Dillingen macht in Sachen Kunst mobil
Der Dillinger Kunstverein setzt auch 2024 auf Themen und Künstler, die größere Museen im Land übersehen.
DILLINGEN Es liegt tatsächlich nur zwei Jahre zurück, dass der Kunstverein Dillingen erstmals im „Zentrum August Clüsserath“in der Dillinger Innenstadt ausstellte? Nach fünf erstaunlich ambitionierten Ausstellungsprojekten hat sich der Eindruck verfestigt, das Kunstverein-Programm sei nicht mehr wegzudenken aus dem saarländischen Ausstellungswesen. Seit je konzentriert sich der älteste Kunstverein des Saarlandes auf regionale Positionen, historische wie aktuelle, von Mane Hellenthal bis Leo Erb, von Julia Bauer bis Oskar Holweck, ausgestellt wurde zunächst im Rathaus, dann im Alten Schloss Dillingen. Doch jetzt hat man endlich angemessene Galerieräume und einen Vereinsvorsitzenden – Wolfgang Birk –, der sich kuratorisch einiges zutraut und seinem Publikum eben auch. Zuletzt bewies er das mit der Ausstellung „positionen nichtabbildender Kunst“(Esther Hagenmaier, Dirk Rausch, Sigurd Rompza, Claudia Vogel), mit einem Projekt also, das auch einem saarländischen Museum, wenn nicht sogar der Stiftung Kulturbesitz, gut angestanden hätte.
Nun hat der Verein sein Jahresprogramm 2024 veröffentlicht – und man staunt wieder nicht schlecht über Birks Ehrgeiz. „Clüsserath und Picasso“will er im November zeigen. Es ist die jährliche ClüsserathAusstellung, die mit dem Zentrum verabredet ist, das als Archiv für den Nachlass funktioniert und dem Verein die Galerie-Räume zur Verfügung stellt. Birk hat sich für diese Ausstellung die Püttlinger Galerie Michael Schwan an die Seite geholt, die Picasso-Werke im Angebot hat. Die Gegenüberstellung soll zeigen, wie stark der Saarländer Clüsserath (1899-1966) von Picasso und Matisse beeinflusst wurde. Man darf aber ebenso erwarten, dass in Dillingen klar wird, wie unabhängig und originell dieser Clüsserath blieb, der sich später dem Informel näherte, also alle klassischen Formund Kompositions-Prinzipien hinter sich ließ.
Das Jahr in Dillingen startet am 25. Februar mit einer Schau des international anerkannten Fotografen Werner Richner, der in den vergangenen Jahren auch im Saarland stärker präsent war, unter anderem hatte er eine große Ausstellung im Museum Ludwig in Saarlouis. Doch an Richners meist überwältigenden Natur- und Landschafts-Bildern kann man sich nicht sattsehen. Im ZAC wird man jüngeren Arbeiten begegnen, erstmals präsentiert wird die Serie „Reflecting Rocks“. Weltberühmt und zugleich eine saarländische Größe
Ab 16. Juni ist der amerikanische Bildhauer Richard Serra zu
Gast, Anlass ist dessen 85. Geburtstag. Man darf Serra weltberühmt nennen – und zugleich ist er eine saarländische Größe. Nicht nur, weil man hierzulande seine gigantischen Stahl-Skulpturen als Kunst im öffentlichen Raum erleben kann, etwa in Dillingen und an der Saar-Universität, sondern auch, weil Serra über Jahrzehnte seine Skulpturen in der Dillinger Hütte fertigen ließ.
Fotografisch begleitet hat den Entstehungsprozess Dirk Reinartz, ein Schüler des saarländischen Fotografen Otto Steinert. 100 Reinartz-Fotografien des 2004 Verstorbenen werden mit SerraOriginalen kombiniert, die aus der saarländischen Privatsammlung Scheid stammen. Man kann dem Kunstverein zu dieser Idee mit doppeltem regionalen Bezug nur gratulieren. Denn in Zeiten der „Transformation“gehört die hoch innovative Dillinger Produktionsstätte für Weltkunst viel stärker ins öffentliche Bewusstsein als bisher.
Zu Birks festen Kooperationspartners zählt die Luxemburger Galerie Nosbaum Reding, die einmal im Jahr in Dillingen eine Position der Gegenwartskunst vorstellt. Nosbaum Reding vertritt Clüsserath, aber auch viele zeitgenössische Künstler aus der Großregion. Welchen Künstler die Galerie 2024 nach Dillingen bringen wird, ist noch offen.
Wie immer wirft Birk auch einen Blick in die regionale Kunstgeschichte. Diesmal nimmt er Edgar Jenés Frühwerk in den Blick. Der in Saarbrücken geborene CelanFreund Jené (1904-1984), der einen Großteil seines Lebens in Paris und Burgund lebte, kam innerhalb der surrealistischen Bewegung zu größerer Bekanntheit. Er wurde auch von Saarländern geschätzt und gekauft. Doch lange liegt eine letzte fundierte Auseinandersetzung mit Jené zurück, sodass Birk einmal mehr eine Lücke füllt.