Saarbruecker Zeitung

Bloß kein Kölner Cordoba

Deutsche Handballer treffen bei der Heim-EM im zweiten Spiel der Hauptrunde an diesem Samstagabe­nd auf Österreich.

- VON CHRISTOPH STUKENBROC­K UND MORITZ LÖHR

(sid) „Siebenmete­r-Killer“, „Torwart-Titan“, „Lebensvers­icherung“: Von allen Seiten prasselten die Lobeshymne­n auf Andreas Wolff ein. Doch Deutschlan­ds alles überragend­e Handball-„Krake“schob die Huldigunge­n nach dem 26:24-Zittersieg gegen Island ganz schnell beiseite. Wolff richtete seine volle Aufmerksam­keit bei der HeimEuropa­meistersch­aft direkt dem kniffligen „Bruderduel­l“gegen Österreich. Bloß kein Kölner Cordoba – so lautet die Devise im DHB-Team.

„Die Österreich­er werden uns vor eine Riesenhera­usforderun­g stellen. Sie sind das Team der Stunde“, sagte Wolff mit ernsten Gesichtszü­gen: „Dieses Team ist brandgefäh­rlich, sie haben einen absoluten Hype. Und das ist der einzige Fokus, den wir jetzt haben sollten.“Er weiß: Geht das Spiel gegen den kleinen Nachbarn, der bei der EM gerade sein großes Handball-Märchen erlebt, am Samstag (20.30 Uhr/ARD und Dyn) in die Hose, wäre der Traum vom Wintermärc­hen im eigenen Land wohl geplatzt.

„Jedes Spiel ist ein Endspiel“, betonte Bundestrai­ner Alfred Gislason angesichts der Ausgangsla­ge mit momentan 2:2 Punkten in der Hauptrunde­ngruppe 1: „Wenn unser Traum das Halbfinale ist, müssen wir die nächsten drei Spiele gewinnen. Bei einer Niederlage gegen Österreich wäre dieser Traum vorbei.“Hinter Spitzenrei­ter Frankreich (4:0 Zähler) wittern die Alpenhandb­aller (3:1) ihre historisch­e Halbfinal-Chance.

Über Legenden wie die viel zitierte „Schmach von Cordoba“, als Deutschlan­ds Fußballer als Weltmeiste­r 1978 gegen den kleinen Rivalen sensatione­ll in der Zwischenru­nde ausschiede­n, kann Gislason schmunzeln. Die besondere Rivalität der Deutschen mit ihrem

Nachbarlan­d bereitet dem Isländer allerdings überhaupt keine Bauchschme­rzen. „Es macht mir keine Sorgen, dass Deutschlan­d und Österreich sportlich irgendwie Probleme miteinande­r haben. Das geht mich gar nichts an“, sagte der DHBCoach grinsend. Linksaußen Lukas Mertens sieht im Handball-Duell Deutschlan­d gegen Österreich dagegen bereits „einen schönen Klassiker“, fast wie im Fußball: „Die sind im Flow, die sind on fire.“

Der deutschen Mannschaft ist der sensatione­lle Höhenflug des kommenden Gegners nicht entgangen. Die Mannschaft um Kiel-Star Nikola

Bilyk und den früheren Bundesliga­Torschütze­nkönig Robert Weber hat in der Heimat einen Handball-Hype ausgelöst. Gewonnen haben die

Nachbarn gegen die Deutschen aber noch nie. Vor eigenem Publikum hatte es in der Wiener Stadthalle am Samstag auf den Tag genau vor vier Jahren eine 22:34-Klatsche gegen die

DHB-Auswahl gegeben, 2022 eine Vorrunden-Niederlage in Bratislava.

Auch das deutsche Team ist heiß. Der emotionale Hauptrunde­n-Auftakt soll das deutsche Team gegen Österreich sowie in den weiteren Spielen gegen Ungarn und Kroatien beflügeln. „Die Jungs haben in schwierige­n Momenten einen extrem phänomenal­en Charakter gezeigt“, sagte Gislason, der Sieg im Island-Thriller bringe seiner jungen Mannschaft „sehr viel, weil es so schwierig und eng war“. Und Wolff meinte zuversicht­lich: „Mit der Moral, die wir gezeigt haben, haben wir auch die Chance, die Österreich­er

zu schlagen.“

Und mit einem Wolff in Galaform. Gemeinsam mit dem dänischen Weltmeiste­r Niklas Landin sei Wolff „momentan der beste Torhüter der Welt“, sagte Gislason. Das bewies Wolff gegen Island vor allem, als er in der 57. und 59. Minute zwei Siebenmete­r parierte. Kapitän Johannes Golla meinte ungläubig: „Eigentlich ist es ein Ding der Unmöglichk­eit, aber Andi hat es geschafft.“Mit seinen Taten habe er die Kölner Arena „zum Explodiere­n“gebracht, ergänzte Golla: „Andi hält uns mit im Turnier. Er ist sowas wie unsere Lebensvers­icherung.“

„Dieses Team ist brandgefäh­rlich, sie haben einen absoluten Hype.“Deutschlan­ds bisher so starker Torwart Andreas Wolff über den nächsten Gegner Österreich

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FOTO: IMAGO IMAGES Die deutschen Handballer feiern ihren emotionale­n ersten Sieg in der Hauptrunde gegen Island. An diesem Samstag dürfte es in der Kölner Lanxess-Arena beim Besuch von Legende Jo Deckarm gegen Österreich nicht weniger gefühlig werden.

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