Zverevs nächster Kraftakt
Der deutsche Tennisprofi muss in Melbourne erneut über fünf Sätze gehen. Im Viertelfinale wartet nun Wimbledonsieger Alcaraz.
(dpa) Alexander Zverev hat mit dem nächsten Kraftakt das Viertelfinale der Australian Open erreicht und damit auch eine Peinlichkeit vergessen gemacht. Der TennisOlympiasieger hatte am Montag in Melbourne den Geburtstag seines Vaters vergessen und wurde nach seinem Fünfsatzsieg gegen den Briten Cameron Norrie erst vom Interviewer auf dem Platz daran erinnert. „Mist, das habe ich total vergessen“, sagte Zverev. „Immerhin habe ich das Viertelfinale erreicht und so ein gutes Geschenk.“
Zusammen mit dem Publikum in der Margaret Court Arena stimmte er nach dem 7:5, 3:6, 6:3, 4:6, 7:6 (10:3) gegen Norrie ein Geburtstagsständchen an. Papa Alexander Senior regierte auf der Tribüne gerührt – und dürfte seinem Sohn angesichts des Weiterkommens verzeihen. „Ich bin hier mitten im Turnier, habe mein Handy wie immer aus. Ich weiß gar nicht, welcher Tag wann ist“, versuchte Zverev seine Vergesslichkeit zu entschuldigen. Ein Geschenk neben dem Sieg will der 26-Jährige aber noch besorgen. „Ich werde ihn noch fragen“, kündigte Zverev an.
Um seinem Vater den Geburtstag nicht zu vermiesen und zum dritten Mal in Melbourne das Viertelfinale zu erreichen, musste Zverev aber erneut Schwerstarbeit verrichten. Erst nach 4:05 Stunden verwandelte Zverev seinen ersten Matchball und riss danach erleichtert die Arme in die Höhe. Im Kampf um den Halbfinaleinzug bekommt es Zverev nun am Mittwoch mit Wimbledon-Champion Carlos Alcaraz zu tun. Der Spanier besiegte den Serben Miomir Kecmanovic klar mit 6:4, 6:4, 6:0 und konnte damit anders als Zverev
Kraft sparen. „Wenn ich so spiele wie heute, werde ich meine Chancen bekommen. Ich freue mich auf das Match“, sagte Alcaraz zum Duell mit Zverev, für den es insgesamt das elfte Viertelfinale bei einem der vier Grand-Slam-Turniere ist. Nur Boris Becker stand aus deutscher Sicht öfter in einem Viertelfinale (23). „Wenn man weniger spielt, ist man frischer. Aber ich fühle mich nicht
wie bei den US Open, wo ich komplett tot war“, sagte Zverev, der Alcaraz damals im Viertelfinale deutlich unterlegen war.
„Am Ende ist es ein Grand Slam, wo alle ihr bestes Tennis spielen. Und Cameron hat heute unglaublich gut gespielt“, sagte Zverev. Schon in der zweiten Runde hatte er gegen den slowakischen Qualifikanten Lukas Klein erst im Tiebreak des fünften
Satzes gewonnen. „Ich bin einfach nur glücklich, dass ich weiter bin.“Auch Tennis-Legende Boris Becker war erleichtert. „Marathon-Mann Sascha Zverev würde ich sagen. Irgendwas passiert bei ihm im fünften Satz, die Mentalität stimmt“, sagte Becker als TV-Experte bei Eurosport.
Gegen Norrie ließ sich Zverev auch von einem Zuschauerprotest Mitte des dritten Satzes nicht aus
der Ruhe bringen. Eine Frau hatte von der Tribüne hinter Zverev Flugblätter auf den Platz geworfen. Die Frau wollte mit ihrer Aktion offenbar auf den Nahost-Konflikt hinweisen, auf den Zetteln stand „Free Palestine“. Zwei andere Zuschauer zerrten die Person aus der Arena, da keine Ordner eingriffen. Die Partie konnte nach wenigen Minuten fortgesetzt werden. Bei der Rückkehr ins Stadi
on bekamen die beiden Zuschauer von den übrigen Besuchern lauten Applaus. Zverev hatte sich kurz in die Mitte des Platzes begeben und beobachtete das Geschehen von dort aus. „Es war schon komisch, dass sich zwei Zuschauer darum kümmern müssen. Vor allem, wenn man sieht, wie strikt die Sicherheitsvorkehrungen im Spielerbereich sonst so sind“, sagte Zverev.