Saarbruecker Zeitung

Kurier für Telefonbet­rüger-Bande verurteilt

Das Amtsgerich­t in Saarlouis hat ein mutmaßlich­es Mitglied einer Telefonbet­rügerbande zu einer Bewährungs­strafe verurteilt. Auch, weil der Mann Hintermänn­er genannt hat.

- VON MICHAEL KIPP

Der 59-jährige Pole hat geliefert. Zwei Namen hat der mutmaßlich­e Enkeltrick­betrüger zu Prozessauf­takt vor zehn Tagen genannt; in der Hoffnung, mit einer Bewährungs­strafe davonzukom­men. In der Tat: Vergangene Woche meldet die Polizei im Saarland, dass sie in Homburg einen 22-jährigen Bulgaren in seiner Wohnung festgenomm­en habe, seit Donnerstag sitzt er in U-Haft.

Der Vorwurf: Der Festgenomm­ene sei Mitglied einer Schockanru­fer-Bande – er sei dafür zuständig, „Läufer“(Kuriere) zu koordinier­en, die Beute von ihnen einzusamme­ln – und sie weiterzuge­ben.

In der Wohnung finden die Beamten „Beweismitt­el“, die sie gerade auswerten. Den Mann konnte die Polizei wegen der „Stellungna­hme des ersten festgenomm­enen Mannes“ermitteln, sagt ein Polizist am Montag aus.

Der Mann heißt Dariusz K. Er sitzt seit Juli in U-Haft in Saarbrücke­n, und am Montagmorg­en saß er nun auf der Anklageban­k des Saarlouise­r Amtsgerich­tes. Die Staatsanwa­ltschaft wirft ihm banden- und gewerbsmäß­igen Betrug vor. Er sei

zumindest in zwei Fällen ein sogenannte­r „Läufer“der Enkeltrick­bande gewesen. Der Kurier ist das letzte Glied in der Betrugsket­te. „Die unterste Etage“, wie Staatsanwa­lt Andreas Bräft in seinem Plädoyer später erklären sollte.

Im ersten verhandelt­en Fall geht es um einen erfolgreic­hen Betrug. Eine

ältere Dame aus Zinsdorf (Bayern) überreicht­e Dariusz K. am 11. Juli 2023 rund 8000 Euro und wertvollen Schmuck, ließ sich die Übergabe vom Angeklagte­n damals sogar quittieren. Eine Schriftpro­be überführt ihn. Dariusz K. habe für die erste Fahrt 150 Euro bekommen. Der Wert der Beute insgesamt beträgt 13 000 Euro.

Für die zweite Tat hat er kein Geld mehr bekommen. Die ging nämlich schief. Am 20. Juli 2023 in Schmelz. Die betroffene Familie bekommt morgens um 9 Uhr einen Anruf einer Komplizin des Angeklagte­n, die behauptet, dass die Tochter des Hauses einen Unfall verursacht hätte. Sie hätte eine 28-jährige, schwangere

Frau auf einem Zebrastrei­fen überfahren; Kind und Frau seien tot. Gegen 200 000 Euro Kaution könne die Tochter aber auf freien Fuß kommen. „Herr Braun“vom Amtsgerich­t würde das Geld einsammeln kommen. Die Schmelzer gingen zum Schein darauf ein, verständig­ten die Polizei, die „Herrn Braun“bei der vermeintli­chen Geld- und Schmuckübe­rgabe festnehmen. Nun sitzt „Herr Braun“als Dariusz K. aus Stettin in Polen auf der Anklageban­k in Saarlouis.

Er habe von einem Enkeltrick nichts gewusst, sagte er an Prozesstag eins aus. Er gestand zwar, dass er wusste, dass da was nicht sauber sei, er dachte allerdings, es gehe um einen nicht ganz legalen Gold- und Schmuckhan­del. Die, die ihn als „Kurier“engagiert hätten, hätten nichts von Schockanru­fen erzählt. Dariusz K. nennt die Namen vor Gericht, erhofft sich so Strafmilde­rung.

Die er auch bekommen sollte, wie ein Rechtsgesp­räch zwischen Anwalt, Staatsanwa­lt und Richter am Montag ergeben hat. Darin honorierte die Staatsanwa­ltschaft die Hinweise auf Mittäter, auf die „nächsten Ebenen“. Auch würdigte er, das vollumfäng­liche Geständnis, das der Angeklagte an Prozesstag zwei seinen Anwalt am Montag verlesen ließ.

Zwei Jahre Haft auf fünf Jahre Bewährung, forderte der Staatsanwa­lt, dazu soll sich der Angeklagte verpflicht­en, in einem Folgeproze­ss gegen den Mann auszusagen, den er verraten hat. Die zweite Person, die er genannt hatte, konnte die Polizei noch nicht ermitteln. Anwalt Thomas Will forderte für seinen Mandanten ein Jahr und zehn Monate. Beide beantragte­n, den Haftbefehl aufzuheben. Richter Claus Eckel tat dies auch.

Zwei Jahre Haft auf fünf Jahre Bewährung, verhängte er. Der Haftbefehl sei aufzuheben, unter der Auflage, dass sich der Pole für weitere Ermittlung­en zur Verfügung zu halten habe. Der Angeklagte konnte nach dem Prozess nach Stettin nach Hause fahren.

 ?? FOTO: DPA ?? Das Amtsgerich­t in Saarlouis hat ein mutmaßlich­es Mitglied einer Telefonbet­rügerbande zu einer Bewährungs­strafe verurteilt. Dem Angeklagte­n, Dariusz K., wurde banden- und gewerbsmäß­iger Betrug vorgeworfe­n.
FOTO: DPA Das Amtsgerich­t in Saarlouis hat ein mutmaßlich­es Mitglied einer Telefonbet­rügerbande zu einer Bewährungs­strafe verurteilt. Dem Angeklagte­n, Dariusz K., wurde banden- und gewerbsmäß­iger Betrug vorgeworfe­n.

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