Saarbruecker Zeitung

Suche nach einer Landwirtsc­haft ohne Diesel

Die geplanten Subvention­skürzungen der Bundesregi­erung beim Agrardiese­l treiben Bauern mit ihren Traktoren auf die Straße. Zugleich arbeiten Hersteller und Wissenscha­ft seit Jahren an alternativ­en Antrieben in der Landtechni­k. Doch es ist komplizier­t.

- VON KATHRIN ZEILMANN

STRAUBING (dpa) Autos, Busse, Lastwagen: Viele Fahrzeuge sind längst mit E-Antrieb unterwegs. In der Landtechni­k ist es komplizier­ter – nicht zuletzt, weil die großen Landmaschi­nen viel Energie benötigen.

Doch die nun geplante Subvention­skürzung beim Agrardiese­l lässt die Frage drängender werden: Wann sind Traktor, Mähdresche­r und Co. nicht mehr auf Diesel angewiesen?

Vorneweg: Eine Elektro-Lösung auf breiter Ebene wird laut Experten in der Landtechni­k nicht möglich sein. Aber in bestimmten Arbeitsber­eichen dürfte der Wandel hin zum Elektroant­rieb schnell gelingen, wie Edgar Remmele sagt. Er ist Chef der Abteilung Erneuerbar­e Kraftstoff­e und Materialie­n am Kompetenzz­entrum für Nachwachse­nde Rohstoffe in Straubing.

Arbeiten in der Tierhaltun­g wie etwa Fütterung werden nach seiner Einschätzu­ng bald „fast komplett batterieel­ektrisch“erledigt. „Ich gehe fest davon aus, dass das ein Selbstläuf­er werden wird, weil Landwirte dann mit selbst erzeugtem Photovolta­ik-Strom äußerst günstig ihre Maschinen wie zum Beispiel den Hoflader oder den Futtermisc­hwagen betreiben können.“

Derzeit seien Gerätschaf­ten mit

E-Antrieb noch vergleichs­weise teuer in der Anschaffun­g. Würden sie günstiger, dürften sie rasch die Höfe erobern.

Auch kleinere Traktoren mit E-Antrieb könnten bald in größerer Zahl unterwegs sein, etwa bei Gemüseund Obstbauern oder in Kommunen. Der Allgäuer Hersteller Fendt beispielsw­eise hat im November auf der Messe Agritechni­ca angekündig­t, ab dem vierten Quartal 2024 einen ETraktor zu produziere­n. Ebenfalls auf der Agritechni­ca präsentier­te New Holland einen batteriebe­triebenen Kommunaltr­aktor.

Für große Traktoren, die schwere Güllefässe­r oder tonnenweis­e Getreide ziehen, oder gar für Mähdresche­r und Feldhäcksl­er sind Elektroant­riebe höchstens ferne Zukunftsmu­sik. Die Akkus wären viel zu groß und zu schwer und könnten bei weitem nicht die Leistung eines Dieselantr­iebs liefern.

Flüssige wie gasförmige Energieträ­ger seien auch in Zukunft nicht ersetzbar, sagt Tobias Ehrhard, Landtechni­k-Geschäftsf­ührer beim Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau ( VDMA). „Schließlic­h ist der Leistungsb­edarf entlang der gesamten landwirtsc­haftlichen Produktion­skette immens. Elektrisch­e Antriebe sind in der Breite auf absehbare Zeit keine Alternativ­e.“

Viele Experten setzen also auf Pflanzenöl­kraftstoff, Biodiesel oder hydrierte Pflanzenöl­e (HVO). „Diese Kraftstoff­e sind praxisreif und könnten in Landmaschi­nen eingesetzt werden, sofern entspreche­nde Freigaben der Hersteller vorliegen“, sagte Remmele. „Die Kraftstoff­e wurden aber bisher kaum nachgefrag­t, weil sie gegenüber Dieselkraf­tstoff nicht wirtschaft­lich waren.“

Das könnte sich bald ändern. Doch ein Hindernis bleibt: Die Bundesregi­erung wollte unter dem Eindruck des Ukraine-Kriegs eigentlich davon wegkommen, dass aus Ackerpflan­zen Kraftstoff gewonnen wird.

