Wir alle müssen uns umstellen!
Der Geschäftsführer der Saarländischen Krankenhausgesellschaft warnt: Die Art der Gesundheitsversorgung, die wir seit Jahrzehnten gewohnt sind, kann so nicht aufrechterhalten werden.
Zurzeit herrscht wieder Hochbetrieb in den Praxen der Hausärzte und in den Krankenhäusern: Es ist Grippesaison, und Corona macht sich wieder verstärkt bemerkbar, auch Ärzte, Pflegekräfte und Medizinische Fachangestellte fallen momentan häufiger als sonst krankheitsbedingt aus. Kein Wunder also, dass sich die Klagen und Beschwerden der Patienten häufen.
Dabei arbeiten die, die nicht krank sind, in den Krankenhäusern und Arztpraxen bis zum Anschlag oder sogar darüber hinaus. Aber alle spüren in diesen Tagen: Es fehlt an medizinischem Personal, darum ist die Warteschlange so lang und die Luft in den Wartezimmern so schlecht.
Diejenigen, die sich Tag für Tag im Krankenhaus oder in der Arztpraxis abrackern und ihr Bestes geben, sind nicht schuld am Zustand des Gesundheitssystems. Doch sie bekommen den Ärger, den Frust und immer öfter auch die Wut ab: wenn es nicht schnell genug geht, wenn die Ärzte oder ihre Mitarbeitenden nicht dem Wunsch oder der Erwartung der Patienten entsprechen.
Über den demographischen Wandel lesen wir seit Jahren in dieser Zeitung. Dass die Zahl der jungen Menschen immer mehr abnimmt, die der älteren aber dafür immer mehr steigt, haben wir verstanden. Dass die sogenannten Babyboomer jetzt in großer Zahl ins Rentenalter kommen (in den Krankenhäusern gehen in den nächsten drei Jahren mehr als 25 Prozent der Beschäftigten in Rente), ist eine unangenehme Folge dieser Tatsache. Dass die Zahl der Studierenden und der Auszubildenden in allen Berufszweigen drastisch sinkt und folglich auch die Zahl der Absolventen, heißt im Klartext: Immer weniger medizinisches Fachpersonal muss mehr Menschen mit allerlei Erkrankungen und Gebrechen behandeln. Das wird keine kurzfristige Episode sein, es wird ein Dauerzustand werden.
Die Folge ist recht klar: Die Art der Gesundheitsversorgung, die wir über Jahrzehnte gewohnt waren, ist am Ende. Es kann nicht mehr so weitergehen wie bisher. Darum müssen wir uns alle umstellen, unsere Erwartungen zurückschrauben. Wir können es uns schlicht nicht mehr leisten, medizinische Versorgung nach dem Wünsch-dir-was-Prinzip anzubieten. Das bedeutet: Die Notaufnahme ist künftig nur noch für echte medizinische Notfälle da. Viele Behandlungen, die bisher mit einem mehrtägigen Krankenhausaufenthalt verbunden waren, können und müssen künftig ambulant durchgeführt werden – sei es in den Räumen und mit medizinischem Personal des Krankenhauses oder in einer Arztpraxis.
Auch die Politik ist gefragt, die Weichen richtig zu stellen: Die überbordende Bürokratie bindet schon seit langem viel zu viel ärztliche und pflegerische Arbeitszeit. Es können nicht jedes Jahr neue, zusätzliche Regelungen eingeführt werden, die zusätzliche Kosten verursachen, die aber nicht erstattet werden. Wir können uns die doppelte Facharztschiene, eine im Krankenhaus und eine in den Arztpraxen, auf Dauer nicht mehr leisten; hier müssen viel mehr Kooperationen vereinbart und auch tatsächlich gelebt werden. Und auch die Versorgungsplanung muss viel mehr als heute aufeinander abgestimmt werden, damit Krankenhäuser und niedergelassene Ärzte gemeinsam ein gutes medizinisches Versorgungsangebot in einer Region gewährleisten können.