wissenschaftlichen Belegs für ihre Wirksamkeit von den Krankenkassen übernommen werden. Warum gerade die Homöopathie im Fokus Lauterbachs stehe, ist für Merl-Ripplinger daher unverständlich. Laut der Medizinerin treffen die Sparpläne des Gesundheitsministers vor allem die sozial Schwächeren. „Es ist natürlich schade, wenn man eine Möglichkeit sehen würde, ein Kind aus einem wirtschaftlich schwächeren Haushalt behandeln zu können, und das dann nicht mehr kann, weil die Eltern die 100 Euro für eine Erstanamnese nicht aufbringen können“, kritisiert die Ärztin. Dabei habe sich die Homöopathie ihrer Erfahrung nach als bisweilen nützlich erwiesen: „Ich
bin Schulmedizinerin und verwende schulmedizinische Ansätze, wenn sie erfolgversprechend sind. Bei Patienten, die konventionell ‚durchbehandelt` sind, sehe ich die Homöopathie allerdings als sinnvolle Ergänzung. Manchmal erzielt man Erfolge, die einen selbst positiv überraschen.“
Obwohl der Berufsverband Saarländischer Heilpraktiker kaum von dem Vorstoß Lauterbachs betroffen wäre, zeigt sich Vorstandsvorsitzende Milkovic von der Begründung des Bundesgesundheitsministers empört. Dieser schrieb auf der Social-Media-Plattform X: „Auch den Klimawandel können wir nicht mit
Wünschelruten bekämpfen. Die Grundlage unserer Politik muss die wissenschaftliche Evidenz sein.“Dazu Milkovic: „Ich bin keine Kaffeesatzleserin, ich arbeite mit einem Labor zusammen. Solange man nicht bereit ist, eine evidenzbasierte Untersuchung zu finanzieren, wird man keine klare Aussage zur Wirksamkeit treffen können.“
Auch würde die Homöopathie zumindest auf Erfahrungswerten beruhen und sei daher scharf von Scharlatanerie abzugrenzen, meint Milkovic. Natürlich gebe es, wie in anderen Berufen auch, durchaus schwarze Schafe unter den Heilpraktikern, sagt die Vorsitzende des Berufsverbands: „Ein Grund dafür ist allerdings, dass die Voraussetzungen, Heilpraktiker zu werden, dringend neu geregelt werden müssen. Da traut sich die Politik nicht dran. Seit den 1990er Jahren ist die Rede von einer Reform des Heilpraktikergesetzes, ohne dass sich etwas geändert hätte.“