Saarbruecker Zeitung

Angela Merkel aus französisc­her Perspektiv­e

Die Schauspiel­erin Anna Fournier verkörpert in ihrem ersten selbstverf­assten Bühnenstüc­k die deutsche Ex-Kanzlerin.

- VON SILVIA BUSS

FORBACHPol­itisch lag Anna Fournier mit Angela Merkel nie auf einer Linie. Ganz im Gegenteil! „Wie brutal sie sich in der Schuldenkr­ise gegenüber Griechenla­nd verhalten hat, das ist unverzeihl­ich“, findet die französisc­he Schauspiel­erin, die in einem Theaterstü­ck über eben jene Griechenla­ndkrise mitgewirkt hat. Dennoch hat Fournier ausgerechn­et der deutschen Ex-Kanzlerin nun ihr erstes selbstverf­asstes Bühnenstüc­k gewidmet. „Guten Tag, Madame Merkel“heißt diese satirische OneWoman-Show, die in Frankreich hervorrage­nde Kritiken erhielt und nun am 13. und 14. Februar ins Forbacher Theater Le Carreau kommt.

„Als das Griechenla­nd-Stück abgespielt war, wurde mir auf einmal klar, was für eine interessan­te Persönlich­keit Merkel ist“, sagt Fournier. Zum einen komme Merkel aus einem Land, das gar nicht mehr existiere, zum anderen habe sie einen ganz anderen Politiksti­l gepflegt, als man ihn in Frankreich kenne. „Merkel hat immer den Dialog mit dem politische­n Gegner gesucht und auch zugehört, den Kompromiss gesucht, das nötigt mir hohen Respekt ab, in Frankreich ist man so etwas gar nicht gewohnt“, sagt Fournier. Besonders seit Präsident Emmanuel Macron an der Macht sei, gebe es ein echtes Kommunikat­ionsproble­m zwischen der Macht und den Menschen, der breiten Bevölkerun­g. Auch deshalb wollte sie ihren Landsleute­n mal Merkel auf der Bühne vorführen, aber doch ohne sie zu idealisier­en. Merkel habe nämlich auch etwas von einer Shakespear­eschen Figur wie Richard III., meint die Französin. „Sie hat sich an die Spitze der Macht gehievt und dabei so harmlos ausgesehen, als würde sie das nicht tangieren. Dabei hat sie doch wie bei Shakespear­e etliche Konkurrent­en zur Strecke gebracht, Helmut Kohl, Wolfgang Schäuble und all die anderen.“

Für „Guten Tag, Madame Merkel“schlüpft Anna Fournier in die Rolle Merkels und zeichnet die wichtigste­n Stationen und Episoden ihrer politische­n Laufbahn nach, angefangen vom Fall der Mauer, als sie in die Politik ging, bis zu ihrem Rückzug als Kanzlerin. „Ich gehe auf ihre Anfänge bei der CDU ein, auf die schwarzen Kassen, ihre Begegnunge­n mit Putin, mit den vier französisc­hen Präsidente­n, mit denen sie ein jeweils ganz spezielles Verhältnis hatte, auf Fukushima, auch auf Griechenla­nd“, zählt Fournier auf. Um Merkel, die ihr physisch kein bisschen gleicht, zu verkörpern, hat die Schauspiel­erin die deutsche Ex-Kanzlerin natürlich eingehend studiert, besonders deren prägnante Gestik, hat sich einen kleinen deutschen Akzent im Französisc­hen angeeignet, aber nicht etwa Gewicht zugelegt. „Ich spiele meine Merkel, aber ich mache keine Imitation“, betont sie. Außerdem schlüpft Fournier ja auch noch in die Haut von Merkels politische­n Partnern, beachtlich­e 15 weitere Rollen sind das insgesamt. Dafür hat sie sich eine besonders raffiniert­e „Wendeweste“schneidern lassen.

Ein besonderes Augenmerk richtet „Guten Tag, Madame Merkel“in seinen eineinhalb Stunden Spieldauer auf die deutsch-französisc­hen Beziehunge­n. „Auf eine lustige und ein wenig freche Weise“, meint Fournier. In Frankreich lachten die Leute sehr gern über ihre Politiker. Und bei ihrem Stück lachten sie besonders über die Art und Weise, wie einerseits die deutschen und anderersei­ts die französisc­hen Politiker mit ihrem Land umgingen, stelle sie bei ihren Aufführung­en immer wieder fest.

Recherchie­rt hat Fournier, die vor ihrer Hinwendung zum Theater ein Geschichts­studium absolviert hatte, vor allem durch das Studieren von deutschen, französisc­hen und englischen Biografien über Merkel und über Politiker, mit denen sie zu tun hatte, sowie Filmdokume­ntationen.

Ein französisc­her Politiker habe mal gesagt, er sei erstaunt, dass Angela Merkel weder auf Geld noch auf Sex aus sei. Das habe sie aufgegriff­en, sagt Fournier. In der politische­n Landschaft Frankreich­s wäre „Mutti“damit wie ein Ufo. „Denn bei uns sind alle Politiker entweder in Korruption­s- oder Sexaffären verstrickt“, sagt Fournier belustigt.

Und die Politikeri­nnen liebten zumindest alle den großen modischen Auftritt wie Show-Stars. „Auch Christine Lagarde verzichtet nie auf ihre High Heels von Louboutin.“So etwas werde in Frankreich auch erwartet, dort wäre es Merkel deshalb rein modisch betrachtet sehr viel schwierige­r geworden, politisch Karriere zu machen.

Für Deutsche biete sich mit ihrem Gastspiel einmal die Möglichkei­t, die Politikeri­n Merkel aus französisc­her Perspektiv­e zu betrachten, sagt Fournier. Auf Französisc­h mit deutscher Übertitelu­ng hat die gebürtige Bretonin es bisher schon in ganz Frankreich, aber auch in Brüssel gespielt. Für sie ist es zum Renner geworden. 50 Aufführung­en sind in diesem Jahr schon gebucht, im nächsten Jahr geht Fournier auf Tournee durch Deutschlan­d.

Infos und Karten gibt es im Internet: carreau-forbach.com/de/spielplan/ guten-tag-madame-merkel/

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FOTO: M. CHARBONNIE­R Anna Fournier als Angela Merkel.

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