So teuer sind die Fußball-Einsätze der Polizei
Bei Hochrisikospielen sind regelmäßig hunderte Polizeibeamte im Einsatz. Die CDU-Fraktion fordert nun eine Rechtsgrundlage, um einen Teil der Kosten in Rechnung zu stellen.
Wenn es im Saarbrücker Ludwigsparkstadion hoch herzugehen droht, bietet die Polizei im Saarland alles auf, was gesund ist und laufen kann – darunter selbst Musiker aus dem Polizeimusikkorps, Ausbilder der Fachhochschule, Mitarbeiter aus Geschäftszimmern der Inspektionen und Beamte, die seit Jahren keine Einsatzerfahrungen mehr bei Fußballeinsätzen haben. „Wir sind über dem Limit“, heißt es bei der Gewerkschaft der Polizei (GdP).
Weil das aber noch nicht reicht, werden regelmäßig Polizisten anderer Bundesländer angefordert, die das Saarland schon mal 100 000 oder 200 000 Euro pro Spieltag kosten können. Als am 14. April 2023 Dynamo Dresden in Saarbrücken gastierte, mussten 457 Beamte aus Rheinland-Pfalz, Bayern und Baden-Württemberg aushelfen. Zusätzlich zieht die für die Sicherheit in Zügen und an Bahnhöfen zuständige Bundespolizei, wie aus ihren Reihen zu hören ist, an Spieltagen bis zu mehrere hundert Beamten in Saarbrücken zusammen. Als erstes und bislang einziges Bundesland hatte Bremen 2015 die gesetzliche Grundlage geschaffen, um die Deutsche Fußball-Liga (DFL) bei Hochrisikospielen an den Kosten der Polizeieinsätze zu beteiligen. Das Gesetz gilt für „gewinnorientierte Veranstaltungen“mit mehr als 5000 Personen und erwarteter Gewalt.
Für die Partie Werder Bremen gegen den Hamburger SV am 19. April 2015 schrieb die Bremer Verwaltung erstmals einen Gebührenbescheid: Für 969 eingesetzte Polizeibeamte und 9537 Einsatzstunden wurden 425 000 Euro fällig. Zum Vergleich: Beim erwähnten Spiel des FCS gegen Dresden im letzten Jahr waren 790 Beamte mit 6889 Stunden im Einsatz, zwölf Tage zuvor bei der Partie gegen den SV Waldhof Mannheim 678 Polizisten (4839 Stunden). Am 6. November 2021, als der 1. FC Kaiserslautern in Saarbrücken zu Gast war, bot die Polizei sogar 807 Beamte auf (6797 Stunden).
Seit dem ersten Bremer Gebührenbescheid an die DFL (sie reichte die Rechnung später an den Heimclub Werder Bremen weiter), tobt ein Rechtsstreit durch die Instanzen. Nachdem die DFL 2019 vor dem Bundesverwaltungsgericht unterlag, ist die Sache nun beim Bundesverfassungsgericht anhängig.
Im Saarland gibt es jetzt erstmals eine Initiative aus dem Landtag, Profi-Clubs an den Polizei-Kosten bei Hochrisikospielen zu beteili
gen. Dies beträfe die SV Elversberg (2. Liga) und den 1. FC Saarbrücken (3. Liga). „Spätestens wenn auch das Bundesverfassungsgericht die von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits gedeckte Gebührenpraxis bestätigt, sollte auch das Saarland die Kosten des Mehraufwandes für Hochrisikospiele im Profifußball erheben“, fordert der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Landtagsfraktion, Raphael Schäfer.
Eine solche Gebührenerhebung müsse sich auf „kommerzielle Großveranstaltungen mit erwartetem erhöhten Ausschreitungsrisiko und übermäßiger Beanspruchung des staatlichen Sicherheitsapparates“beschränken. Fußballspiele ohne gesteigertes Gefahrenpotenzial, so Schäfer, sollten gebührenfrei blei
ben, ebenso alle nicht-kommerziellen und friedlichen Veranstaltungen.
„Es ist schlichtweg ein Gebot der Lastengerechtigkeit, dass bei weit über das Normalmaß hinausgehenden Sicherungsmaßnahmen durch die Polizei auch die Nutznießer solcher Fußballspiele mit dafür aufkommen und nicht allein die Steuerzahler“, sagte der CDU-Politiker. Die Einnahmen sollten dann zweckgebunden für mehr Personal und eine bessere Bezahlung der Polizei genutzt werden.
Dafür setzt sich seit Jahren auch die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) ein. Der Rechnungshof des Saarlandes interessiert sich ebenfalls für das Thema und hat sich am 6. Juli 2022 beim Innenministerium nach dem Stand der
Dinge erkundigt. Bereits 2019, nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, hatten sich die Chefs der deutschen Rechnungshöfe dafür ausgesprochen, die Möglichkeit einer Kostenbeteiligung gewinnorientierter Veranstalter zu prüfen.
Die Landesregierung will erst den Ausgang des Verfahrens in Karlsruhe abwarten. Sie befürwortet eine bundesweit einheitliche Haltung – die aber nicht in Sicht ist, weshalb die CDU-Fraktion bereits eine „saarländische Lösung“anmahnt. Offen aus Sicht des Landes ist auch, ob eine mögliche Gebührenregelung auch auf Spiele der 2. Liga ( Veranstalter: DFL) und der 3. Liga (Deutscher Fußball-Bund) oder auch auf sonstige Großveranstaltungen mit Gefahrenpotenzial übertragen werden könnte; dies bedürfe einer sorgfälti
gen Analyse des erwarteten Urteils. Für CDU-Politiker Schäfer ist bereits klar, dass die Gebühren in der 3. Liga niedriger sein müssten als in der 1. und 2. Liga.
In der SPD-Landesregierung scheint es durchaus Sympathien für eine finanzielle Beteiligung zu geben. 2015, als es bei einem Spiel des FCS Ausschreitungen gab, sagte die damalige Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD) der Bild-Zeitung: „Dort, wo regelmäßig Polizei gebraucht wird, um Chaoten im Zaum zu halten, kostet es immer das Geld des Steuerzahlers. Es ist an der Zeit, mit Verbänden über eine gerechte Verteilung zu sprechen.“