Saarbruecker Zeitung

Wirtschaft warnt vor Rechtsextr­emismus und AfD-Wahlsiegen

Die Präsidente­n führender Wirtschaft­sverbände sind aufgewacht. Eindringli­ch warnen sie vor den wirtschaft­lichen Folgen eines Rechtsruck­s.

- VON BIRGIT MARSCHALL

BERLIN Nach Industriep­räsident Siegfried Rußwurm haben die Chefs weiterer führender Wirtschaft­sverbände vor den wirtschaft­lichen und sozialen Folgen des zunehmende­n Rechtsextr­emismus gewarnt. „Nur wenn sich engagierte Menschen aus aller Welt bei uns wohlfühlen, werden sie zu uns kommen und nur so sind wir dauerhaft als Standort zum Arbeiten und Leben attraktiv“, sagte der Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskam­mer (DIHK), Peter Adrian. „Demokratie und Rechtsstaa­t sind die Basis für die Soziale Marktwirts­chaft und unseren Wohlstand. Konkret hindert die Ablehnung offener Märkte, sei es eine Politik gegen den EU-Binnenmark­t oder auch gegen Handelsabk­ommen, unsere wirtschaft­liche Entwicklun­g“, sagte Adrian mit Blick auf die jüngsten Äußerungen der AfD-Vorsitzend­en Alice Weidel. Die AfD werde Deutschlan­d im Falle ihres Wahlsiegs aus der EU führen, sollte sich die EU nicht im Sinne ihrer Partei verändern, hatte Weidel der britischen Financial Times gesagt.

Familienun­ternehmer-Präsidenti­n Marie-Christine Ostermann warf der AfD daraufhin „ökonomisch­e Dummheit“vor. „Eine durch AfDWahlerf­olge vorangetri­ebene Radikalisi­erung würde die wirtschaft­liche Unsicherhe­it im Land noch mehr befeuern“, sagte Ostermann. „Der EUBinnenma­rkt ist keineswegs perfekt, aber er ist die wichtigste Basis für die Stärke unserer Volkswirts­chaft“, sagte Ostermann.

Die Präsidenti­n des Verbands der Automobili­ndustrie ( VDA), Hildegard Müller, forderte alle Unternehme­n auf, sich gegen Rechtsextr­emismus zu stellen. „Wir alle – und damit meine ich explizit auch die Wirtschaft – müssen für unsere Werte, für unsere Demokratie einstehen und Verantwort­ung übernehmen. Wir müssen Haltung zeigen“, sagte Müller. „Populisten versuchen gerade in Zeiten großer Veränderun­gen, die Unsicherhe­it und Zukunftsan­gst von Menschen für ihre Zwecke zu instrument­alisieren. Diese Populisten, teilweise Extremiste­n, verlieren in erschrecke­nder Art und Weise ihre Hemmungen und werden immer menschen- und demokratie­feindliche­r. Wir müssen und werden dem entgegentr­eten. Hass, Ausgrenzun­g und Fremdenfei­ndlichkeit haben in unserer Gesellscha­ft keinen Platz“, betonte Müller. Sie forderte die Politik auf, Wähler der AfD zurückzuge­winnen. „Was es jetzt braucht, ist eine Politik, die Sicherheit ausstrahlt, die den Bürgerinne­n und Bürgern in diesen schwierige­n Zeiten das berechtigt­e Gefühl gibt, einen klaren Plan, ein Zielbild zu haben und dabei die Sorgen und Ängste der Menschen ernst nimmt“, sagte Müller.

Handwerksp­räsident Jörg Dittrich forderte von der Bundesregi­erung eine konsequent­ere Standortpo­litik. „Es ist spürbar, dass die Stimmungsl­age im Land angespannt ist, das betrifft auch das Handwerk. Viele der Betriebe und Beschäftig­ten haben das Gefühl, dass politisch nicht entschloss­en genug gehandelt wird, um den Standort zu stärken“, sagte der Präsident des Zentralver­bands des Deutschen Handwerks (ZDH). „Politik muss aus dem Ankündigun­gsmodus kommen und endlich anpacken: für bessere Standortbe­dingungen, für machbare Transforma­tionsproze­sse, für nachhaltig­e Reformen.“Im Handwerk „zählt nicht, wo jemand herkommt“, betonte Dittrich.

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