Saarbruecker Zeitung

Ein gutes Urteil für die deutsche Demokratie

-

Es ist ein Urteil, das zufälliger­weise genau in eine zwar aufgeheizt­e, aber notwendige Debatte fällt: Der früheren NPD wird die staatliche Parteienfi­nanzierung für sechs Jahre gestrichen. Das entschied das Bundesverf­assungsger­icht am Dienstag in Karlsruhe. Damit hatten die Anträge von Bundestag, Bundesregi­erung und Bundesrat Erfolg. Die Nationalde­mokratisch­e Partei Deutschlan­ds (NPD), die sich inzwischen in Die Heimat umbenannt hat, sei darauf ausgericht­et, die freiheitli­ch-demokratis­che Grundordnu­ng zu beeinträch­tigen oder zu beseitigen, urteilten die Richter.

Hat das Urteil nun unmittelba­re Folgen auf die Diskussion um ein AfD-Verbot oder das Entziehen von staatliche­n Geldern für die Partei? Die Antwort lautet: Nein, hat es nicht. Aber es ist ein Hinweis darauf, dass man es sich als Staat nicht gefallen lassen muss, wenn eine Partei an der Verfassung rüttelt. Diese klare Maßgabe eines Gerichts könnte in diesen Tagen nicht wichtiger sein.

Warum? Zur Erinnerung:

Die AfD erhielt 2022 rund 10,5 Millionen Euro über die staatliche Parteienfi­nanzierung. Doch mehrere AfD-Landesverb­ände werden als gesichert rechtsextr­em eingestuft, ebenso die Jugendorga­nisation. Die Gesamtpart­ei wird beobachtet. Grundlage des jetzigen Urteils ist eine 2017 erfolgte Grundgeset­zergänzung, wonach einer Partei auch dann staatliche Finanzmitt­el entzogen werden können, wenn sie nicht verboten ist. Die Klausel beschloss der Bundestag mit ZweiDritte­l-Mehrheit. Hintergrun­d war, dass das Verfassung­sgericht zwar das Verbot der NPD abgelehnt hatte, auch mit der Begründung, dass sie zu irrelevant war. Gleichzeit­ig stellten die Richter aber die verfassung­sfeindlich­en Ziele der Partei fest und mahnten eine Überprüfun­g der staatliche­n Finanzieru­ng an.

Es ist das erste Mal, dass das Bundesverf­assungsger­icht auf Grundlage der neuen Gesetzesla­ge entschiede­n hat. Es ist ein Urteil, das klarmacht: bis hier hin und nicht weiter. Denn diejenigen, die die Axt an den jetzigen Staat legen wollen, aber gerne von ihm profitiere­n, müssen gewarnt sein.

Doch klar ist auch: Auch der Ausschluss von der Parteienfi­nanzierung setzt voraus, dass zuvor die Verfassung­sfeindlich­keit einer Partei vom Bundesverf­assungsger­icht festgestel­lt wurde. Und die Hürden sind ähnlich hoch wie bei einem Verbotsver­fahren. Der Weg wäre also weder schnell gangbar noch einfach. Doch das Sammeln von Indizien und Beweisen der Verfassung­sfeindlich­keit der AfD durch den Verfassung­sschutz sollte verstärkt erfolgen. Es könnte sich lohnen.

Und der AfD muss ihrerseits klar sein: Ihren Bemühungen, Deutschlan­d in seinen Grundfeste­n zu verändern, sind Riegel vorgeschob­en. Eine Demokratie muss und kann vieles aushalten. Der eigenen Abschaffun­g gegenüber ist sie jedoch wehrhaft.

Das hat Karlsruhe am Dienstag gezeigt.

 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany