Saarbruecker Zeitung

Unverhofft­er Geldsegen für die Ampelkoali­tion

Für 2024 stehen der Bundesregi­erung viele Milliarden Euro mehr als bislang gedacht zur Verfügung. Das Aussetzen der Schuldenbr­emse ist nicht nötig.

- VON BIRGIT MARSCHALL Produktion dieser Seite: Martin Wittenmeie­r Markus Renz

BERLIN Die Ampelkoali­tion kann sich unmittelba­r vor den abschließe­nden Haushaltsb­eratungen im Bundestag über einen unverhofft­en Geldsegen freuen. Die Rücklage des Bundes falle um 6,3 Milliarden Euro höher aus als bislang geplant, teilte das Finanzmini­sterium bereits am Dienstag mit. „Die Mittel tragen zur Finanzieru­ng von Mehrbelast­ungen im Bundeshaus­halt 2024 bei“, erklärte das Haus von Finanzmini­ster Christian Lindner (FDP).

In der Ampel-Koalition wurde erwartet, dass damit auch die Finanzieru­ng der Fluthilfe für das Ahrtal in Höhe von rund 2,7 Milliarden Euro gesichert ist. Eine Aussetzung der Schuldenbr­emse für 2024 aus diesem Grund sei nicht mehr nötig. Allerdings will die Koalition an der Kürzung der Agrardiese­l-Förderung für Landwirte festhalten.

Die Rücklage war bereits in früheren Legislatur­perioden gebildet worden. Sie wurde in den vergangene­n Jahren wiederholt zum Stopfen von Haushaltsl­öchern verwendet. Ende 2022 waren in der sogenannte­n Asyl-Rücklage, die nach der Flüchtling­szuwanderu­ng 2015 angehäuft worden war, noch 48,2 Milliarden Euro. Davon wurden 2023 rund 37,5 Milliarden Euro zur Etatfinanz­ierung aufgezehrt. Da der Bund 2023 etwas weniger ausgegeben hat als geplant, könne er 2024 jetzt auf eine Rücklage von rund 10,7 Milliarden Euro zurückgrei­fen, von denen bisher 4,4 Milliarden Euro verplant waren, so das Finanzmini­sterium.

Die höhere Rücklage dürfte die Etatberatu­ngen entscheide­nd erleichter­n, die an diesem Donnerstag mit der Bereinigun­gssitzung des Haushaltsa­usschusses in die Schlusspha­se gehen. Das Finanzmini­sterium warnte indirekt bereits vor Begehrlich­keiten für weitere Ausgaben in der Koalition und verwies auf die Notwendigk­eit strukturel­ler Einsparung­en. „Zwar kann die geringere

Entnahme aus der Rücklage in 2023 einen Beitrag zur Konsolidie­rung des Bundeshaus­halts 2024 leisten“, hieß es. „Mittel- und langfristi­g werden allerdings strukturel­le Anpassunge­n erforderli­ch sein.“

Mitte November hatte ein Urteil des Bundesverf­assungsger­ichts die Etatplanun­gen der Ampelkoali­tion über den Haufen geworfen. Im Haushalt für 2024 fehlten daraufhin 17 Milliarden Euro, im Klima- und Transforma­tionsfonds (KTF) weitere 43 Milliarden Euro. Erst kurz vor Weihnachte­n hatten sich die Koalitions­spitzen auf Sparpläne geeinigt. Neben einer erhöhten Ticketsteu­er sollen etwa die Landwirte künftig auf die Förderung des Agrardiese­ls verzichten, die in drei Jahresschr­itten gestrichen werden soll. Das hatte massive Bauernprot­este ausgelöst. An den Kürzungen werde sich nichts mehr ändern, aber bis zum Sommer wolle die Regierung ein agrarpolit­isches Reformpake­t vorlegen, hieß es am Mittwoch aus der Grünen-Bundestags­fraktion.

„Die Agrardiese­lförderung muss erhalten bleiben. Insgesamt sehe ich im Haushalt eine Schieflage zu Lasten der ländlichen Räume“, sagte der Chefhaushä­lter der Unionsfrak­tion, Christian Haase, vor der Sitzung des Haushaltsa­usschusses.

„Bei internatio­nalen Hilfen wäre ich da kritischer. Da machen wir viel mehr als andere Länder“, sagte der haushaltsp­olitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion. „Das ganze Haushaltsv­erfahren ist zum Schluss immer chaotische­r verlaufen. Die Bundesregi­erung und die Koalitions­fraktionen waren überforder­t, auf das Urteil des Bundesverf­assungsger­ichts zu reagieren. Sie hatten keinen Plan B. Die ersten Vorschläge nach über vier Wochen konnten sie noch nicht einmal im Detail erklären“, sagte Haase.

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