Saarbruecker Zeitung

„Spaziergän­ger“demonstrie­ren in Bildstock

- Produktion dieser Seite: Michael Emmerich Markus Saeftel

(dst/aie) Sie nennen sich selbst eine „saarländis­che Gruppierun­g, die auf die Nöte der kleinen Leute aufmerksam machen möchte und sich um den Mittelstan­d, die Wirtschaft und um die Demokratie in Deutschlan­d sorgt“. So jedenfalls die Aussage eines Teilnehmer­s beim Demonstrat­ionszug am Sonntagnac­hmittag durch die Ortsmitte von Bildstock. Ansonsten sei man „ein bunter Haufen, politisch weder links noch rechts eingestell­t“, der ganz einfach „gegen die Inkompeten­z der derzeitige­n Regierung aufstehen möchte“.

Namen werden bei den „Friedrichs­thaler Spaziergän­gern“nur selten und nicht gerne genannt. Die Beziehung zur Presse ist eher problemati­sch bis ablehnend. Ein Plakat mit der Aufschrift „Im TV läuft nur Propaganda. Glaube nichts“war am Sonntag nur ein Beispiel dafür. Weitere Plakataufs­chriften forderten den sofortigen „Rücktritt der Ampelkoali­tion“und bescheinig­ten einen „Fachkräfte­mangel vor allem in der Politik“. Deren Vertreter seien darüber hinaus „NGO-gesteuerte Marionette­n“.

Wie bereits bei anderen Veranstalt­ungen dieser Art wurde wochenlang

unter anderem in Telegram-Kanälen der saarländis­chen Querdenker-, Impfgegner- und Reichsbürg­erszene für die Demonstrat­ion geworben. Am Ende kamen jedoch nur rund 75 Personen zusammen, die ab 15 Uhr vom Marktplatz Bildstock aus mit Trommeln, Trillerpfe­ifen, Sirenen und Deutschlan­dfahnen über die Neunkirche­r Straße und Hofstraße und wieder zurück zogen. Begleitet wurde der Zug von einem halben Dutzend Polizisten.

In einer kurzen Begrüßungs­rede ging einer der Veranstalt­er auf die Anliegen der „Friedrichs­thaler Spaziergän­ger“ein und bekundete zunächst seine Solidaritä­t mit den Landwirten und deren Protesten. „Die Bauern erheben wie wir auch ihre Stimme gegen die aktuelle Politik, die ihre Betriebe zerstört.“Trotz wiederholt­en Aufrufen in verschiede­nen Bauerngrup­pen, sich an der Bildstocke­r Demo zu beteiligen, waren dennoch offensicht­lich keine

Landwirte vor Ort.

Der Redner prangerte weiterhin die Nähe der Regierende­n mit den „Superreich­en“, wie zuletzt beim Weltwirtsc­haftsforum in Davos, an und sprach von einem Krieg der Reichen gegen die Armen. Seine eher rhetorisch­e Frage: „Aus welchem Grund treffen sich unsere Politiker mit den Superreich­en, und wen vertreten sie da?“In der Abschlussk­undgebung nahm er dann außerdem positiven Bezug auf Albert Leo Schlageter – ein früher Anhänger der rechtsextr­emen NSDAP, der 1923 vor einem französisc­hen Militärger­icht wegen Spionage und Sprengstof­fattentate­n zu Tode verurteilt und hingericht­et worden war.

Während der Veranstalt­ung wurden Flyer für ein „Demokratie­fest“unter dem Slogan „Hinauf, hinauf zum Schloss“am 28. Januar in Hambach verteilt. Das Hambacher Schloss, ein Symbol der frühen deutschen Demokratie­bewegung, ist seit Jahren regelmäßig Treffpunkt der verschwöru­ngsideolog­ischen Reichsbürg­er-Szene.

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FOTO: DIETER STEINMANN Etwa 75 Personen zogen bei der Demo am Sonntag durch den Friedrichs­thaler Stadtteil Bildstock.

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