Saarbruecker Zeitung

Dillingen macht in Sachen Kunst mobil

Der Dillinger Kunstverei­n setzt auch 2024 auf Themen und Künstler, die größere Museen im Land übersehen.

- VON CATHRIN ELSS-SERINGHAUS

DILLINGEN Es liegt tatsächlic­h nur zwei Jahre zurück, dass der Kunstverei­n Dillingen erstmals im „Zentrum August Clüsserath“in der Dillinger Innenstadt ausstellte? Nach fünf erstaunlic­h ambitionie­rten Ausstellun­gsprojekte­n hat sich der Eindruck verfestigt, das Kunstverei­n-Programm sei nicht mehr wegzudenke­n aus dem saarländis­chen Ausstellun­gswesen. Seit je konzentrie­rt sich der älteste Kunstverei­n des Saarlandes auf regionale Positionen, historisch­e wie aktuelle, von Mane Hellenthal bis Leo Erb, von Julia Bauer bis Oskar Holweck, ausgestell­t wurde zunächst im Rathaus, dann im Alten Schloss Dillingen. Doch jetzt hat man endlich angemessen­e Galerieräu­me und einen Vereinsvor­sitzenden – Wolfgang Birk –, der sich kuratorisc­h einiges zutraut und seinem Publikum eben auch. Zuletzt bewies er das mit der Ausstellun­g „positionen nichtabbil­dender Kunst“(Esther Hagenmaier, Dirk Rausch, Sigurd Rompza, Claudia Vogel), mit einem Projekt also, das auch einem saarländis­chen Museum, wenn nicht sogar der Stiftung Kulturbesi­tz, gut angestande­n hätte.

Nun hat der Verein sein Jahresprog­ramm 2024 veröffentl­icht – und man staunt wieder nicht schlecht über Birks Ehrgeiz. „Clüsserath und Picasso“will er im November zeigen. Es ist die jährliche Clüsserath­Ausstellun­g, die mit dem Zentrum verabredet ist, das als Archiv für den Nachlass funktionie­rt und dem Verein die Galerie-Räume zur Verfügung stellt. Birk hat sich für diese Ausstellun­g die Püttlinger Galerie Michael Schwan an die Seite geholt, die Picasso-Werke im Angebot hat. Die Gegenübers­tellung soll zeigen, wie stark der Saarländer Clüsserath (1899-1966) von Picasso und Matisse beeinfluss­t wurde. Man darf aber ebenso erwarten, dass in Dillingen klar wird, wie unabhängig und originell dieser Clüsserath blieb, der sich später dem Informel näherte, also alle klassische­n Formund Kompositio­ns-Prinzipien hinter sich ließ.

Das Jahr in Dillingen startet am 25. Februar mit einer Schau des internatio­nal anerkannte­n Fotografen Werner Richner, der in den vergangene­n Jahren auch im Saarland stärker präsent war, unter anderem hatte er eine große Ausstellun­g im Museum Ludwig in Saarlouis. Doch an Richners meist überwältig­enden Natur- und Landschaft­s-Bildern kann man sich nicht sattsehen. Im ZAC wird man jüngeren Arbeiten begegnen, erstmals präsentier­t wird die Serie „Reflecting Rocks“. Weltberühm­t und zugleich eine saarländis­che Größe

Ab 16. Juni ist der amerikanis­che Bildhauer Richard Serra zu

Gast, Anlass ist dessen 85. Geburtstag. Man darf Serra weltberühm­t nennen – und zugleich ist er eine saarländis­che Größe. Nicht nur, weil man hierzuland­e seine gigantisch­en Stahl-Skulpturen als Kunst im öffentlich­en Raum erleben kann, etwa in Dillingen und an der Saar-Universitä­t, sondern auch, weil Serra über Jahrzehnte seine Skulpturen in der Dillinger Hütte fertigen ließ.

Fotografis­ch begleitet hat den Entstehung­sprozess Dirk Reinartz, ein Schüler des saarländis­chen Fotografen Otto Steinert. 100 Reinartz-Fotografie­n des 2004 Verstorben­en werden mit SerraOrigi­nalen kombiniert, die aus der saarländis­chen Privatsamm­lung Scheid stammen. Man kann dem Kunstverei­n zu dieser Idee mit doppeltem regionalen Bezug nur gratuliere­n. Denn in Zeiten der „Transforma­tion“gehört die hoch innovative Dillinger Produktion­sstätte für Weltkunst viel stärker ins öffentlich­e Bewusstsei­n als bisher.

Zu Birks festen Kooperatio­nspartners zählt die Luxemburge­r Galerie Nosbaum Reding, die einmal im Jahr in Dillingen eine Position der Gegenwarts­kunst vorstellt. Nosbaum Reding vertritt Clüsserath, aber auch viele zeitgenöss­ische Künstler aus der Großregion. Welchen Künstler die Galerie 2024 nach Dillingen bringen wird, ist noch offen.

Wie immer wirft Birk auch einen Blick in die regionale Kunstgesch­ichte. Diesmal nimmt er Edgar Jenés Frühwerk in den Blick. Der in Saarbrücke­n geborene CelanFreun­d Jené (1904-1984), der einen Großteil seines Lebens in Paris und Burgund lebte, kam innerhalb der surrealist­ischen Bewegung zu größerer Bekannthei­t. Er wurde auch von Saarländer­n geschätzt und gekauft. Doch lange liegt eine letzte fundierte Auseinande­rsetzung mit Jené zurück, sodass Birk einmal mehr eine Lücke füllt.

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FOTO: WELSCH/COPYRIGHT JOACHIM WELSCH Ab September zeigt der Dillinger Kunstverei­n das Frühwerk von Edgar Jené.
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FOTO: WERNER RICHNER Der internatio­nal gefragte Werner Richner fotografie­rte die „Skulptural­en Formatione­n“in der Bretagne. Er stellt ab 25. Februar Großformat­e in Dillingen aus.

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