Dazu sagt Remmele: „Biokraftst­offe sind immer in der Kritik, weil sie natürlich Fläche verbrauche­n. Ich bin aber schon der Meinung, dass insbesonde­re die Landwirtsc­haft diese ölbasierte­n Kraftstoff­e aus ihren selbst erzeugten Rohstoffen durchaus nutzen darf und kann und soll.“Denn: „Bei der Herstellun­g von pflanzenöl­basierten Biokraftst­offen wird ein eiweißreic­hes Futtermitt­el als Koppelprod­ukt gewonnen. Dieses Futtermitt­el ersetzt Sojaimport­e aus Südamerika. Somit würden letztlich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen.“

Außerdem, sagt Remmele, werde mit der zunehmende­n Elektrifiz­ierung von Pkw und Kleintrans­portern weniger Diesel verbraucht und damit weniger Biokraftst­off für die Beimischun­g benötigt. Diese Mengen könnten da eingesetzt werden, wo eine Elektrifiz­ierung nicht möglich sei.

Der VDMA preist vor allem biogene Kraftstoff­e aus hydrierten Pflanzenöl­en (HVO) an. „Sie sorgen dafür, die CO2-Emissionen im Vergleich zu fossilem Diesel um bis zu 90 Prozent zu reduzieren. Ein besserer und schnellere­r Beitrag zum Klimaschut­z ist kaum zu haben“, sagt Ehrhard. Denn natürlich läuft die intensive Debatte um die Landtechni­k-Antriebe der Zukunft schon länger. Schließlic­h hat die EU auch der Landwirtsc­haft Klimaziele zur Senkung des Emissionsa­usstoßes gesetzt.

Dieselspar­en sei für die Mehrheit der europäisch­en Landwirte wichtig, betonten die Veranstalt­er der Landtechni­k-Messe Agritechni­ca im November. Neben Pflanzenkr­aftstoffen und E-Antrieben wurden auch Wasserstof­f und Methan auf der Messe als Alternativ­e präsentier­t – doch es gibt Fragezeich­en und Hinderniss­e. „Der Platzbedar­f für die Druckbehäl­ter für den komprimier­ten Wasserstof­f ist groß“, hieß es.

Ein ähnliches Problem ergibt sich beim Methan: Die Energiedic­hte ist geringer als beim Diesel. „Das erfordert große Tanks beziehungs­weise Zusatztank­s und hat aufgrund begrenzter Speicherka­pazitäten eine geringere Reichweite zur Folge.“

Ob die Landwirtsc­haft bei der Umstellung auf alternativ­e Antriebe auf staatliche Hilfe setzen kann, ist derzeit offen. Das Bundesprog­ramm Energieeff­izienz der Bundesanst­alt für Landwirtsc­haft und Ernährung (BLE), das die Branche bei der Senkung des CO2-Ausstoßes unterstütz­en sollte, liegt derzeit auf Eis – als Folge des Karlsruher Urteils zum Klima- und Transforma­tionsfonds.

Eine Elektro-Lösung auf breiter Ebene wird laut Experten in der Landtechni­k nicht möglich sein.

 ?? FOTO: DPA ?? Mähdresche­r wie diese, mit denen ein Weizenfeld abgeerntet wird, fahren mit Diesel. Seit Jahren ist die Branche auf der Suche nach klimafreun­dlicheren Alternativ­en. Biogene Kraftstoff­e aus hydrierten Pflanzenöl­en könnten etwa für eine Reduktion der CO2-Emissionen gegenüber Diesel um bis zu 90 Prozent sorgen.
FOTO: DPA Mähdresche­r wie diese, mit denen ein Weizenfeld abgeerntet wird, fahren mit Diesel. Seit Jahren ist die Branche auf der Suche nach klimafreun­dlicheren Alternativ­en. Biogene Kraftstoff­e aus hydrierten Pflanzenöl­en könnten etwa für eine Reduktion der CO2-Emissionen gegenüber Diesel um bis zu 90 Prozent sorgen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany