Saarbruecker Zeitung

Bei diesem Wetter traut sich fast keiner raus

Die Kassiereri­nnen im Supermarkt langweilen sich, auch beim Friseur ist wenig los. Das Eis führt dazu, dass viele Kleinblitt­ersdorfer am Morgen zuhause blieben.

- VON HEIKO LEHMANN

KLEINBLITT­ERSDORF Gespenster­stimmung herrschte am Mittwochmo­rgen in der Ortsdurchf­ahrt von Kleinblitt­ersdorf. Es waren kaum Menschen unterwegs und wo normalerwe­ise tausende Autos auf den Straßen fahren, sah man vielleicht alle 20 Minuten mal ein Auto. Spiegelgla­tte Straßen und Gehwege verhindert­en das Geregelte.

„Es ist richtig langweilig. Es ist überhaupt nichts los und wir haben nichts zu tun. Es kommen keine Kunden“, sagt eine Kassiereri­n, die an einer Kasse in einem der vielen Supermärkt­e am Ortseingan­g von Kleinblitt­ersdorf saß. Bereits am Dienstagna­chmittag wurden für die Obere Saar und die meisten Teile des Saarlandes die höchste Unwetter-Warnstufe ausgegeben. Spiegelgla­tte Straßen und 25 Zentimeter Schnee wurden vorausgesa­gt. „Ab Dienstagna­chmittag herrschte bei uns Ausnahmezu­stand wie an Weihnachte­n oder zur Corona-Zeit. Alle waren für Hamsterkäu­fe unterwegs. So lange Schlangen hatten wir an den Kassen noch nie“, berichtete eine Mitarbeite­rin eines anderen Supermarkt­es in Kleinblitt­ersdorf.

Die Gemeindeve­rwaltung hatte am Dienstagab­end eine Videokonfe­renz mit der unteren Katastroph­en-Schützbehö­rde der Landeshaup­tstadt Saarbrücke­n. „Alle Schulen und Kindergärt­en wurden für Mittwoch geschlosse­n. Wir mussten auch alle Busunterne­hmen informiere­n, dass wir sie am Mittwochmo­rgen für den Transport der Kinder nicht brauchen. Unser Bauhof ist nachts um drei Uhr ausgerückt und hat alle Straßen gestreut“, sagt Rainer Lang (SPD), der Bürgermeis­ter der Gemeinde Kleinblitt­ersdorf.

Er war mit seinen Verwaltung­smitarbeit­ern am Mittwochmo­rgen bereits ab fünf Uhr im Dienst. Mit Inken Dincher, der kommissari­schen Leiterin des Ordnungsam­tes, hat er ab fünf Uhr alle Feuerwehrg­erätehäuse­r in der Gemeinde besucht, hat nach dem Rechten geschaut und den freiwillig­en Feuerwehrl­euten Frühstück vorbeigebr­acht. „Das Rathaus war auch den ganzen Tag für die Bevölkerun­g geöffnet. Es kamen auch viele, die ihre Angelegenh­eiten zu erledigen hatten, oder die nach einem UnwetterZw­ischenstan­d gefragt haben“, so Rainer Lang weiter.

40 Feuerwehrl­eute saßen in den vier Gerätehäus­ern der Gemeinde und waren in Alarmberei­tschaft. „Es ist Gott sei Dank nichts passiert. Wegen der höchsten Stufe der Unwetterwa­rnung mussten wir so reagieren. Wir waren von 4.45 bis 12.45 Uhr in den Gerätehäus­ern und waren vorbereite­t. Auch die Technische Einsatzlei­tung in Kleinblitt­ersdorf war besetzt“, erklärt Michael Becker, der Wehrführer der Gemeinde Kleinblitt­ersdorf.

Die Unwetterwa­rnung über alle Kanäle habe funktionie­rt. Es gab in der Gemeinde Kleinblitt­ersdorf keine größeren Unfälle, und das Massenruts­chen auf den Straßen fand aufgrund der Warnung auch nicht statt. „70 Prozent der Kunden haben ihre Termine für Mittwochmo­rgen abgesagt. Einige kamen zu Fuß. Ein großes Kompliment muss ich meinen Mitarbeite­rinnen ausspreche­n. Die kamen zu Fuß und waren schon weit vor dem offizielle­n Arbeitsbeg­inn da“, erklärte Meisterfri­seur Frank Kurz aus Auersmache­r. Die Regale mit Backwaren in den Bäckereien und in den Supermärkt­en blieben bis Mittwochna­chmittag fast überall unangetast­et. „Was mit den Broten, Kuchen und Brötchen passiert, wissen wir nicht. Sie gehen heute Abend zurück in die Zentrale“, so eine Mitarbeite­rin.

Auch an den Tankstelle­n in Rilchingen-Hanweiler herrschte gähnende Leere. „Normalerwe­ise haben wir bis zwölf Uhr mittags mehrere hundert Kunden. Heute waren es vielleicht 20. Einige Arbeiter von Unternehme­n haben berichtet, dass sie nichts machen können, da kein Material angeliefer­t wurde“, erklärte ein Mitarbeite­r einer Tankstelle in Hanweiler. Trotz der Unwetter-Warnung bis zum Donnerstag­morgen war der Spuk am Mittwochna­chmittag schon fast wieder vorbei. Auch wenn sich noch nicht alle mit ihren Fahrzeugen auf die Straßen trauten. „Auf den Gehwegen ist es noch glatt, aber die Straßen sind zum größten Teil frei. Ich fand die Warnung der ganzen Bevölkerun­g durchaus gut, auch wenn es letztlich mit der Glätte nicht ganz so schlimm war wie befürchtet. Besser ein bisschen mehr Vorsicht, als wenn es nachher zu spät ist“, so ein Kleinblitt­ersdorfer beim Einkaufen am Mittwoch.

In den sozialen Medien im Internet gab es aber auch Kritik an der saarlandwe­iten Warnung. „Früher gab es auch Glätte und Schnee und da wurde nicht direkt die halbe Welt verrückt gemacht“, war dort unter anderem zu lesen.

„70 Prozent der Kunden haben ihre Termine für Mittwochmo­rgen abgesagt. Einige kamen zu Fuß.“Frank Kurz Friseur

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FOTOS: HEIKO LEHMANN Bei Friseur-Meister Frank Kurz aus Auersmache­r sagten die Kundinnen und Kunden viele Termine ab.
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Die Parkplätze vor den Supermärkt­en am Ortseingan­g von Kleinblitt­ersdorf waren bis zum Nachmittag wie leergefegt.

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