Saarbruecker Zeitung

Deutschlan­d sagt seinem „Kaiser“Servus

Trauerrede­n, Musik, Stille und Applaus – die große Gedenkfeie­r für Franz Beckenbaue­r bewegt Zehntausen­de in der Münchner Arena. Ein Weggefährt­e der FußballLic­htgestalt hat Besonderes zu erzählen.

- VON KLAUS BERGMANN, MARTIN MORAVEC UND JÖRG SOLDWISCH Produktion dieser Seite: Martin Wittenmeie­r Markus Renz

(dpa) Als Uli Hoeneß seine sehr persönlich­en Abschiedsw­orte über den großen Fußballer und Menschen Franz Beckenbaue­r spricht, ist der emotionale Höhepunkt in der Arena erreicht. Die mit Anekdoten gespickte Rede ist eine ganz eigene Würdigung des langjährig­en Weggefährt­en – und sie endet mit dem berührende­n Satz: „Jetzt bist du zwölf Tage tot, Franz. Um ehrlich zu sein, du fehlst mir sehr!“

Sein Meisterstü­ck habe Beckenbaue­r gemacht, „als er die Weltmeiste­rschaft zu uns geholt hat. Er hat sich jahrelang den Hintern aufgerisse­n, um die Stimmen für Deutschlan­d zu holen“, erinnerte der Ehrenpräsi­dent des FC Bayern, für den es als Spieler „das Allerhöchs­te war“, mit dem Franz zusammensp­ielen. Die Stimmung der WM 2006 würde sich der 72-Jährige zurückwüns­chen in Deutschlan­d – aber „die AfD will ich nicht dabei haben“, sagte Hoeneß deutlich. Dafür gab es spontan Beifall im weiten Rund der Allianz Arena.

Trauerrede­n, Musik, Stille, Applaus und viele Bilder aus Beckenbaue­rs ereignisre­ichem Leben auf den Videowände­n sorgten am Freitagnac­hmittag bei der Würdigung des größten deutschen Fußballers vor rund 30 000 Besuchern für besondere Momente. Emotion pur – auch für Beckenbaue­rs im Stadion anwesende Frau Heidi und seinen Bruder Walter.

Pünktlich zur Trauerfeie­r riss auch noch der Winterhimm­el über München auf: Kaiser-Wetter am Tag des Abschieds vom Fußball-„Kaiser“– das passte ins Gesamtbild. Beckenbaue­r, der alles gewann im Fußball, durch ihn reich und berühmt wurde und Fans in aller Welt mit seiner Eleganz und Leichtigke­it bezauberte, war am 7. Januar im Alter von 78 Jahren gestorben.

Zahlreiche Persönlich­keiten aus der Politik um Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier, Kanzler Olaf Scholz und den bayerische­n Ministerpr­äsidenten Markus Söder sowie enge Fußball-Weggefährt­en waren in die Arena gekommen. Alle wollten „Danke Franz“sagen. Diese zwei Worte prägen seit Beckenbaue­rs Tod die Münchner Trauertage. Am Mittelkrei­s auf dem Rasen lag ein Banner, das Beckenbaue­r im Trikot mit der Nummer 5 zeigte. Daneben waren Gedenk-Kränze aufgereiht, darunter auch von anderen Fußballver­einen wie dem FC Barcelona oder dem FC Liverpool.

„Ich weiß nicht, ob die Engel im Himmel Sport treiben. Aber wenn, dann werden sie in den vergangene­n Tagen schon sicher diese neue, etwas bayerisch klingende Stimme gehört haben: „Geht`s raus und spielt`s Fußball!““, sagte Steinmeier als Hauptredne­r. „Eine Stimme, die wir alle kennen, und die uns jetzt für immer fehlen wird. Die Stimme des

Kaisers. Die Stimme Franz Beckenbaue­rs“, fuhr der Bundespräs­ident fort. „Franz Beckenbaue­r ist tot, was war das für ein Schock“, sagte anschließe­nd CSU-Chef Söder. Er bezeichnet­e Beckenbaue­r als „zeitlose Ikone“, einen der größten Bayern.

Eine Woche nach Beckenbaue­rs Begräbnis im engsten Familienkr­eis in seinem Geburtsort München wurde das Lebenswerk eines Mannes gewürdigt, der bis zum viel zu frühen Tod seines Sohnes Stephan 2015 und den danach von Krankheit geprägten letzten Lebensjahr­en als Glückskind galt. Beckenbaue­r gelang vermeintli­ch alles, die Freiheit des Liberos auf dem Fußballfel­d gönnte er sich auch im Leben. „Schaun mer mal“, hieß Beckenbaue­rs Leitmotiv.

Der in München geborene Star-Tenor und Bayern-Fan Jonas Kaufmann sang zu Beginn „Time to Say Goodbye“in der italienisc­hen Version „Con te partiro“. Dazu schritten elf deutsche Fußball-Größen, darunter Günter Netzer, Berti Vogts, „Katsche“Schwarzenb­eck, Karl-Heinz Rummenigge und Lothar Matthäus, mit Blumen auf den Platz. Als der Tölzer Knabenchor im Vorprogram­m Beckenbaue­rs Schlager „Gute Freunde kann niemand trennen“von 1966 vortrug, sangen, klatschten und summten viele Besucher im weiten Rund mit.

Im Ehrengastb­ereich tummelte sich die Prominenz, zuvorderst aus dem Fußball. FIFA-Präsident Gianni Infantino, UEFA-Chef Aleksander Ceferin, DFB-Präsident Bernd Neuendorf und Bundestrai­ner Julian Nagelsmann sowie dessen Vorgänger Joachim Löw und Hansi Flick waren da, ebenso DFL-Aufsichtsr­atschef Hans-Joachim Watzke – und auch Oliver Kahn.

Neben den Profis des FC Bayern um Manuel Neuer und Thomas Müller und dem Frauen-Team waren auch die deutschen Weltmeiste­r-Generation­en um Günter Netzer und Paul Breitner (1974), Lothar Matthäus und Rudi Völler (1990) sowie Philipp Lahm und Bastian Schweinste­iger (2014) im Stadion live dabei, ebenso Tennis-Legende Boris Becker. Sie alle bleiben auf Erden – der „Kaiser“aber ist nun im Fußball-Himmel.

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FOTO: MATTHIAS SCHRADER/AP Markus Söder (CSU) bezeichnet­e Franz Beckenbaue­r in seiner Rede als „zeitlose Ikone“und „einen der größten Bayern“. Der Tod des Fußball-Kaisers sei „ein Schock“, sagte der bayerische Ministerpr­äsident.
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FOTO: CHRISTIAN CHARISIUS/DPA Auch (von li.) Felix Magath, ehemaliger Nationalsp­ieler sowie Meister-Trainer der Bayern, und die ehemaligen Bundestrai­ner Joachim Löw und Hansi Flick nahmen an der Trauerfeie­r für Franz Beckenbaue­r teil.
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KARIKATUR: MARTIN ERL

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