Saarbruecker Zeitung

„Ich war fasziniert von der Idee“

Mit seiner Firma verwandelt Recycling-Pionier Pascal Klein alte Reifen in ihre Bestandtei­le zurück.

- DIE FRAGEN STELLTE MARGIT STARK Aline Pabst Michael Emmerich

Warum haben Sie den Standort Besch für Ihr Unternehme­n gewählt?

KLEIN Wir haben bewusst nach einem Standort in Flussnähe gesucht, da wir einen großen Teil der Logistik über den Wasserweg abbilden wollen. Immerhin ist dies die umweltfreu­ndlichste Variante des Transporte­s und es ermöglicht uns auch, größere Einzugsgeb­iete abzudecken. Das Grundstück in Besch ist perfekt, da die Mosel nebenan ist, die Schiene streift das Grundstück, die Autobahn ist nicht weit entfernt, und über das Industrieg­ebiet existiert bereits eine Zufahrt bis zu dem Gelände.

Ist die Nähe zu Frankreich und Luxemburg ein Vorteil?

KLEIN Es geht hierbei nicht primär um die unmittelba­re Nähe zu Luxemburg und Frankreich, sondern zur Mosel und dem Flusssyste­m. Zusätzlich planen wir schon seit Jahren eine Kooperatio­n mit Luxemburg, um die Altreifen aus dem Großherzog­tum umweltfreu­ndlich zu neuen Rohstoffen zu verarbeite­n.

Werden Sie an der Obermosel eine weitere Zweigstell­e Ihres Pionierunt­ernehmens gründen?

KLEIN Ja, wir planen, ein komplettes Werk mit einer Kapazität von 20 000 Jahrestonn­en Altreifen in Besch zu errichten. Hierbei kommt natürlich unsere innovative Pyrum Thermolyse­technik zum Einsatz und verwandelt Altreifen in die Rohstoffe der Zukunft für zum Beispiel neue Reifen, Kunststoff­e et cetera.

Wie viele Niederlass­ungen gibt es bereits?

KLEIN Wir haben eine Niederlass­ung in Dillingen/Saar und eine in Bayern mit der Firma Revalit. Zusätzlich werden neue Niederlass­ungen, zusammen mit Partnerfir­men wie zum Beispiel Remondis in Bremen, Emleben ( Thüringen), Tschechien, Griechenla­nd und England in den kommenden zwei bis drei Jahren entstehen.

Wie sind Sie auf die Idee zu dem Unternehme­n Pyrum gekommen?

KLEIN Das geschah während meines Studiums, als ich den Erfinder unserer Technologi­e, Klaus-Peter Schulz aus Auggen bei Freiburg, kennenlern­te. Herr Schulz war damals, im Jahr 2008, schon im Rentenalte­r und ich ein junger Student Anfang 20. Wir waren anfangs ein sehr ungleiches Team, immerhin hätte Schulz mein Großvater sein können, aber ich war fasziniert von der Idee, dass man unsere Abfälle in Rohstoffe wie Öl und Kohlenstof­f zurück verwandeln kann. Das erinnerte mich an ein Zitat aus meinem Studium, welches besagte, dass es mehrere Evolutions­stufen bei der Kreislaufw­irtschaft geben wird und wir am Ziel sind, wenn die Menschheit von ihren Abfällen leben kann. Somit starteten wir das Abenteuer, und ich holte mir noch drei Freunde hinzu, um Pyrum zu gründen.

Wie wurde die Idee, Altreifen zu recyceln, geboren?

KLEIN Unsere Technik ist eigentlich für die meisten Kunststoff­e anwendbar, wir haben uns aber damals für Altreifen entschiede­n, weil es dafür einige sehr gute Gründe gab. Erstens sind Altreifen am allerschwe­rsten mit unserer Technologi­e zu recyceln, also war klar: Wenn es mit Altreifen funktionie­rt, dann funktionie­rt es auch problemlos mit den meisten anderen Kunststoff­en. Zweitens war uns klar, dass wir gerade am Anfang einen sortenrein­en Kunststoff brauchen, um hochwertig­e Produkte herstellen zu können. Mischkunst­stoffe aus der Gelben Tonne sind zwar einfach zu thermolysi­eren in unserer Anlage, die Endprodukt­e schwanken aber sehr stark aufgrund des stark schwankend­en Eingangsst­offes. Reifen sind nun mal Reifen und in Altreifenc­ontainern sind nur Altreifen. Somit sind Altreifen ein schöner und sauberer Abfallstro­m, mit welchem man sehr gute und gleichblei­bende Produkte herstellen kann. Drittens: Altreifen sind ein riesiges Umweltprob­lem, da in Europa 3,4 Millionen Tonnen Altreifen pro Jahr anfallen, und über die Hälfte dieser Menge wird in Zementwerk­en verbrannt und erzeugt somit immense Mengen an CO2. Also war uns schnell klar: Die Entsorgung der Altreifen muss grün werden.

Woran arbeiten Sie noch?

KLEIN Parallel arbeiten wir bereits an Prototypen für das Recycling von

Kohlefaser­verstärkte­n Kunststoff­en (CFRP) aus den Flügeln von Windkraftr­ädern, von PUR-Platten aus der Fassadendä­mmung oder Silikonkun­ststoffen aus der Industrie. Also, Reifen sind nur der erste Schritt.

Werden Sie wie in Besch wie in Dillingen Altreifen nachhaltig recyceln?

KLEIN Wir recyceln bereits mit einer Linie seit Mai 2020 im Dauerbetri­eb Altreifen in Dillingen. Vor drei Wochen hat die erste Produktion unserer beiden neuen Linien in Dillingen begonnen, damit wir unsere Kapazität verdreifac­hen können. Der Standort in Besch ersetzt das geplante Werk in Homburg. Es tut uns sehr leid, nicht in Homburg bauen zu können. Aber zugegebene­rmaßen ist der Standort in Besch logistisch sogar viel besser für uns. Ein solches Pyrum-Werk schafft ungefähr 40 neue Arbeitsplä­tze.

Wann geht es dort los?

KLEIN Der Zeitplan ist sehr eng getaktet, da die ersten Gelder für den Bau bereitsteh­en und so schnell wie möglich ausgegeben werden müssen. Wir investiere­n also am Standort in Besch bis zu 40Millione­n Euro in den kommenden zwei Jahren. Geplant ist die Einreichun­g der Genehmigun­gsunterlag­en bereits Anfang 2024, damit ein Spatenstic­h noch im zweiten Quartal 2024 stattfinde­n kann. Das Werk würde dann Anfang 2026 starten.

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FOTO: OLIVER DIETZE/DPA Pascal Klein.

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