„Auf der Bühne geht non-stop die Post ab!“
Große Barockoper im kleinen TiV: Das legendäre Ensemble PazzaCaglia meldet sich zurück und wagt sich mit einer Kammerversion von Claudio Monteverdis frühbarockem Musikdrama „Il ritorno d‘ Ulisse in patria“(„Die Heimkehr des Odysseus“) auf die kleinste Büh
Es ist wieder da! Das während der Nullerjahre umtriebigste Saarbrücker Barockensemble PazzaCaglia mit seinem Spiritus Rector Ralf Peter. Gegründet 1997 mit Schwerpunkt italienische Vokal- und Instrumentalmusik des 17. Jahrhunderts spukte der „Verrückte Weg“, wie sich pazza caglia sehr frei übersetzen lässt, Pop-upmäßig mit seinen unkonventionellen Aufführungen durch die saarländische Opernszene.
Unvergessener Höhepunkt sein zwischen Hunderten von Luftballons schwimmender „Scipione Africano“2002 im Alten Stadtbad. Doch dann ging der engagierten Truppe die Luft aus. Trotz ambitionierter, erfolgreicher Produktionen und überregionaler Zustimmung – die dauernde Suche nach geeigneten, möglichst mietfreien Räumen, nach Geldgebern und Fördermitteln ließ PazzaCaglia an seine Grenzen kommen.
„Kultur in der freien Szene ist immer auch eine Frage des Überlebens“, seufzt Ralf Peter. 2009 trennte sich das Ensemble. Ralf
Peter ( Tenor), Claudia Kemmerer (Mezzo), Lutz Gillmann (Cembalo), Gerlinde Puchinger (Laute) widmeten sich fortan anderen musikalischen Projekten, beobachteten aber weiterhin, was sich an der Saarbrücker Barockopern-Front so tat und mussten feststellen: „Da gab`s nichts wirklich Originelles. Wir fehlten in dieser Szene und die Szene fehlte uns!“
Nun begibt pazzaCaglia sich in verkleinerter Formation (ohne ihren Cembalisten) erneut in die barocke Welt der Mythen, Götter und Helden. „Das Personal dieser Opern zeichnet sich durch Größenwahn aus. Warum also nicht auch wir?“
Das kleine Theater im Viertel stellt für einige Vorstellungen seine Bühne zur Verfügung, und mehr als mutig greift das Ensemble um Peter, Kemmerer und Puchinger jetzt nach „il divino“Claudio Monteverdi und seinem vorletzten, aus
ufernden Dramma in musica von der glücklichen Heimkehr des Abenteurers Odysseus.
Affektreich und mit beißendem
Witz schuf Monteverdi vor über 400 Jahren als erster Opernkomponist revolutionär den Kosmos eines musikalischen Welttheaters. Nichts
weniger als das hat sich nun auch PazzaCaglia vorgenommen. „Odysseus/Penelope“, so betiteln sie ihr „Musiktheater zwischen Homer, Monteverdi und Heute“, folgt inhaltlich Homers zweieinhalb Jahrtausende altem, überwältigenden Vers-Epos.
Dabei stützt es sich neben Monteverdi auf Auftragsmusiken des chilenischen, in Saarbrücken ansässigen Komponisten Daniel Osorio. Dessen auf einer Kanun, der im Orient beheimateten Zither, eingespielten, sphärisch anmutenden und im Dolbyeffekt durch den kleinen Theaterraum gejagten Klänge begleiten Homers sprachgewaltige Texte.
Für barocke Klangfülle jedoch sorgt Gerlinde Puchinger. Mit ihrer Theorbe, einer 14-saitigen „Giraffenlaute“von beachtlichen Ausmaßen, erspielt sie sich und ihren beiden Protagonisten quasi im Alleingang Monteverdis extreme Musikwelt.
Zwei Protagonisten für ein Setting, in dem es von Helden, fiesen Widersachern, heimtückischen Bediensteten, göttlichen und allegorischen Figuren nur so wimmelt? „Geht alles!“, bestätigen Kemmerer und Peter. Geschickte Striche, Bildund Texteinblendungen reihen die zwölf Szenen in filmtechnischer Manier aneinander und geben trotzdem Zeit für rasante Kostümwechsel. Und für die Lichtregie konnte immerhin der ehemalige Beleuchtungsmeister der Deutschen Oper Berlin, Bernd Hassel gewonnen werden.
„Auf der Bühne geht non-stop die Post ab!“versichert PazzaCaglia. Wohl ähnlich wie bei der Uraufführung 1640 in Venedig, bei der ein zahlendes Publikum in erster Linie nur eines einforderte: Rundum-Unterhaltung.
Die Abenteuer des listigen Odysseus sind inzwischen Allgemeingut. Aber ob der Held nach 20-jähriger Absenz und der blutigen Beseitigung sämtlicher um seine sitzengelassene Penelope buhlenden Freier wieder ins heimische Ehebett sinken darf? Oder ob seine nicht minder listige Gattin, bis dato alleinerziehend und durchaus erfolgreich auf Ithaka regierend, ihren Abenteurer doch lieber wieder zurück in die Wüste schickt, frei nach dem Motto „Wozu jetzt noch einen Mann“? Das erfährt man erst beim Besuch einer Vorstellung dieser ziemlich großen Oper auf ziemlich kleiner Bühne.
„Wir fehlten in dieser Szene und die Szene fehlte uns!“Ralf Peter über den Entschluss, das Ensemble PazzaCaglia wiederzubeleben
„Odysseus/Penelope“, Kammerversion der frühbarocken Oper „Il ritorno d‘Ulisse in patria“von Claudio Monteverdi mit Neukompositionen von Daniel Osorio. In italienischer Sprache mit deutscher Übertitelung. Premiere am Freitag, 26.Januar, im Theater im Viertel am Landwehrplatz, Saarbrücken. Weitere Vorstellungen: 2. und 3. Februar, jeweils 19.30 Uhr. Karten telefonisch unter (0681) 3 90 46 02 oder per E-Mail unter karten@dastiv.de bzw. auf www.dastiv.de