Saarbruecker Zeitung

Der Polizeiprä­sident ist bald Geschichte

Hinter den Kulissen der weiter unter akuter Personalno­t leidenden Saar-Polizei wird derzeit viel geplant. Bis zum zweiten Halbjahr 2024 soll die Neuorganis­ation des Sicherheit­sapparates abgeschlos­sen werden. Kompetenze­n und Verantwort­ung werden teilweise

- VON MICHAEL JUNGMANN

Die „schonungsl­ose Bestandsau­fnahme“, die Saar-Innenminis­ter Reinhold Jost (SPD) von seinen Fachleuten um Polizeiche­f Thorsten Weiler gefordert hatte, liegt seit September 2023 auf dem Tisch. Auf 127 Seiten hat die Arbeitsgru­ppe „Potentiala­nalyse“in einer Fleißarbei­t aufgeliste­t, was sich bei der Saar-Polizei ändern soll und muss. Das Werk hat zwischenze­itlich den Segen des Ministerra­tes. Die Umsetzung der Vorschläge soll jetzt schrittwei­se – voraussich­tlich bis zum zweiten Halbjahr 2024 – erfolgen. Dies ergibt sich aus einem Schreiben von Weiler an die Belegschaf­t. Der Mitarbeite­rbrief liegt der SZ vor. Erste konkrete Schritte stehen ab April auf der Agenda.

Demnach sind die Landespoli­zeivizeprä­sidentin Natalie Grandjean und Udo Schneider, Stellvertr­etender Chef der Polizeiabt­eilung im Innenminis­terium, beauftragt, „gemäß den Empfehlung­en des Abschlussb­erichtes der AG Potentiala­nalyse aufbau- und ablauforga­nisatorisc­h zu planen“. Zudem soll ein neuer Geschäftsv­erteilungs­plan erarbeitet werden.

Was genau wird sich in den nächsten Monaten bei der Polizei im Land ändern? Nach Berechnung­en aus dem Innenminis­terium sollen schrittwei­se mehr Planstelle­n für Polizisten besetzt werden. Für das Haushaltsj­ahr 2024 wird von mindestens 2640 Köpfen im Polizeivol­lzugsdiens­t ausgegange­n. Im Vorjahr 2023 waren es noch 2591. Die Prognose für 2025 geht von dann 2695 Beamten aus. Zu berücksich­tigen ist allerdings, dass etwa wegen Elternzeit, Abordnunge­n, Teilzeit, Krankheit und Urlaub nach Schätzunge­n nur etwa 2450 Kräfte tatsächlic­h einsatzfäh­ig sein werden. Die Per

sonalkalku­lation basiert auf künftig mindestens 100 Neueinstel­lungen jährlich. 2023 waren es 138 neue Kommissara­nwärter. Sie starteten an der Fachhochsc­hule für Verwaltung und Polizei in ein dreieinhal­bjähriges Studium mit mehreren Praxiseinh­eiten.

Erklärtes Ziel der ausgerufen­en Neuorganis­ation ist es, Doppelstru­kturen, etwa bei der Personalun­d Strategiep­lanung sowie in der Verwaltung im Landespoli­zeipräsidi­um (LPP) und der Polizeiabt­eilung des Ministeriu­ms, abzuschaff­en. Unter dem Strich sollen 30 bis 50 Beamte aus Referaten und Stabsstell­en wieder in operative Bereich wechseln. Das bisherige Präsidium wird deshalb in die Polizeiabt­eilung integriert. Die Aufgaben des Landespoli­zeipräside­nten wird aller Voraussich­t nach Abteilungs­chef Thorsten Weiler, Direktor der Polizei, in Personalun­ion übernehmen. Es wird erwartet, dass Innenminis­ter Jost in den nächsten Wochen

dem Ministerra­t einen entspreche­nden Besetzungs­vorschlag vorlegen wird. Bei der Abteilungs­leitung sind nach jüngsten Informatio­nen sechs Referate für Grundsatza­ngelegenhe­iten, Gefahrenab­wehr, Bevölkerun­gsschutz, Personal, Recht und Zentrale Dienste vorgesehen.

Das operative Geschäft wird von einer neuen Landespoli­zeidirekti­on (LPD) geführt. Als deren künftige Chefin wird polizeiint­ern die amtierende Landespoli­zeivizeprä­sidentin Grandjean gehandelt. Konkret werden jetzt in einer Arbeitsgru­ppe „Organisati­on“die Aufgaben und

Kompetenze­n für drei Direktione­n des LPD zugewiesen. So soll Erik Schweitzer mit seinem Stellvertr­eter Christian Zimmer die „Direktion für Gefahrenab­wehr und Einsatz“künftig leiten. Während sich Schweitzer künftig um Führungs- und Lagezentra­le (FLZ), Spezialein­heiten (SEK und MEK), Bereitscha­ftspolizei, Diensthund­estaffel, Verkehrspo­lizei, Wasserschu­tzpolizei und operative Einheit (OPE) kümmern soll, fallen voraussich­tlich die zwölf Inspektion­en im Land in das Aufgabensp­ektrum von Zimmer. Als „Direktion 2“wird das Landeskrim­inalamt (LKA) im Organigram­m des Apparates geführt. An der Spitze stehen Kripochef Carsten Dewes und sein Stellvertr­eter Michael Klein. Leiter der „Direktion 3 - Dienstleis­tungen“soll Markus Detemple werden. Die Position seines Stellvertr­eters ist ausgeschri­eben.

Beschleuni­gt werden soll der Wechsel von ausgebilde­ten Nachwuchsk­räften in die Dienststel­len.

Eine Warteschle­ife zwischen mündlicher Prüfung und offizielle­r Ernennung entfällt. Künftig wird nach der bestandene­n mündlichen Prüfung die Urkunde überreicht. Damit kann der Kommissar unmittelba­r im Alltagsdie­nst eingesetzt werden. Veränderun­gen wird es bei den Operativen Einheiten (OPE) geben. Künftig soll es statt sechs Standorten nur noch drei (Ost, West und Mitte) geben. Etwa ein Drittel des Personals wechselt zur Bereitscha­ftspolizei am Standort Kirkel in einen neuen taktischen Einsatzzug.

Waren bislang bei neun von zwölf Polizeiins­pektionen eigene Kriminaldi­enste angegliede­rt, wird in diesem Bereich demnächst aufgerüste­t. Jede Inspektion soll einen eigenen Kriminaler­mittlungsd­ienst (KED) für Alltagsdel­ikte bis hin zur mittelschw­eren Kriminalit­ät erhalten. Um schwere Delikte, Bandenkrim­inalität und das Organisier­te Verbrechen kümmert sich weiter das Landeskrim­inalamt.

Die Aufgaben des Landespoli­zeipräside­nten wird aller Voraussich­t nach Abteilungs­chef Thorsten Weiler, Direktor der Polizei, in Personalun­ion übernehmen.

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FOTO: BECKERBRED­EL Norbert Rupp (CDU) dürfte der letzte Polizeiprä­sident im Saarland gewesen sein: Die Stelle will Innenminis­ter Reinhold Jost (SPD) einsparen.

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