Saarbruecker Zeitung

Zoff in der Ampel um höheren Kinderfrei­betrag

Finanzmini­ster Lindner will einen höheren Kinderfrei­betrag, aber nicht mehr Kindergeld. SPD-Politiker sind empört. Doch die Liberalen spielen den Ball zurück an die Sozialdemo­kraten – und ihren Kanzler.

- VON BETTINA GRACHTRUP LENA KLIMPEL UND THERESA MÜNCH

(dpa) Die FDP hat Kritik aus der SPD an einer geplanten Erhöhung des Kinderfrei­betrages zurückgewi­esen. SPD-Parteichef Lars Klingbeil hatte in der Bild am Sonntag die Pläne von Finanzmini­ster Christian Lindner (FDP) als „ungerecht“kritisiert, weil damit nur Familien mit sehr hohen Einkommen entlastet würden. Denn das Kindergeld für niedrigere Einkommen soll gleich bleiben. Dazu hieß es am Sonntag aus dem FDP-Präsidium, das aktuelle Vorgehen bei Steuerfrei­beträgen und Kindergeld gehe auf Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD) zurück. Klingbeil solle sich besser mit Scholz abstimmen.

„Es wurde 2022 auf Anregung von Olaf Scholz entschiede­n, das Kindergeld einmalig überpropor­tional auf 250 Euro zu erhöhen“, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus dem FDP-Präsidium. „Der Kinderfrei­betrag in der Steuer sollte dagegen im üblichen Verfahren nachgezoge­n werden. Nichts anderes ist geplant.“Wenn die SPD eine einheitlic­he Position habe, könne man in der Koalition beraten. „Es geht aber nicht, dass das Finanzmini­sterium aus der SPD kritisiert wird, wenn es Verabredun­gen mit Olaf Scholz umsetzt.“

Eltern bekommen automatisc­h entweder Kindergeld oder die Freibeträg­e für Kinder bei der Einkommens­teuer. Das Finanzamt prüft, was für sie vorteilhaf­ter ist. Der Freibetrag lohnt sich oft nur bei höheren Einkommen. Der Freibetrag wurde zum 1. Januar bereits von 6024 Euro auf 6384 angehoben und soll nach den Plänen des Finanzmini­steriums rückwirken­d auf 6612 Euro steigen, wie ein Ministeriu­mssprecher am Freitag bestätigt hatte.

Auch der allgemeine Grundfreib­etrag soll höher werden. Das sei notwendig, weil infolge der Inflation auch die Regelbedar­fe beim Bürgergeld stärker angehoben wurden. Das Kindergeld war 2023 auf einheitlic­h 250 Euro pro Monat und Kind gestiegen.

Klingbeil sagte der Bild am Sonntag zu den aktuellen Plänen: „Nur Familien mit sehr hohen Einkommen zu entlasten, halte ich für ungerecht. Gerade die arbeitende Mitte, also diejenigen, die jeden Tag aufstehen, ihr Einkommen hart erarbeiten und sich nebenbei um ihre Kinder, die Nachbarn und den Verein kümmern,

„Nur Familien mit sehr hohen Einkommen zu entlasten, halte ich für ungerecht.“Lars Klingbeil SPD-Parteichef

sollten entlastet werden.“Genau diese Leute spürten noch immer die Folgen der Inflation. „Deswegen ist für mich völlig klar, dass auch Familien mit kleinen und mittleren Einkommen in diesem Jahr mehr bekommen müssen.“

Der finanzpoli­tische Sprecher der SPD, Michael Schrodi, sagte der Bild am Sonntag zu Lindners Plänen: „Das wird die SPD nicht mitmachen. Für solche Pläne aus dem Haus Lindner wird es keine Mehrheit geben.“Was Lindner vorhabe, sei ein Spar

programm an der falschen Stelle: „Wenn 380 Millionen für die zusätzlich­e Entlastung der reichsten Eltern da sind, dann hat er auch das Geld für eine Kindergeld­erhöhung.“

Auch aus den Reihen der Grünen gibt es Einwände. „Familien

in der Mitte dürfen nicht leer ausgehen“, sagte Fraktionsv­ize Andreas Audretsch. Es sei geübte Praxis, Kindergeld und Kinderfrei­betrag gleicherma­ßen zu erhöhen. „Diese Verlässlic­hkeit wird zu Recht von den Bürgerinne­n und Bürgern erwartet.“

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FOTO: DPA Den Steuerfrei­betrag für Kinder anheben, aber nicht gleichzeit­ig das Kindergeld erhöhen – die Pläne von Finanzmini­ster Lindner sorgen für Unmut in der Ampel.

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