„Spaziergänger“demonstrieren in Bildstock
(dst/aie) Sie nennen sich selbst eine „saarländische Gruppierung, die auf die Nöte der kleinen Leute aufmerksam machen möchte und sich um den Mittelstand, die Wirtschaft und um die Demokratie in Deutschland sorgt“. So jedenfalls die Aussage eines Teilnehmers beim Demonstrationszug am Sonntagnachmittag durch die Ortsmitte von Bildstock. Ansonsten sei man „ein bunter Haufen, politisch weder links noch rechts eingestellt“, der ganz einfach „gegen die Inkompetenz der derzeitigen Regierung aufstehen möchte“.
Namen werden bei den „Friedrichsthaler Spaziergängern“nur selten und nicht gerne genannt. Die Beziehung zur Presse ist eher problematisch bis ablehnend. Ein Plakat mit der Aufschrift „Im TV läuft nur Propaganda. Glaube nichts“war am Sonntag nur ein Beispiel dafür. Weitere Plakataufschriften forderten den sofortigen „Rücktritt der Ampelkoalition“und bescheinigten einen „Fachkräftemangel vor allem in der Politik“. Deren Vertreter seien darüber hinaus „NGO-gesteuerte Marionetten“.
Wie bereits bei anderen Veranstaltungen dieser Art wurde wochenlang
unter anderem in Telegram-Kanälen der saarländischen Querdenker-, Impfgegner- und Reichsbürgerszene für die Demonstration geworben. Am Ende kamen jedoch nur rund 75 Personen zusammen, die ab 15 Uhr vom Marktplatz Bildstock aus mit Trommeln, Trillerpfeifen, Sirenen und Deutschlandfahnen über die Neunkircher Straße und Hofstraße und wieder zurück zogen. Begleitet wurde der Zug von einem halben Dutzend Polizisten.
In einer kurzen Begrüßungsrede ging einer der Veranstalter auf die Anliegen der „Friedrichsthaler Spaziergänger“ein und bekundete zunächst seine Solidarität mit den Landwirten und deren Protesten. „Die Bauern erheben wie wir auch ihre Stimme gegen die aktuelle Politik, die ihre Betriebe zerstört.“Trotz wiederholten Aufrufen in verschiedenen Bauerngruppen, sich an der Bildstocker Demo zu beteiligen, waren dennoch offensichtlich keine
Landwirte vor Ort.
Der Redner prangerte weiterhin die Nähe der Regierenden mit den „Superreichen“, wie zuletzt beim Weltwirtschaftsforum in Davos, an und sprach von einem Krieg der Reichen gegen die Armen. Seine eher rhetorische Frage: „Aus welchem Grund treffen sich unsere Politiker mit den Superreichen, und wen vertreten sie da?“In der Abschlusskundgebung nahm er dann außerdem positiven Bezug auf Albert Leo Schlageter – ein früher Anhänger der rechtsextremen NSDAP, der 1923 vor einem französischen Militärgericht wegen Spionage und Sprengstoffattentaten zu Tode verurteilt und hingerichtet worden war.
Während der Veranstaltung wurden Flyer für ein „Demokratiefest“unter dem Slogan „Hinauf, hinauf zum Schloss“am 28. Januar in Hambach verteilt. Das Hambacher Schloss, ein Symbol der frühen deutschen Demokratiebewegung, ist seit Jahren regelmäßig Treffpunkt der verschwörungsideologischen Reichsbürger-Szene.