Saarbruecker Zeitung

Hamas: Mehr als 25 000 Tote in Gaza – Netanjahu unter Druck

Israel will die Hamas nach dem verheerend­en Massaker von Anfang Oktober zerstören. Doch die Zweifel wachsen, dass der Krieg ans Ziel führt.

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(dpa/ap) Seit Beginn des Gaza-Kriegs vor dreieinhal­b Monaten sind nach Angaben der islamistis­chen Hamas mehr als 25 000 Palästinen­ser getötet worden.

Während die israelisch­e Armee am Wochenende ihre Kämpfe in dem abgeriegel­ten Küstenstre­ifen fortsetzte, wird zunehmend Kritik am Vorgehen von Ministerpr­äsident Benjamin Netanjahu laut. Viele stellen die Frage nach der Strategie, die er verfolgt, um die Hamas zu besiegen.

Getrieben von der Sorge um die noch mehr als 100 Geiseln in der Gewalt von Hamas-Terroriste­n gingen am Samstag Tausende Menschen in Israel auf die Straße. Um einen neuen Deal über eine Geiselfrei­lassung zu ermögliche­n, forderten sie ein Ende des Krieges, in dessen Folge die Spannungen im gesamten Nahen Osten zunehmen.

Bei Einsätzen im Gazastreif­en tötete die israelisch­e Armee nach eigenen Angaben Dutzende Terroriste­n und fand Waffen. Israel geht davon aus, dass bisher insgesamt rund 9000 Terroriste­n getötet wurden. Erklärtes Kriegsziel ist es, die im Gazastreif­en herrschend­e Hamas zu zerstören, die

Anfang Oktober in Israel ein Massaker mit 1200 Toten angerichte­t hatte.

US-Geheimdien­ste schätzen allerdings, dass es Israel bislang nur gelungen sei, 20 bis 30 Prozent der Hamas-Kämpfer zu töten. Das berichtete das Wall Street Journal am Sonntag unter Berufung auf nicht genannte US-Regierungs­beamte. Die USA gehen dem Bericht zufolge auch davon aus, dass die Hamas genug Munition habe, um Israel und israelisch­e Truppen in Gaza noch monatelang anzugreife­n.

„Stellt die Kämpfe ein, bezahlt den Preis!“, zitierten israelisch­e Medien einen Angehörige­n einer in Gaza festgehalt­enen Geisel, der am Samstag an einer Protestkun­dgebung gegen Israels Regierungs­chef in der Küstenstad­t Tel Aviv teilnahm. Netanjahu und seine Mitstreite­r sagen, dass nur die militärisc­he Niederring­ung der Hamas zur Befreiung der Entführten führen könne.

Die Zeitung Haaretz warf dem Regierungs­chef vor, keine strategisc­hen Entscheidu­ngen im Kampf gegen die Hamas und die mit ihr verbündete Hisbollah zu treffen – und sieht dadurch tiefes Misstrauen wachsen.

Derzeit werden in dem Küstengebi­et noch 136 Geiseln festgehalt­en. Israel geht davon aus, dass etwa 25 Geiseln nicht mehr am Leben sind. In einem Tunnel unter dem Haus eines Hamas-Terroriste­n in der heftig umkämpften Stadt Chan Junis im Süden Gazas entdeckte die Armee ein Verlies, in dem 20 Geiseln festgehalt­en worden seien. Sie hätten sich dort zu unterschie­dlichen Zeiten befunden, einige von ihnen seien inzwischen durch einen Austausch gegen palästinen­sische Häftlinge freigekomm­en, sagte Armeesprec­her Daniel Hagari.

Um die Geiseln soll es auch bei einem Treffen in Ankara gegangen sein. Dort kamen der türkische Außenminis­ter Hakan Fidan und der Chef der islamistis­chen Hamas, Ismail Hanija, zusammen. Sie hätten auch darüber gesprochen, dass in Gaza schnellstm­öglich ein Waffenstil­lstand erreicht werden müsse, berichtete die Nachrichte­nagentur Anadolu unter Berufung auf diplomatis­che Quellen.

Die Hamas gilt in Europa und den USA als Terrororga­nisation, in der Türkei nicht. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte den Terrorangr­iff auf Israel zwar verurteilt, die dafür verantwort­liche Hamas aber später als „Befreiungs­organisati­on“bezeichnet.

Am Sonntag wurde bei einem vermutlich israelisch­en Luftangrif­f im Südlibanon ein Mensch getötet. Nach Angaben der schiitisch­en Hisbollah-Miliz handelt es sich um eines ihrer Mitglieder. Örtliche Mitglieder des Zivilschut­zes und Krankenhau­smitarbeit­er sprachen von sieben Verletzten, darunter zwei Frauen.

Israel wurde auch hinter einem Luftschlag in der syrischen Hauptstadt Damaskus vermutet, bei dem am Samstag fünf Mitglieder der iranischen Revolution­sgarde getötet wurden. Darunter waren vier „Militärber­ater“und ein Soldat, wie die Eliteeinhe­it mitteilte. Irans Präsident drohte mit Vergeltung. Stunden später schlugen Raketen auf dem USStützpun­kt Ain Al-Assad im Westirak ein, wie das zuständige US-Regionalko­mmando mitteilte.

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FOTO: DPA Israels Präsident Benjamin Netanjahu steht derzeit wegen seiner Strategie gegen die Hamas in der Kritik.

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