Bei der Grünen Woche ist der Agrardiesel weiter Thema
Die Agrarmesse Grüne Woche steht wenige Tage nach den Bauernprotesten unter schwierigen Vorzeichen. Die Stimmung ist angespannter als im Vorjahr.
BERLIN (dpa) Die Debatte um Subventionskürzungen beim Agrardiesel dominiert dieses Jahr auch die Agrarmesse Grüne Woche in Berlin. Bauernpräsident Joachim Rukwied forderte am Mittwoch erneut, dass die geplanten Kürzungen zurückgenommen werden – vorher wolle er nicht über andere Themen wie etwa eine Tierwohlabgabe diskutieren.
Nach Einschätzung des Prüfungsund Beratungsunternehmens EY steht die Landwirtschaft vor äußerst schwierigen Zeiten: Nach einer Hochphase seien die Preise für Agrarprodukte in den vergangenen sechs Monaten wieder abgestürzt, die Kosten aber – etwa für Futter oder Energie – seien auf einem hohen Niveau geblieben.
EY zufolge hat die deutsche Agrarwirtschaft vergangenes Jahr mehr als 300 Milliarden Euro Umsatz gemacht. Das sei nach jetzigem Stand ein Plus von acht Prozent. Der Zuwachs beruhe auf Preis- und nicht auf Mengensteigerungen, sagte Christian Janze von EY in Hannover.
Der Unmut der Bäuerinnen und Bauern wurde zuletzt bei den bundesweiten Protesten deutlich. Sie wurden von den geplanten Subventionskürzungen ausgelöst, viele der Landwirte berichteten aber von angestautem Ärger und dem Gefühl, seit Jahren benachteiligt zu werden.
„Ich kann mich nicht daran erinnern, dass Landwirte nach der Wende in dieser Art und Weise ihren Unmut gegenüber der Politik zum Ausdruck gebracht haben“, sagte Rukwied über die Protestwoche. Sollten die geplanten Kürzungen beim Agrardiesel nicht zurückgenommen werden, gingen die Landwirte wieder auf die Straße. Bauernproteste zur Eröffnung der Grünen Woche am Freitag inklusive Rundgang mit Bundeslandwirtschaftsminister Cem
Özdemir (Grüne) sind laut Rukwied aber nicht geplant.
Bei der Grünen Woche werden rund 1400 Aussteller aus 60 Ländern erwartet. Die Messe Berlin geht davon aus, dass es mehr als 300 000 Besucher werden, sofern keine Streiks bei der Bahn oder im Nahverkehr oder Blitzeis auf den Straßen dazwischenkommt.
Neben der Landwirtschaft präsentiert auf der GrünenWoche auch die Ernährungsindustrie ihre Neuheiten. Die Branche hat nach eigenen Angaben aufgrund hoher Preise und der damit verbundenen Zurückhaltung der Verbraucher ein durchwachsenes Jahr hinter sich. Inflationsbereinigt gingen die Erlöse vergangenes Jahr im Vergleich zu 2022 nach Angaben der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) um knapp ein Prozent zurück. Nominal, also inklusive der Inflation, stieg der Umsatz um 6,5 Prozent. Immer mehr Unternehmen planen einer Branchenumfrage zufolge, Investitionen ins Ausland zu verlagern.
Die Stimmung in der Fleischindustrie sei gedämpft, die Produktions- und Exportmengen seien in Deutschland rückläufig, hieß es von EY. In der Milchwirtschaft ging der Jahresumsatz laut Agrarkonjunkturbarometer 2023 leicht zurück. Weil die Anzahl der Milchviehbetriebe weiter zurückgehen werde, rechnen die Experten mit einem zunehmenden Wettbewerb um den Rohstoff Milch. Möglicherweise könnten Molkereien Werke schließen und weniger investieren. Insgesamt blicke die Molkereiwirtschaft dennoch eher optimistisch ins neue Jahr.
Die Grüne Woche wird heute Abend offiziell eröffnet und steht ab Freitagmorgen Verbraucherinnen und Verbrauchern offen.