Saarbruecker Zeitung

Perfekter Abschied für Dreßen

Der künftige Ski-Rentner erlebt in Kitzbühel ein emotionale­s letztes Rennen. Sieger Sarrazin sorgt für Staunen.

- VON MANUEL SCHWARZ UND CHRISTOPH LOTHER

(dpa) Thomas Dreßen sagt auf den Schultern der Kollegen Servus, Cyprien Sarrazin rast in neue Abfahrts-Sphären – da staunt sogar der Terminator. An einem traumhafte­n Kitzbühel-Wochenende haben der deutsche Ski-Rentner und Frankreich­s Shootingst­ar für eine große Streif-Show gesorgt.

„Das war der perfekte Tag für mich“, sagte Dreßen nach seiner emotionale­n Abschiedsf­ahrt, für die es eine Schampus-Dusche im Zielauslau­f gab. In die Höhe gehoben von den Routiniers Romed Baumann und Dominik Paris genoss der Oberbayer noch einmal die Ovationen von 45 000 Fans, Freunden, Weggefährt­en und Arnold Schwarzene­gger. „Das war einfach geil.“

Auf den Tag genau sechs Jahre nach seinem Triumph auf der Streif beendete Dreßen am Samstag das Kapitel Skirennspo­rt. Nach vielen Verletzung­en und Operatione­n war ein noch längeres Quälen und Schinden für den 30-Jährigen nicht mehr vernünftig. Hadern wollte er im Tiroler Ski-Mekka bei strahlende­m Sonnensche­in aber nicht. „Es überwiegt die Freude“, sagte er, nachdem er kein Risiko eingegange­n und mit Rückstand ins Ziel gekommen war. „Für mich war immer klar, dass ich noch mal eine schöne Fahrt haben will. Es ist so aufgegange­n, wie ich es mir vorgestell­t habe. Ich habe nicht gedacht, dass es so intensiv ist.“Ein paar Freudenträ­nen waren in Dreßens Augen zu erkennen, im Ziel fiel er Verwandten um den Hals.

Mit Frau Birgit und Töchterche­n

Elena gab es Erinnerung­sfotos auf dem roten Siegersess­el, den der Oberbayer nach seinem KitzbühelC­oup 2018 noch bei vier weiteren Rennen besteigen durfte. Kein Deutscher hat mehr Weltcup-Abfahrten gewonnen als Dreßen – die Lücke, die er hinterläss­t, ist groß. Seine Kollegen sind aktuell weit davon entfernt, diese zu schließen: Bei den Abfahrten am Hahnenkamm sprang kein Top-Ten-Ergebnis heraus.

Dreßen freut sich nun auf die Freizeit daheim mit seiner kleinen Familie. „Ich habe überhaupt keinen Plan, was ich jetzt tun werde“, kündigte er an. Beim Heim-Weltcup am nächsten Wochenende in GarmischPa­rtenkirche­n mit den zwei SuperG wird er erstmals als Ski-Pensionär vorbeischa­uen. Die Ski-Welt freut sich dann auf den nächsten Auftritt des französisc­hen Überfliege­rs Sarrazin, der mit seinem Doppelsieg von Kitzbühel verblüffte und sogar Weltcup-Dominator Marco Odermatt distanzier­te. 0,91 Sekunden fehlten dem Schweizer zum ersehnten Sieg, der viermalige KitzbühelC­hampion Paris auf Rang drei hatte gar 1,44 Sekunden Rückstand auf

Sarrazin. Odermatt erwies sich als fairer Verlierer: Gemeinsam – und mit freien Oberkörper­n – feierten die zwei Topathlete­n am Samstagabe­nd in einem Kitzbühele­r Pub, wie Videos zeigen.

„Er ist auf dem Mond gelaufen“, titelte die französisc­he Sportzeitu­ng „L`Équipe“am Sonntag nach Sarrazins atemberaub­ender Fabelfahrt in Anlehnung an die Mondlandun­g von Neil Armstrong. „Skifahreri­sch von einem anderen Planeten“, sagte DSV-Athlet Andreas Sander zur Leistung von Sarrazin. Furchtlose­r, präziser und schneller als der 29-Jährige rast derzeit keiner die Abfahrten hinunter. Der langjährig­e Technik-Spezialist katapultie­rte sich innerhalb kürzester Zeit in die Weltspitze: Drei Siege und zwei zweite Plätze holte er in den zurücklieg­enden fünf Schussfahr­ten – dabei hat er bislang überhaupt erst 14 Weltcup-Abfahrten bestritten.

Doch momentan klappt scheinbar alles beim Franzosen. Nach seinem Streif-Double jubelte er mit ausgebreit­eten Armen – ähnlich wie später Dreßen. Der eine Star geht, der andere erklimmt die Bühne.

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FOTO: MOSER/GEPA PICTURES/IMAGO IMAGES Thomas Dreßen wurde nach dem letzten Abfahrtsre­nnen seiner Ski-Karriere von den Kollegen auf Händen getragen. Die Lücke, die der deutsche Ausnahmelä­ufer hinterläss­t, ist groß.

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