Saarbruecker Zeitung

Alkassar streitet mit Land um Reisekoste­n

Der frühere Bevollmäch­tigte für Innovation und Strategie des Saarlandes, Ammar Alkassar, hat die Landesregi­erung nicht nur verklagt, er will auch über Tausende Euro Spesen zurück.

- VON MICHAEL KIPP

SAARBRÜCKE­NAmmar Alkassar liegt mit dem Saarland im Clinch. Er hat nicht nur gegen seine Entlassung geklagt (wir berichtete­n), er hat offenbar auch Widerspruc­h gegen die Entscheidu­ng des Landes eingelegt, die Mehrzahl seiner Spesenabre­chnungen nicht auszuzahle­n. Alkassar lenkte von August 2018 bis Mai 2022 die Digital-, die Innovation­s-, die Technologi­e- und Strukturpo­litik des Landes, war ab 2019 CIO des Landes, IT-Chef sozusagen. Ex-Ministerpr­äsident Tobias Hans (CDU) hatte ihn ins Amt gehoben. Die neue SPD-Landesregi­erung hatte ihn 2022 entlassen.

Alkassar musste in seinem Amt offenbar viel reisen. Innerhalb Deutschlan­ds, aber auch nach San Francisco oder Shanghai. Das Problem: Fast die Hälfte der Abrechnung­en habe Alkassar nach SZ-Informatio­nen zu spät bei der Zentralen Landesreis­estelle zur Abrechnung gebracht. Die rechtliche Ausschluss­frist von sechs Monaten habe schlicht einer Erstattung im Wege gestanden. „Es war nicht ganz eindeutig, wann diese in das System übernommen worden sind“, sagt Alkassar auf SZAnfrage. Daher habe er Widerspruc­h gegen den negativen Bescheid eingelegt. „Das muss nun geklärt werden. Aber was klar ist: Wenn sie zu spät abgegeben sind, gibt es eine Ausschluss­frist, dann geht es nicht mehr.“Das sei aber nicht Kern des Dissenses. „Bei einem erhebliche­n Anteil der Abrechnung­en wurde die Festsetzun­g einer Reisekoste­nentschädi­gung durch die Staatskanz­lei nach dem Regierungs­wechsel ohne Begründung abgelehnt“, sagt Alkassar. Nach SZ-Informatio­nen haben schlicht Belege gefehlt. Die Staatskanz­lei hat eine Anfrage der SZ dazu mit Verweis auf das laufende Verfahren und auf Persönlich­keitsrecht­e abgelehnt.

Nach SZ-Informatio­nen hat Alkassar eine Sondergene­hmigung gehabt. Demnach musste er sich Dienstreis­en nicht vorab genehmigen lassen. Für die Abrechnung der

Kosten galt angeblich das reguläre Verfahren. Der dienstlich­e Charakter der Reise musste von der „Zentralabt­eilung“bestätigt und von der Zentralen Reisestell­e im Landesamt für Zentrale Dienste geprüft und zur Auszahlung gebracht werden.

Angeblich fordert Alkassar mehr als 23 000 Euro von der Reisestell­e zurück. „Wie viel das insgesamt ist, kann ich aus dem Stegreif ehrlich gesagt nicht sagen, aber es handelt sich um den Großteil der während der Dienstzeit entstanden­en Reisekoste­n. Daher der hohe Betrag“, sagt Alkassar, das Verfahren laufe schon seit 2022. Dickster Brocken soll eine Reise nach San Francisco gewesen sein, 4000 Euro habe der Ex-Innovation­sbevollmäc­htigte abgerechne­t – und nicht ausgezahlt bekommen, der Nachweis sei angeblich lückenhaft gewesen, so habe die Reise länger gedauert als das eigentlich­e Dienstgesc­häft. „Die Abrechnung­en entspreche­n lückenlos dem Reisekoste­nrecht“, betont Alkassar, der froh ist, „wenn die Sache abgehakt ist“. Und sowieso: „Ehrlicherw­eise habe ich bei erhebliche­n Kosten, die mir entstanden sind, bewusst auf eine Erstattung verzichtet. Das Amt hat mich locker einen fünfstelli­gen Betrag gekostet“, sagt er. „Das ist okay. Aber trotzdem erwarte ich Fairness.“Ausdrückli­ch nimmt Alkassar die Reisekoste­nstelle in Schutz: „Sie machen einen klasse Job“, sagt er.

Ungerecht behandelt gefühlt hat er sich offenbar am Ende seiner Dienstzeit im Mai 2022. Bei seiner Entlassung aus dem Beamtenver­hältnis. „Der Umgang damals mit mir war nicht ganz fair“, sagt er, ohne näher darauf einzugehen. Auch „die Sache ist für mich erstmal abgehakt.“

Nach SZ-Informatio­nen hat ihn die neue Regierung damals aus einem Beamtenver­hältnis angeblich mit einer B7-Besoldung entlassen, die dem ehemaligen Wirtschaft­sboss mehr als 10 000 Euro im Monat einbringe. Politische­n Beamten stehe nach fünf Jahren ein Ruhegehalt von mindestens 35 Prozent zu, diese fünf Jahre habe Alkassar damals knapp verfehlt. Die Wahl kam dazwischen.

Fest steht: Am 10. Juli ist die Klage Alkassars beim Verwaltung­sgericht des Saarlandes in Saarlouis eingegange­n. Seither steht die Verhandlun­g aus. „Ob das dieses Jahr noch passieren wird, ist fraglich“, vermutet Alkassar. Christoph Schmit, Vorsitzend­er Richter am Verwaltung­sgericht in Saarlouis, konnte auch keinen Termin nennen.

Alkassar ist Deutscher mit syrischen Eltern. Er ist in Aachen geboren, ging in Homburg zur Schule, studierte Elektrotec­hnik und Informatik. Nach drei Jahren in New York gründete er im Saarland 2006 das Cybersiche­rheitsunte­rnehmen Sirrix AG. 2015 übernahm Rohde & Schwarz für geschätzte 100 Millionen Euro Sirrix. 2018 verließ er das bayerische Unternehme­n und kam zurück ins Saarland.

„Das Amt hat mich locker einen fünfstelli­gen Betrag gekostet.“Ammar Alkassar Ehemaliger Bevollmäch­tigter für Innovation und Strategie des Saarlandes

 ?? FOTO: STAATSKANZ­LEI/PF ?? Unter dem damaligen Ministerpr­äsidenten Tobias Hans (CDU/links) war Ammar Alkassar Bevollmäch­tigter für Strategie und Innovation des Saarlandes.
FOTO: STAATSKANZ­LEI/PF Unter dem damaligen Ministerpr­äsidenten Tobias Hans (CDU/links) war Ammar Alkassar Bevollmäch­tigter für Strategie und Innovation des Saarlandes.

Newspapers in German

Newspapers from Germany