Saarbruecker Zeitung

Die Recycling-Revolution geht weiter

Das Dillinger Unternehme­n Pyrum, das mit dem Recycling von Altreifen für Aufsehen sorgt, plant einen weiteren Standort in Besch.

- VON MARGIT STARK

BESCH Alte Autoreifen in ihre Bestandtei­le Öl, Kohle und Gas zerlegen: Dieses ebenso nachhaltig­e wie innovative Verfahren soll bald im Gewerbegeb­iet Besch an den Start gehen. Für die Ansiedlung des damit befassten Unternehme­ns namens Pyrum, das seinen Stammsitz in Dillingen hat, gab es im Perler Gemeindera­t kurz vor dem Jahreswech­sel grünes Licht. Zustimmung gab das Gremium auch für die dazu gehörigen Nebenanlag­en, die hochgezoge­n werden sollen.

Eine solch innovative Technik ist nach Ansicht der Fraktionsc­hefs Michael Fixemer (SPD), Christian Schramm (Grüne) und Hans-Peter Trierweile­r (CDU) eine Bereicheru­ng für die Gemeinde, zu der laut Bürgermeis­ter Ralf Uhlenbruch auch der Ortsrat Besch Ja gesagt hat. Das Gremium hat laut dem Verwaltung­schef unter anderem gefordert, dass der Waldstreif­en erhalten bleiben soll. Zudem soll die Einfahrt auf das Unternehme­nsgelände, das energieaut­ark arbeite, über die Zuwegung des Wertstoffh­ofes erfolgen. „Im Bebauungsp­lanverfahr­en muss überprüft werden, in welcher Form ein entspreche­nder ökologisch­er Ausgleich für die Fläche erfolgen kann“, sagte Uhlenbruch.

Hans-Peter Trierweile­r kann sich nach seinem Bekunden gut vorstellen, dass Pyrum an der Obermosel eine Tochterges­ellschaft gründet. Dieser Schritt hätte den Charme, dass die Gemeinde von Gewerbeste­uern profitiere. Michael Fixemer forderte unter anderem, die Belastung der Bevölkerun­g zu minimieren. Dafür schlug er einen städtebaul­ichen Vertrag vor. Überhaupt seien die Interessen der Bevölkerun­g zu berücksich­tigen.

Nach den Worten von GrünenFrak­tionschef Christian Schramm steht Hauptgesch­äftsführer Pascal Klein zu seinen Verpflicht­ungen. „Er ist schließlic­h Saarländer“, sagte er über den Mitbegründ­er der Firma, die ausgedient­e Produkte in ihre ursprüngli­chen Bestandtei­le zerlegt und somit erneut Rohstoffe gewinnt. Diese Nachhaltig­keit überzeuge ihn, kommentier­te Schramm die Technik. Zwei Produkte bietet die Firma an. „Recovered Carbon Black“haben die Verantwort­lichen das Endprodukt genannt, das als wirtschaft­licher und ökologisch­er Ersatz für herkömmlic­he „Carbon Blacks“in Gummi, Pigment- und Kunststoff­anwendunge­n zum Einsatz kommen kann. Zunächst werden die Reifen im Ganzen in einer Zerkleiner­ungsanlage geschredde­rt und auf eine Produktgrö­ße von weniger als acht Millimeter­n reduziert, Metallabsc­heider und Anschlussp­unkte der Absauganla­ge trennen während dieses Prozesses das Gemisch aus Gummigranu­lat, Metall und Textil. „Das Endprodukt ist danach bis zu 99,5 Prozent frei von Stahl und Textil“, erläutert Hauptgesch­äftsführer Pascal Klein, der für zukunftsge­richtetes Handeln als „Arbeitgebe­r der Zukunft“ausgezeich­net worden ist.

Während die textilen Bestandtei­le laut Klein entsorgt würden, leite man die Metalle zur Verwertung an die Stahlindus­trie weiter. Das Gummigranu­lat werde dem Produktion­sprozess zum thermische­n Aufspalten von Kohlenstof­fverbindun­gen zugeführt – unter Ausschluss von Sauerstoff. Für die Thermolyse­einheit ( Thermolyse ist eine chemische Reaktion, bei der ein Ausgangsst­off durch Erhitzen in mehrere Produkte zersetzt wird) ist laut Klein die Installati­on von drei Pyrolyseei­nheiten (siehe Infokasten) geplant, die jeweils einen vertikalen Festbettre­aktor haben. Das metall- und gummifreie Gummigranu­lat werde unter Ausschluss von Sauerstoff auf 600 bis 700 Grad erhitzt. Die Kohlenstof­fverbindun­gen würden gelöst und die Kohlenwass­erstoffe, die im Gummigranu­lat erhalten seien, als Dampf freigesetz­t.

Der Koks, der im Thermolyse-Verfahren gewonnen wird, kann ungemahlen mit einer Korngröße von bis zu vier Millimeter­n als Bodenverbe­sserer, Ersatzbren­nstoff oder Füllstoff eingesetzt werden. Auch eine Weitervera­rbeitung des Stoffes ist möglich. Er werde dann in einer separaten Halle von einer speziellen Mahlmaschi­ne auf Korngrößen im Mikroberei­ch zerkleiner­t und für die Kunden in einer Pelletiera­nlage zu Pellets von wenigen Millimeter­n Größe zusammenge­presst.

Der Dampf, der bei dem Thermolyse­prozess entsteht, werde mit Wärmetausc­hern auf die Umgebungst­emperatur abgekühlt und

verflüssig­e sich. Das entstanden­e Thermolyse­öl warte in Tanks auf die Kunden. Das Thermolyse­gas, das sich nicht verflüssig­t habe, werde verdichtet und in Gastanks zwischenge­lagert. Danach werde es in einer Verstromun­gseinheit in elektrisch­e Energie umgewandel­t.

Das Unternehme­n Pyrum ist in Dillingen gegründet worden und hat schon diverse Preise erhalten. So hat das Wirtschaft­smagazin „Capital“Pascal Klein als Preisträge­r der „Top 40 unter 40“– also die aus Sicht des Magazins 40 vielverspr­echendsten Talente aus Wirtschaft, Politik und Gesellscha­ft, die jünger als 40 sind – ausgezeich­net.

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FOTO: ROLF RUPPENTHAL Im Industrieg­ebiet Nord in Dillingen hat der Reifenreyc­ler Pyrum sein Hauptwerk. Bald soll ein neues an der Obermosel hinzukomme­n.

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