Wenn die heile Welt des Heizens zerbricht
Im Winter ist die Heizung der wichtigste Teil der Wohnung. Wehe, sie funktioniert nicht! Und wehe, sie gerät in die Fänge der Politik.
Die meisten kennen das Gefühl. Bei eisigen Temperaturen draußen fällt kurz vor dem Wochenende plötzlich die Heizung aus. Die meisten Menschen sind in heller Aufregung, wenn im Winter etwas mit der Heizung passiert. Selbst bei mehr als 30 Grad Celsius debattierte die Republik vor einigen Jahren – ausgerechnet im Sommer – erregt über einen Vorschlag des damaligen Berliner Finanzsenators Thilo Sarrazin. Der hatte Hartz-IV-Empfängern vorgeschlagen, doch nur bis 16 Grad die Wohnung aufzuheizen, um Geld zu sparen. In Zeiten des Klimawandels ist eine neue Lage entstanden. Plötzlich machen die Grünen und ihr Vorzeigeminister Robert Habeck massiv mobil, um die Gebäudebesitzer und -bewohner ernsthaft zur Vermeidung des Treibhausgases Kohlendioxid anzuhalten. Immerhin entfallen auf den Betrieb der Gebäude – also Heizung und Klimatisierung – rund 30 Prozent der CO2-Emissionen. Die privaten Haushalte verursachen allein 17 Prozent des Kohlendioxid-Ausstoßes. Ein großer Anteil, den Habeck reduzieren möchte, um Deutschland bis 2045 klimaneutral zu machen. Das Zahlen-Wachstum der dafür vor allem geeigneten Wärmepumpen müsste sich verdoppeln, wenn die Bundesregierung ihre Klimaziele erreichen will.
Das bringt die sensible Welt des Heizens gehörig durcheinander.
Führende Unternehmen der Branche wie Bosch, Vaillant, Viessmann oder Stiebel Eltron hätten auf einmal gewaltig zulegen müssen, um den zusätzlichen Bedarf zu meistern. Dazu kommt der Aufwand. In einem Einfamilienhaus kostet der Einbau einer Wärmepumpe bis zu 45 000 Euro. Bestenfalls 15 000 Euro erhält der Hauseigentümer als Zuschuss vom Staat. Das überfordert viele Familien und Alleinstehende, selbst wenn sie gut verdienen.
„Es hätte gut getan, das Gesetz auf die längere Bank zu schieben“, sagte damals der Politikwissenschaftler Albrecht von Lucke. Das hat man mit dem Kompromiss im Sommer des vergangenen Jahres schließlich getan – Fristen verlängert, die kommunale Wärmeplanung vorgeschaltet, die Förderung erweitert. Der im engsten Kreis um Wirtschaftsminister Robert Habeck ausgeheckte Heizungsplan konnte nicht funktionieren, weil Menschen nicht nur finanziell durch dieses Regierungsvorhaben in einem hochsensiblen Bereich aufgeschreckt wurden.
Wann immer eine Regierung in die private Sphäre der Bürgerinnen und Bürger eindringt, werden die Regierten aufsässig. Im Grunde wollen sich die meisten den Staat vom Leibe haben. Er soll für Sicherheit, soziale Gerechtigkeit und klare Regeln sorgen. In die häuslichen Belange der Menschen sollte er sich nicht zu sehr einmischen, selbst wenn er gute Gründe wie den Klimaschutz hat.
Bei vielen ist durchaus die Bereitschaft vorhanden, den eigenen Herd und sein Umfeld zu modernisieren. Schließlich spart eine neue Heizanlage an Brennstoff und schützt obendrein die Umwelt. Das erfordert aber lange Zeiträume. Das Nichtstun über viele Jahre ist genauso schädlich wie die Hauruckaktion Habecks. Jeder vernünftige Hauseigentümer weiß, dass in Zukunft die Preise für die fossilen Brennstoffe wie Gas oder Öl steigen werden. Dynamische Wohnungsbesitzer nehmen das vorweg, träge Eigentümer werden es bald in ihrem Geldbeutel spüren. Da hätten Habeck und seine Mannschaft ansetzen müssen – in einem langfristigen Plan.
Die Menschen stattdessen zu verunsichern, ihr tiefes Bedürfnis nach Wärme im Winter zu missachten, rächt sich nun. Es ist sogar regelrecht kontraproduktiv. Denn viele schlecht beratene Hauseigentümer bauten sich noch schnell eine klimaschädliche Gasheizung ein. 63 Prozent der Haushalte, die modernisieren wollten, waren es im dritten Quartal des vergangenen Jahres. Die Hersteller von Wärmepumpen bleiben dagegen auf ihren Geräten sitzen.
Die meisten Menschen sind in heller Aufregung, wenn im Winter etwas mit der Heizung passiert.