Auf dem Betze geht die Abstiegsangst um
Fußball-Zweitligist 1. FC Kaiserslautern ist zum Jahres-Auftakt beim Spitzenteam FC St. Pauli gleich mächtig gefordert.
KAISERSLAUTERN (dpa) Die fünf Neuzugänge in der Winterpause als Panik-Einkäufe zu bezeichnen, wäre sicher etwas übertrieben – und doch ist der Aktionismus ein deutliches Zeichen: Beim 1. FC Kaiserslautern geht vor dem Zweitliga-Start an diesem Samstag (13 Uhr/Sky) beim FC St. Pauli die Abstiegsangst um. „Wenn wir uns hier in die Tasche lügen und uns freuen, dass wir auf Platz 15 stehen – das kann ja auch nicht der Anspruch von uns sein. Wir brauchen mehr Zug innerhalb der Truppe“, sagte Geschäftsführer Thomas Hengen schon im Trainingslager der Pfälzer in Belek/Türkei. „Es wird eine harte Rückrunde, es geht Schlag auf Schlag. Da müssen wir gewappnet sein.“
Vor der Winterpause hatte der FCK, den nur ein Punkt auf den Relegationsplatz mit Hansa Rostock trennt, sechs Niederlagen in Folge kassiert. Der in vielen Belangen miserable Auftritt der Fußballprofis beim 1:2 beim direkten Konkurrenten Eintracht Braunschweig kurz vor Weihnachten hat die Sinne der Verantwortlichen nochmals geschärft. Die anschließende Analyse ergab, dass man mehr Konkurrenz erzeugen müsse.
Für viel Gesprächsstoff sorgte aber vor allem ein Abgang: Der FCK gab Publikumsliebling Terrence Boyd ausgerechnet zum Erzrivalen SV Waldhof Mannheim ab. Der 32-jährige Deutsch-Amerikaner, der in der vergangenen Saison mit 13 Treffern noch maßgeblichen Anteil am Klassenverbleib hatte, verabschiedete sich nach tagelangem Transferpoker zum Drittligisten. Der Wechsel spaltete natürlich die
Lauterer Fangemeinde: Die einen wünschten Boyd, der aus familiären Gründen in der Rhein-Neckar-Region bleiben wollte, alles Gute für die Zukunft. Die anderen verdammten ihn für den Wechsel.
Hengen und der seit Anfang Dezember 2023 als Nachfolger von Dirk Schuster im Traineramt agierende Dimitrios Grammozis hatten seit dem Jahreswechsel nicht nur die Baustelle Boyd zu bearbeiten. Gleich fünf Neuzugänge sollen den Krisenclub nun wieder in sichereres Fahrwasser verhelfen. Beim Bundesliga-Schlusslicht SV Darmstadt 98 bediente sich der viermalige deutsche Meister gleich zweimal: Im Angriff soll der ausgeliehene
Filip Stojilkovic in der Rückrunde für die nötigen Tore sorgen, der fest verpflichtete Frank Ronstadt die Außenbahn beleben. Mit Dickson
Abiama von Greuther Fürth kam ein weiterer Offensivspieler. Ebenfalls für die vordere Reihe wurde der
Ex-Elversberger Ba-Muaka Simakala von Holstein Kiel ausgeliehen. Der bislang letzte Neuzugang ist Mittelfeldspieler Filip Kaloc von Banik Ostrava aus Tschechien.
Die Transferpolitik des 49 Jahre alten Hengen wirkt auf den ersten Blick undurchsichtig, denn in der Hinrunde drückte vor allem in der Defensive der Schuh. Mit 36 Gegentoren stellt der FCK die zweitschwächste Abwehr der Liga. Auch deshalb plant Trainer Grammozis eine Systemumstellung auf eine Viererkette. Zudem ist weiteres neues Personal bis zur Schließung des Transferfensters am 1. Februar nicht ausgeschlossen. Weil neben Boyd bisher nur Lex-Tyger Lobinger (zum
VfL Osnabrück) ging und der Kader mit 31 Profis groß ist, könnten noch andere Spieler den FCK verlassen.
„Bis Ende Januar kann noch viel passieren. Ich denke schon, dass die eine oder andere Veränderung noch kommen wird – egal, in welche Richtung“, sagt Hengen. Auf die Unterstützung seiner Fans kann Lautern im Abstiegskampf weiter zählen. Zum Spiel beim FC St. Pauli am Samstag begleiten die Roten Teufel rund 3000 Anhänger nach Hamburg. Die folgende Heimpartie gegen den FC Schalke 04 (26. Januar) ist schon seit Wochen ausverkauft. Und zum DFB-Pokal-Viertelfinale bei Hertha BSC (31. Januar) werden mehr als 10 000 Anhänger mitreisen.
„Wenn wir uns hier in die Tasche lügen und uns freuen, dass wir auf Platz 15 stehen – das kann ja auch nicht der Anspruch von uns sein.“Thomas Hengen Geschäftsführer des 1. FC Kaiserslautern