Alkassar streitet mit Land um Reisekosten
Der frühere Bevollmächtigte für Innovation und Strategie des Saarlandes, Ammar Alkassar, hat die Landesregierung nicht nur verklagt, er will auch über Tausende Euro Spesen zurück.
SAARBRÜCKENAmmar Alkassar liegt mit dem Saarland im Clinch. Er hat nicht nur gegen seine Entlassung geklagt (wir berichteten), er hat offenbar auch Widerspruch gegen die Entscheidung des Landes eingelegt, die Mehrzahl seiner Spesenabrechnungen nicht auszuzahlen. Alkassar lenkte von August 2018 bis Mai 2022 die Digital-, die Innovations-, die Technologie- und Strukturpolitik des Landes, war ab 2019 CIO des Landes, IT-Chef sozusagen. Ex-Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) hatte ihn ins Amt gehoben. Die neue SPD-Landesregierung hatte ihn 2022 entlassen.
Alkassar musste in seinem Amt offenbar viel reisen. Innerhalb Deutschlands, aber auch nach San Francisco oder Shanghai. Das Problem: Fast die Hälfte der Abrechnungen habe Alkassar nach SZ-Informationen zu spät bei der Zentralen Landesreisestelle zur Abrechnung gebracht. Die rechtliche Ausschlussfrist von sechs Monaten habe schlicht einer Erstattung im Wege gestanden. „Es war nicht ganz eindeutig, wann diese in das System übernommen worden sind“, sagt Alkassar auf SZAnfrage. Daher habe er Widerspruch gegen den negativen Bescheid eingelegt. „Das muss nun geklärt werden. Aber was klar ist: Wenn sie zu spät abgegeben sind, gibt es eine Ausschlussfrist, dann geht es nicht mehr.“Das sei aber nicht Kern des Dissenses. „Bei einem erheblichen Anteil der Abrechnungen wurde die Festsetzung einer Reisekostenentschädigung durch die Staatskanzlei nach dem Regierungswechsel ohne Begründung abgelehnt“, sagt Alkassar. Nach SZ-Informationen haben schlicht Belege gefehlt. Die Staatskanzlei hat eine Anfrage der SZ dazu mit Verweis auf das laufende Verfahren und auf Persönlichkeitsrechte abgelehnt.
Nach SZ-Informationen hat Alkassar eine Sondergenehmigung gehabt. Demnach musste er sich Dienstreisen nicht vorab genehmigen lassen. Für die Abrechnung der
Kosten galt angeblich das reguläre Verfahren. Der dienstliche Charakter der Reise musste von der „Zentralabteilung“bestätigt und von der Zentralen Reisestelle im Landesamt für Zentrale Dienste geprüft und zur Auszahlung gebracht werden.
Angeblich fordert Alkassar mehr als 23 000 Euro von der Reisestelle zurück. „Wie viel das insgesamt ist, kann ich aus dem Stegreif ehrlich gesagt nicht sagen, aber es handelt sich um den Großteil der während der Dienstzeit entstandenen Reisekosten. Daher der hohe Betrag“, sagt Alkassar, das Verfahren laufe schon seit 2022. Dickster Brocken soll eine Reise nach San Francisco gewesen sein, 4000 Euro habe der Ex-Innovationsbevollmächtigte abgerechnet – und nicht ausgezahlt bekommen, der Nachweis sei angeblich lückenhaft gewesen, so habe die Reise länger gedauert als das eigentliche Dienstgeschäft. „Die Abrechnungen entsprechen lückenlos dem Reisekostenrecht“, betont Alkassar, der froh ist, „wenn die Sache abgehakt ist“. Und sowieso: „Ehrlicherweise habe ich bei erheblichen Kosten, die mir entstanden sind, bewusst auf eine Erstattung verzichtet. Das Amt hat mich locker einen fünfstelligen Betrag gekostet“, sagt er. „Das ist okay. Aber trotzdem erwarte ich Fairness.“Ausdrücklich nimmt Alkassar die Reisekostenstelle in Schutz: „Sie machen einen klasse Job“, sagt er.
Ungerecht behandelt gefühlt hat er sich offenbar am Ende seiner Dienstzeit im Mai 2022. Bei seiner Entlassung aus dem Beamtenverhältnis. „Der Umgang damals mit mir war nicht ganz fair“, sagt er, ohne näher darauf einzugehen. Auch „die Sache ist für mich erstmal abgehakt.“
Nach SZ-Informationen hat ihn die neue Regierung damals aus einem Beamtenverhältnis angeblich mit einer B7-Besoldung entlassen, die dem ehemaligen Wirtschaftsboss mehr als 10 000 Euro im Monat einbringe. Politischen Beamten stehe nach fünf Jahren ein Ruhegehalt von mindestens 35 Prozent zu, diese fünf Jahre habe Alkassar damals knapp verfehlt. Die Wahl kam dazwischen.
Fest steht: Am 10. Juli ist die Klage Alkassars beim Verwaltungsgericht des Saarlandes in Saarlouis eingegangen. Seither steht die Verhandlung aus. „Ob das dieses Jahr noch passieren wird, ist fraglich“, vermutet Alkassar. Christoph Schmit, Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht in Saarlouis, konnte auch keinen Termin nennen.
Alkassar ist Deutscher mit syrischen Eltern. Er ist in Aachen geboren, ging in Homburg zur Schule, studierte Elektrotechnik und Informatik. Nach drei Jahren in New York gründete er im Saarland 2006 das Cybersicherheitsunternehmen Sirrix AG. 2015 übernahm Rohde & Schwarz für geschätzte 100 Millionen Euro Sirrix. 2018 verließ er das bayerische Unternehmen und kam zurück ins Saarland.
„Das Amt hat mich locker einen fünfstelligen Betrag gekostet.“Ammar Alkassar Ehemaliger Bevollmächtigter für Innovation und Strategie des Saarlandes