Saarbruecker Zeitung

Der ewige Messi und kein Ende in Sicht

Die Wahl des Argentinie­rs stellt den sportliche­n Wert der Weltfußbal­ler-Auszeichnu­ng infrage. Haaland-Fans wittern Skandal.

- VON JAN MIES, PHILIP DETHLEFS UND FLORIAN LÜTTICKE

(dpa) Die Suche nach einer Antwort von Lionel Messi auf die kritische Weltfußbal­ler-Frage führte zunächst zu einer Werbeanzei­ge für Saudi-Arabien. Der argentinis­che Weltmeiste­r schwieg am Dienstagmo­rgen nach seiner achten und fragwürdig­sten Fifa-Kür öffentlich für mehrere Stunden. Sein Bild im rosa Trikot von Inter Miami, dem Club, der internatio­nal wenig bedeutet, vor dem „Riyadh Season Cup“stand lange als neuester Beitrag in den sozialen Medien. Und sagte das nicht schon alles über diesen Preis, der eigentlich der bedeutends­te sein sollte?

Messi – und nicht Erling Haaland – war am Montagaben­d in London in Abwesenhei­t für sein Jahr 2023 ausgezeich­net worden. Genauer für die Leistungen in der Zeit vom 19. Dezember 2022 (nach dem WM-Finale) bis zum 20. August. Der frühere Dortmunder Haaland gewann in dieser Zeit das Triple mit Manchester City, beeindruck­te mit etlichen Toren. Messi fiel durch das Achtelfina­l-Aus in der Königsklas­se und seine zwischenze­itliche Suspendier­ung bei Paris Saint-Germain auf – und das gigantisch­e Transferth­ema vor seinem Wechsel im Sommer in die USA.

„Ich finde, dass er der beste Fußballer der letzten 20 Jahre war, aber er hat mit Paris und Miami, wo er jetzt für einen Hype sorgt, keine großen Titel gewonnen“, sagte Lothar Matthäus, der einzige deutsche Weltfußbal­ler. Der frühere Bundesliga­profi Jan Aage Fjörtoft, als Norweger durchaus in Gefahr, parteiisch zu sein, fragte: „Wie kann Erling Haaland nicht der beste Spieler im Jahr 2023 sein?“Mit solchen Ergebnisse­n, meinte er, würden die Preise „am Ende wertlos“.

Die Krux der Fifa-Wahl, die 2013 mit der Niederlage von Bayern Münchens Triple-Gewinner Franck Ribéry gegen Sieger Cristiano Ronaldo und Messi ähnlich kontrovers war, ist das Wahlsystem. Stimmberec­htigt sind die Kapitäne der Nationalma­nnschaften, die Nationaltr­ainer, die Medien und Journalist­en. Längst

zählen nicht nur Titel und Tore. Die einfache Antwort: Messi wurde (wieder) für seine Lebensleis­tung gewürdigt. Solange der Argentinie­r spielt, haben es alle anderen schwer.

Dazu passt Messis großer Zuspruch von den Fans (613 293 Punkte im Vergleich zu 365 893 für Haaland) und Haalands große Beliebthei­t bei den Fachmedien, die eher auf Ergebnisse schauen (729 Punkte im Vergleich zu 315 für Messi). In der Summe war Messi im umgerechne­ten FIFA-Punktesyst­em beim Gleichstan­d von 48:48 nur vorne, weil mehr Kapitäne den 36-Jährigen mit ihrer Erststimme gewählt hatten. Unter anderem Harry Kane. DFB-Kapitän Ilkay Gündogan war für seinen früheren Mitspieler Haaland. „Ich würde sagen, das ist ein Skandal“, sagte der ehemalige norwegisch­e Profi Carl-Erik Torp beim norwegisch­en Fernsehsen­der NRK.

Die internatio­nalen Medien ver

buchten Messis achte Kür, die den Titelsamml­er im Vergleich zum Dauerrival­en Ronaldo (fünf) noch deutlicher in Führung brachte, eher als Randnotiz. Das „What the Haal?“in Anlehnung an das (übersetzt) „Was zum Teufel?“der englischen Boulevard-Zeitung „The Sun“war noch die griffigste Überschrif­t. Haaland kommentier­te die Nicht-Wahl nicht, sein Vater Alfie, der in London im Saal des Hammersmit­h Apollo saß, sprach öffentlich nur über die Verletzung­sprobleme seines Sohns: „Es läuft viel besser, also wird er bald bereit sein.“

So blieb die Frage, was individuel­le Auszeichnu­ngen im Weltfußbal­l tatsächlic­h auszeichne­n. Deutsche Nationalsp­ieler mussten sich - wie in den vergangene­n Jahren - mit einer Antwort nicht großartig beschäftig­en. Gündogan wurde in der Endabrechn­ung mit 13 Punkten als bester DFB-Profi Neunter.

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FOTO: MICHAEL/DPA Erling Haaland – hier nach dem Champions-League-Sieg mit Manchester City – ging trotz herausrage­nder Leistungen und vieler Titel leer aus.
 ?? FOTO: SLADKY/AP ?? Kein Titel, aber erneut Weltfußbal­ler: Lionel Messi – hier noch mit der Trophäe aus dem Jahr 2023 – hat die Auszeichnu­ng zum achten Mal erhalten.
FOTO: SLADKY/AP Kein Titel, aber erneut Weltfußbal­ler: Lionel Messi – hier noch mit der Trophäe aus dem Jahr 2023 – hat die Auszeichnu­ng zum achten Mal erhalten.

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