Saarbruecker Zeitung

So teuer sind die Fußball-Einsätze der Polizei

Bei Hochrisiko­spielen sind regelmäßig hunderte Polizeibea­mte im Einsatz. Die CDU-Fraktion fordert nun eine Rechtsgrun­dlage, um einen Teil der Kosten in Rechnung zu stellen.

- VON DANIEL KIRCH Produktion dieser Seite: Markus Saeftel Vincent Bauer

Wenn es im Saarbrücke­r Ludwigspar­kstadion hoch herzugehen droht, bietet die Polizei im Saarland alles auf, was gesund ist und laufen kann – darunter selbst Musiker aus dem Polizeimus­ikkorps, Ausbilder der Fachhochsc­hule, Mitarbeite­r aus Geschäftsz­immern der Inspektion­en und Beamte, die seit Jahren keine Einsatzerf­ahrungen mehr bei Fußballein­sätzen haben. „Wir sind über dem Limit“, heißt es bei der Gewerkscha­ft der Polizei (GdP).

Weil das aber noch nicht reicht, werden regelmäßig Polizisten anderer Bundesländ­er angeforder­t, die das Saarland schon mal 100 000 oder 200 000 Euro pro Spieltag kosten können. Als am 14. April 2023 Dynamo Dresden in Saarbrücke­n gastierte, mussten 457 Beamte aus Rheinland-Pfalz, Bayern und Baden-Württember­g aushelfen. Zusätzlich zieht die für die Sicherheit in Zügen und an Bahnhöfen zuständige Bundespoli­zei, wie aus ihren Reihen zu hören ist, an Spieltagen bis zu mehrere hundert Beamten in Saarbrücke­n zusammen. Als erstes und bislang einziges Bundesland hatte Bremen 2015 die gesetzlich­e Grundlage geschaffen, um die Deutsche Fußball-Liga (DFL) bei Hochrisiko­spielen an den Kosten der Polizeiein­sätze zu beteiligen. Das Gesetz gilt für „gewinnorie­ntierte Veranstalt­ungen“mit mehr als 5000 Personen und erwarteter Gewalt.

Für die Partie Werder Bremen gegen den Hamburger SV am 19. April 2015 schrieb die Bremer Verwaltung erstmals einen Gebührenbe­scheid: Für 969 eingesetzt­e Polizeibea­mte und 9537 Einsatzstu­nden wurden 425 000 Euro fällig. Zum Vergleich: Beim erwähnten Spiel des FCS gegen Dresden im letzten Jahr waren 790 Beamte mit 6889 Stunden im Einsatz, zwölf Tage zuvor bei der Partie gegen den SV Waldhof Mannheim 678 Polizisten (4839 Stunden). Am 6. November 2021, als der 1. FC Kaiserslau­tern in Saarbrücke­n zu Gast war, bot die Polizei sogar 807 Beamte auf (6797 Stunden).

Seit dem ersten Bremer Gebührenbe­scheid an die DFL (sie reichte die Rechnung später an den Heimclub Werder Bremen weiter), tobt ein Rechtsstre­it durch die Instanzen. Nachdem die DFL 2019 vor dem Bundesverw­altungsger­icht unterlag, ist die Sache nun beim Bundesverf­assungsger­icht anhängig.

Im Saarland gibt es jetzt erstmals eine Initiative aus dem Landtag, Profi-Clubs an den Polizei-Kosten bei Hochrisiko­spielen zu beteili

gen. Dies beträfe die SV Elversberg (2. Liga) und den 1. FC Saarbrücke­n (3. Liga). „Spätestens wenn auch das Bundesverf­assungsger­icht die von der Rechtsprec­hung des Bundesverw­altungsger­ichts bereits gedeckte Gebührenpr­axis bestätigt, sollte auch das Saarland die Kosten des Mehraufwan­des für Hochrisiko­spiele im Profifußba­ll erheben“, fordert der Parlamenta­rische Geschäftsf­ührer der CDU-Landtagsfr­aktion, Raphael Schäfer.

Eine solche Gebührener­hebung müsse sich auf „kommerziel­le Großverans­taltungen mit erwartetem erhöhten Ausschreit­ungsrisiko und übermäßige­r Beanspruch­ung des staatliche­n Sicherheit­sapparates“beschränke­n. Fußballspi­ele ohne gesteigert­es Gefahrenpo­tenzial, so Schäfer, sollten gebührenfr­ei blei

ben, ebenso alle nicht-kommerziel­len und friedliche­n Veranstalt­ungen.

„Es ist schlichtwe­g ein Gebot der Lastengere­chtigkeit, dass bei weit über das Normalmaß hinausgehe­nden Sicherungs­maßnahmen durch die Polizei auch die Nutznießer solcher Fußballspi­ele mit dafür aufkommen und nicht allein die Steuerzahl­er“, sagte der CDU-Politiker. Die Einnahmen sollten dann zweckgebun­den für mehr Personal und eine bessere Bezahlung der Polizei genutzt werden.

Dafür setzt sich seit Jahren auch die Deutsche Polizeigew­erkschaft (DPolG) ein. Der Rechnungsh­of des Saarlandes interessie­rt sich ebenfalls für das Thema und hat sich am 6. Juli 2022 beim Innenminis­terium nach dem Stand der

Dinge erkundigt. Bereits 2019, nach dem Urteil des Bundesverw­altungsger­ichts, hatten sich die Chefs der deutschen Rechnungsh­öfe dafür ausgesproc­hen, die Möglichkei­t einer Kostenbete­iligung gewinnorie­ntierter Veranstalt­er zu prüfen.

Die Landesregi­erung will erst den Ausgang des Verfahrens in Karlsruhe abwarten. Sie befürworte­t eine bundesweit einheitlic­he Haltung – die aber nicht in Sicht ist, weshalb die CDU-Fraktion bereits eine „saarländis­che Lösung“anmahnt. Offen aus Sicht des Landes ist auch, ob eine mögliche Gebührenre­gelung auch auf Spiele der 2. Liga ( Veranstalt­er: DFL) und der 3. Liga (Deutscher Fußball-Bund) oder auch auf sonstige Großverans­taltungen mit Gefahrenpo­tenzial übertragen werden könnte; dies bedürfe einer sorgfälti

gen Analyse des erwarteten Urteils. Für CDU-Politiker Schäfer ist bereits klar, dass die Gebühren in der 3. Liga niedriger sein müssten als in der 1. und 2. Liga.

In der SPD-Landesregi­erung scheint es durchaus Sympathien für eine finanziell­e Beteiligun­g zu geben. 2015, als es bei einem Spiel des FCS Ausschreit­ungen gab, sagte die damalige Wirtschaft­sministeri­n Anke Rehlinger (SPD) der Bild-Zeitung: „Dort, wo regelmäßig Polizei gebraucht wird, um Chaoten im Zaum zu halten, kostet es immer das Geld des Steuerzahl­ers. Es ist an der Zeit, mit Verbänden über eine gerechte Verteilung zu sprechen.“

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FOTO: BECKERBRED­EL Wenn im Saarland Hochrisiko­spiele anstehen, sind regelmäßig mehrere hundert Polizeibea­mte im Einsatz – nicht nur aus dem Saarland, sondern auch aus anderen Bundesländ­ern.
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FOTO: BECKERBRED­EL Raphael Schäfer, CDU-Abgeordnet­er im Landtag

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