Unverhoffter Geldsegen für die Ampelkoalition
Für 2024 stehen der Bundesregierung viele Milliarden Euro mehr als bislang gedacht zur Verfügung. Das Aussetzen der Schuldenbremse ist nicht nötig.
BERLIN Die Ampelkoalition kann sich unmittelbar vor den abschließenden Haushaltsberatungen im Bundestag über einen unverhofften Geldsegen freuen. Die Rücklage des Bundes falle um 6,3 Milliarden Euro höher aus als bislang geplant, teilte das Finanzministerium bereits am Dienstag mit. „Die Mittel tragen zur Finanzierung von Mehrbelastungen im Bundeshaushalt 2024 bei“, erklärte das Haus von Finanzminister Christian Lindner (FDP).
In der Ampel-Koalition wurde erwartet, dass damit auch die Finanzierung der Fluthilfe für das Ahrtal in Höhe von rund 2,7 Milliarden Euro gesichert ist. Eine Aussetzung der Schuldenbremse für 2024 aus diesem Grund sei nicht mehr nötig. Allerdings will die Koalition an der Kürzung der Agrardiesel-Förderung für Landwirte festhalten.
Die Rücklage war bereits in früheren Legislaturperioden gebildet worden. Sie wurde in den vergangenen Jahren wiederholt zum Stopfen von Haushaltslöchern verwendet. Ende 2022 waren in der sogenannten Asyl-Rücklage, die nach der Flüchtlingszuwanderung 2015 angehäuft worden war, noch 48,2 Milliarden Euro. Davon wurden 2023 rund 37,5 Milliarden Euro zur Etatfinanzierung aufgezehrt. Da der Bund 2023 etwas weniger ausgegeben hat als geplant, könne er 2024 jetzt auf eine Rücklage von rund 10,7 Milliarden Euro zurückgreifen, von denen bisher 4,4 Milliarden Euro verplant waren, so das Finanzministerium.
Die höhere Rücklage dürfte die Etatberatungen entscheidend erleichtern, die an diesem Donnerstag mit der Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses in die Schlussphase gehen. Das Finanzministerium warnte indirekt bereits vor Begehrlichkeiten für weitere Ausgaben in der Koalition und verwies auf die Notwendigkeit struktureller Einsparungen. „Zwar kann die geringere
Entnahme aus der Rücklage in 2023 einen Beitrag zur Konsolidierung des Bundeshaushalts 2024 leisten“, hieß es. „Mittel- und langfristig werden allerdings strukturelle Anpassungen erforderlich sein.“
Mitte November hatte ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts die Etatplanungen der Ampelkoalition über den Haufen geworfen. Im Haushalt für 2024 fehlten daraufhin 17 Milliarden Euro, im Klima- und Transformationsfonds (KTF) weitere 43 Milliarden Euro. Erst kurz vor Weihnachten hatten sich die Koalitionsspitzen auf Sparpläne geeinigt. Neben einer erhöhten Ticketsteuer sollen etwa die Landwirte künftig auf die Förderung des Agrardiesels verzichten, die in drei Jahresschritten gestrichen werden soll. Das hatte massive Bauernproteste ausgelöst. An den Kürzungen werde sich nichts mehr ändern, aber bis zum Sommer wolle die Regierung ein agrarpolitisches Reformpaket vorlegen, hieß es am Mittwoch aus der Grünen-Bundestagsfraktion.
„Die Agrardieselförderung muss erhalten bleiben. Insgesamt sehe ich im Haushalt eine Schieflage zu Lasten der ländlichen Räume“, sagte der Chefhaushälter der Unionsfraktion, Christian Haase, vor der Sitzung des Haushaltsausschusses.
„Bei internationalen Hilfen wäre ich da kritischer. Da machen wir viel mehr als andere Länder“, sagte der haushaltspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion. „Das ganze Haushaltsverfahren ist zum Schluss immer chaotischer verlaufen. Die Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen waren überfordert, auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu reagieren. Sie hatten keinen Plan B. Die ersten Vorschläge nach über vier Wochen konnten sie noch nicht einmal im Detail erklären“, sagte Haase.