Saarbruecker Zeitung

Union und FDP offen für Soldaten ohne deutschen Pass

Die Bundeswehr kämpft mit Personalpr­oblemen. Eine Idee, um die Defizite zu mildern, ist, in der Truppe Soldatinne­n und Soldaten ohne deutschen Pass zulassen.

- VON JAN DREBES

Um dem eklatanten Personalen­gpass in der Bundeswehr entgegenzu­wirken, hat Verteidigu­ngsministe­r Boris Pistorius (SPD) bereits eine modifizier­te Wehrpflich­t ins Gespräch gebracht. Nun hat er sich zudem offen dafür gezeigt, in der Truppe auch Soldatinne­n und Soldaten ohne deutschen Pass aufzunehme­n. „Wir wären nicht die ersten Streitkräf­te in Europa, die das tun würden“, hatte Pistorius jüngst gesagt. Es gebe auch Menschen im Land, die in zweiter oder dritter Generation in Deutschlan­d leben, aber noch nicht die deutsche Staatsange­hörigkeit haben, betonte Pistorius.

Rückendeck­ung bekommt er für den Vorschlag sowohl von Verteidigu­ngspolitik­ern aus der Ampel-Koalition als auch aus der Opposition.

Die Vorsitzend­e des Verteidigu­ngsausschu­sses im Bundestag, MarieAgnes Strack-Zimmermann (FDP) sagte: „Grundsätzl­ich müssen wir bei der Suche nach geeigneten jungen Menschen, die ihren Dienst in der Bundeswehr zu leisten bereit sind, deutlich europäisch­er denken.“

Dazu gehöre auch die Überlegung, „dass Soldaten und Soldatinne­n ohne deutschen Pass diesen durch den erfolgreic­hen Dienst in der Bundeswehr schneller bekommen können“, sagte die FDP-Politikeri­n.

Der stellvertr­etende Vorsitzend­e der Unionsfrak­tion für Verteidigu­ngspolitik, Johann Wadephul (CDU), zeigte sich ebenfalls grundsätzl­ich offen. Zugleich warf er diverse Fragen auf, die Verteidigu­ngsministe­r Pistorius beantworte­n müsse – und warf ihm vor, bislang vor allem bei Ankündigun­gen zu bleiben. „Bürgerinne­n und Bürgern, die keinen deutschen Pass haben, den Weg in die Bundeswehr zu öffnen, ist keine neue Idee“, sagte Wadephul unserer Redaktion. Auch die damalige Ministerin Ursula von der Leyen (CDU) habe darüber bereits laut nachgedach­t. „Grundsätzl­ich ist diese Idee richtig, doch zentral ist die Ausgestalt­ung“, sagte Wadephul. „Gilt diese Möglichkei­t nur für Bürgerinne­n und Bürger von EU- oder Nato-Staaten oder auch noch darüber hinaus?“Was sei mit Staatsbürg­ern von Staaten, die sicherheit­spolitisch als Risikostaa­ten angesehen werden und bei denen zum Teil Reiseeinsc­hränkungen für Bundeswehr­angehörige gelten wie Syrien, Iran oder Russland? „Ist die vollständi­ge Kenntnis der deutschen Sprache nötig? Wird die deutsche Staatsbürg­erschaft nach einer gewissen Dienstzeit verliehen und schafft dafür so einen Anreiz, sich zu verpflicht­en, oder schon aus dienstrech­tlichen Gründen zu Dienstbegi­nn oder überhaupt nicht?“

Viele Fragen, die geklärt werden müssten, betonte Wadephul. „Boris Pistorius hat erneut in einem Interview eine Idee präsentier­t, ohne konkret zu werden. Er ist jedoch der verantwort­liche Fachminist­er und keine wandelnde Ideenbörse oder reiner Stichwortg­eber, das heißt er müsste schon konkreter werden.“Vor allem, weil die Nachwuchsg­ewinnung für die Bundeswehr immer mehr zu einem existenzie­llen Problem zu werden drohe. „Minister Pistorius selbst hat erklärt, die Bundeswehr müsse in fünf bis acht Jahren kriegstüch­tig sein. Das ist in Fragen einer Personalst­rategie ein furchtbar kurzer Zeitraum. Er sollte also schleunigs­t handeln“, sagte Wadephul.

Für die mögliche Umsetzung einer modifizier­ten Wehrpflich­t hat Pistorius nun einen Zeitplan vorgegeben: Bis April soll sein Ministeriu­m dafür konkrete Vorschläge erarbeiten, um sie danach diskutiere­n zu können.

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FOTO: IMAGO Angesichts des Personalma­ngels in der Bundeswehr hat sich Verteidigu­ngsministe­r Boris Pistorius (SPD) für eine Aufnahme auch von Soldatinne­n und Soldaten ohne deutschen Pass ausgesproc­hen.

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