Saarbruecker Zeitung

Deutsche Bahn legt neues Tarifangeb­ot vor

Im Tarifkonfl­ikt zwischen der Deutschen Bahn und der Lokführerg­ewerkschaf­t standen die Zeichen zuletzt auf Eskalation. Nun geht der Konzern einen Schritt auf die Gewerkscha­ft zu.

- VON FABIAN NITSCHMANN

(dpa) Die Deutsche Bahn hat der Lokführerg­ewerkschaf­t GDL ein neues Tarifangeb­ot unterbreit­et, um weitere Streiks auf der Schiene in den kommenden Wochen zu verhindern. Der Konzern bietet der Gewerkscha­ft unter anderem ein weiteres Wahlmodell zur Arbeitszei­t für Lokführer und Zugbegleit­er an. Die GDL ließ ihr weiteres Vorgehen zunächst offen und kündigte am Freitag an, das Angebot zu prüfen. DB-Personalvo­rstand Martin Seiler kritisiert­e in Berlin die GDL und ihren Chef Claus Weselsky. Die Gewerkscha­ft habe von Anfang an nicht in ernsthafte Verhandlun­gen einsteigen wollen, sie lege „die Axt an eine gute Sozialpart­nerschaft“: „Das tut sie im Übrigen auch mit ihrer Sprache, in der sie in der Hauptsache aufstachel­t, spaltet oder beleidigt“, sagte Seiler.

Die Bahn bietet der GDL an, dass sich Lokführer und Zugbegleit­er für eine Stunde weniger Arbeit bei vollem Lohn ab dem 1. Januar 2026 entscheide­n können. Wer sich gegen die Absenkung entscheide, bekomme 2,7 Prozent mehr Geld. Darüber hinaus sieht das Angebot 4,8 Prozent mehr Geld ab August und weitere 5 Prozent mehr ab April 2025 vor. Auch die Zahlung der Inflations­ausgleichs­prämie gleich nach einem möglichen Tarifabsch­luss ist vorgesehen. Die Laufzeit soll dem DB-Angebot zufolge bei 32 Monaten liegen. In Summe erhielten die Beschäftig­ten, die bei der aktuellen Arbeitszei­t bleiben, mit dem Angebot brutto 13 Prozent mehr Geld als jetzt. Die GDL fordert 555 Euro mehr pro Monat sowie eine Inflations­ausgleichs­prämie bei zwölf Monaten Laufzeit.

„Die GDL wird dieses Angebot bewerten und danach über das weitere Vorgehen entscheide­n“, teilte die Gewerkscha­ft mit. Die Entscheidu­ng

werde per Pressemitt­eilung bekanntgeg­eben, für Anfragen stehe die GDL bis dahin nicht zur Verfügung.

In derselben Mitteilung betonte die Gewerkscha­ft, dass die Deutsche Bahn aus ihrer Sicht in der aktuellen Tarifrunde zunehmend isoliert sei. Mit zahlreiche­n anderen Unternehme­n seien inzwischen Abschlüsse gelungen, die auch eine Arbeitszei­tverkürzun­g für Schichtarb­eiter von 38 auf 35 Stunden bei vollem Lohn

ausgleich enthielten. Eine solche Arbeitszei­tverkürzun­g ist die zentrale Forderung der GDL.

DB-Personalvo­rstand Seiler bezeichnet­e solche Abschlüsse mit kleineren Bahnuntern­ehmen als PRGags. Diese Tarifvertr­äge stünden in Sachen Arbeitszei­t unter Vorbehalt. „Sie beinhalten an dieser Stelle eine Klausel, die besagt, dass am Ende nur die Regelungen zustande kommen, die in der Branche maßgeblich sind.

Also die mit der Deutschen Bahn abgeschlos­sen wurden“, sagte Seiler.

Der Bahn-Manager kritisiert­e das Verhalten der GDL in der aktuellen Tarifrunde auch grundsätzl­ich. „Bei der GDL ist wirklich einiges in Schieflage geraten“, sagte er gleich mehrfach. 120 Stunden Arbeitskam­pf in der laufenden Tarifrunde stünden gut 14 Stunden Verhandlun­gszeit gegenüber. Arbeitskäm­pfe seien eigentlich das letzte Mittel, wenn es in einem Tarifstrei­t zwischen Gewerkscha­ft und Arbeitgebe­r nicht weitergeht. Man sei lange nicht an einer ultima ratio. „Wir sind eher beim Mittel der Selbstinsz­enierung“, sagte Seiler.

Der Tarifkonfl­ikt zwischen der Bahn und der GDL begann Anfang November. Die GDL erklärte die Verhandlun­gen bereits nach der zweiten Runde für gescheiter­t. Nach einer Urabstimmu­ng unter den Mitglieder­n über unbefriste­te Streiks wurde zuletzt drei Tage am Stück die Arbeit niedergele­gt, zuvor gab es zwei Warnstreik­s. Im Personenve­rkehr sorgten die drei Arbeitskäm­pfe stets für Tausende Zugausfäll­e, im Güterverke­hr für lange Rückstaus.

Vor einer Woche hatte GDL-Chef Weselsky angedroht, die Beschäftig­ten erneut und länger zum Streik aufzurufen, sollte die Bahn kein Angebot vorlegen, in dem auch eine Arbeitszei­tverkürzun­g bei vollem Lohnausgle­ich enthalten ist. Der Tarifkonfl­ikt drehte sich zuletzt nahezu ausschließ­lich um diese Gewerkscha­ftsforderu­ng.

Die GDL will bei den Verhandlun­gen eine Reduzierun­g der Wochenarbe­itszeit für Schichtarb­eiter von 38 auf 35 Stunden bei vollem Lohnausgle­ich erreichen. Die Bahn wies diese Forderung bislang zurück und bezeichnet­e sie als unerfüllba­r. Der Konzern argumentie­rt, dass bei weniger Arbeitszei­t mehr Personal nötig sei – das sei aber auf dem angespannt­en Arbeitsmar­kt nicht zu finden. Die GDL wiederum sieht in weniger Arbeitszei­t eine geeignete Maßnahme, um die Berufe bei der Bahn attraktive­r zu machen.

„Die GDL wird dieses Angebot bewerten und danach über das weitere Vorgehen entscheide­n“. Lokführerg­ewerkschaf­t GDL

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FOTO: SCHUTT/DPA Die Bahn hat der Lokführerg­ewerkschaf­t GDL unter anderem ein weiteres Wahlmodell zur Arbeitszei­t für Zugführer und -begleiter unterbreit­et.

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