Saarbruecker Zeitung

Kerbers Zuversicht trotz bitterer Niederlage

In Melbourne ist für die frühere Nummer eins der Tennis-Welt in Runde eins Schluss. Olympiasie­ger Alexander Zverev gewinnt zum Auftakt.

- VON LARS REINEFELD

(dpa) Alexander Zverev hat die Jagd auf den ersehnten ersten Grand-Slam-Titel mit einem Arbeitssie­g begonnen, Angelique Kerber bei ihrem Comeback auf der großen Tennis-Bühne noch Lehrgeld bezahlt. Während Zverev das deutsche Erstrunden-Duell bei den Australian Open mit Dominik Koepfer trotz schwacher Leistung mit 4:6, 6:3, 7:6 (7:3), 6:3 gewann, musste sich Kerber bei ihrem ersten GrandSlam-Auftritt seit Wimbledon 2022 der Amerikaner­in Danielle Collins mit 2:6, 6:3, 1:6 geschlagen geben.

Dabei bekam die dreimalige Grand-Slam-Turniersie­gerin aufgezeigt, dass noch ein langer Weg vor ihr liegt, wenn sie wieder mit den Topspieler­innen mithalten will. Allzu sehr grämen wollte sich Kerber aber nicht. „Nein, ein Rückschlag war das überhaupt nicht“, sagte Kerber am Dienstag in Melbourne. „Ich weiß, ich muss geduldig sein, um meine Routine auf dem Platz wiederzufi­nden. Teilweise war es gut, aber ich brauche noch Zeit“, bilanziert­e die frühere Nummer eins der Welt.

Kerber war erst beim United Cup rund um den Jahreswech­sel nach 18 Monaten Baby-Pause auf die TennisTour zurückgeke­hrt. Zuvor hatte sie seit Juli 2022 kein Match mehr bestritten und im Februar 2023 ihre Tochter Liana zur Welt gebracht. Dementspre­chend gering waren ihre Erwartunge­n vor den ersten Auftritten. „Ich möchte aus diesem Turnier lernen. Es ist nach 18 Monaten ein Kaltstart gewesen, das wusste ich vorher. Es ist nach wie vor eine große Herausford­erung, und die nehme ich an“, sagte Kerber. „Ich hätte mir eine etwas einfachere Auslosung gewünscht, aber ich weiß, dass es bei mir nichts Einfaches gibt. Das war noch nie so. Und deshalb werde ich jetzt das Positive mitnehmen und versuchen, weiterzuar­beiten und Geduld zu haben.“Geduld brachte in seinem Auftaktspi­el auch Zverev gegen seinen Davis-Cup-Kollegen Koepfer. Der Olympiasie­ger zeigte eine insgesamt schwache Leistung und leistete sich viele vermeidbar­e Fehler. Zverev erwischte in der Margaret Court Arena einen ganz schwachen Start. Der 26-Jährige kassierte ein frühes Break und gab den ersten Satz nach nur 37 Minuten ab.

Statt des Weltrangli­sten-Sechsten bestimmte Koepfer das Geschehen. Mit seinen wuchtigen Grundschlä­gen brachte er Zverev immer wieder

„Es ist nach 18 Monaten ein Kaltstart gewesen, das wusste ich vorher.“Tennis-Profi Angelique Kerber über ihr Erstrunden-Aus

in Bedrängnis. Die Unzufriede­nheit war Zverev deutlich anzumerken, immer wieder haderte er und blickte zu seiner Familie auf der Tribüne. „Ich habe einfach immer Probleme in ersten Runden“, sagte Zverev später. Im zweiten Durchgang leistete sich Koepfer dann eine kleine Schwächeph­ase. Zverev nutzte das zu einem Break zum 4:2 und schaffte nach 1:22 Stunden den Satzausgle­ich. Doch Sicherheit gab ihm das nicht. Weiterhin tat sich der gebürtige Hamburger bei immer noch hochsommer­lichen Temperatur­en am Abend sehr schwer. Beim Stand von 4:5 musste Zverev sogar zwei Satzbälle abwehren, ehe er sich den Durchgang nach 2:30 Stunden im Tiebreak holte.

Nun hatte Zverev die Partie endlich im Griff und verwandelt­e nach 3:12 Stunden seinen zweiten Matchball. Am Donnerstag trifft er auf den slowakisch­en Qualifikan­ten Lukas Klein. „Ich muss besser spielen, das ist klar. Aber die ersten Runden sind immer dafür da, den Rhythmus

zu finden. Das sah auch Deutschlan­ds Tennis-Legende Boris Becker so. „Ich würde das mal als Arbeitssie­g bezeichnen. Aber es ging heute nicht um einen Schönheits­preis, sondern dass er in die zweite Runde gekommen ist“, sagte Becker als TVExperte bei Eurosport.

Nach dem Auftaktsie­g wurde Zverev mit einem unliebsame­n Thema aus der Heimat konfrontie­rt. Der Ende Mai in Berlin anstehende Prozess wegen vermeintli­cher Körperverl­etzung beschäftig­t Zverev auch Down Under. Am Dienstag wurden in den Pressekonf­erenzen mehrere Tennisprof­is gefragt, ob es angemessen sei, dass Zverev angesichts des

laufenden Verfahrens weiter Mitglied im Player Council der Herren-Organisati­on ATP bleibe. Auch Zverev selbst wurde angesproch­en.

„Warum sollte es das nicht sein?“, antwortete Zverev auf die entspreche­nde Frage eines australisc­hen Journalist­en. Er habe keine Zweifel daran, dass seine Kollegen weiter hinter seinem Posten im Spielerkom­itee stehen würden. „Ich habe keinen Grund, das nicht zu glauben“, sagte Zverev. „Zu mir hat niemand etwas gesagt.“

Dem 26 Jahre alten Zverev wird zur Last gelegt, im Mai 2020 in Berlin im Rahmen eines Streits eine Frau körperlich misshandel­t zu haben.

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FOTO: IMAGO IMAGES Der schwere Weg zurück an die Spitze: Angelique Kerber musste bei ihrem ersten Grand-Slam-Auftritt nach ihrer Babypause anerkennen, dass sie nach der lange Abwesenhei­t von der Tour noch Zeit braucht, um zu alter Stärke zurückzufi­nden.
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FOTO: RATNAYAKE/AP/DPA Harter Kampf zum Turniersta­rt: Alexander Zverev schreit seine Freude über den Sieg gegen Landsmann Dominik Koepfer heraus.

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