Freiheitsliebende Protagonistin
Die Dokumentation „Begehren und Rebellion“gibt Einblick in einen vielschichtigen Roman.
SAARBRÜCKEN( ry) Skandalös, subversiv, polarisierend und revolutionär – so lässt sich der faszinierende Roman „Die Kunst der Freude“der italienischen Schauspielerin und Schriftstellerin Goliarda Sapienza beschreiben. Die insgesamt 700 Seiten, die über neun Jahre hinweg entstanden sind, waren zu Lebzeiten noch ein großerMisserfolg. DerRomanwurde jahrzehntelang abgelehnt, bis er schließlich nach dem Tod der Schriftstellerin endlich veröffentlicht wurde. Heute gilt er als ein emanzipatorisches Meisterwerk der Literatur des 20. Jahrhunderts.
Im Jahr 1924 wird die Autorin als Tochter militanter Antifaschisten in eine große Patchworkfamilie hineingeboren und verlebt dort eine ebenso freie wie glückliche Kindheit. Bereits mit 16 Jahren gilt sie aufgrund ihrer Begabung als die neue Sarah Bernhardt, doch die deutsche Besatzung zwingt sie schließlich in denWiderstand. Später ist sie als Theaterschauspielerin, Darstellerin für Luchino Visconti und Autorin von rund 50 Dokumentationen tätig. Erst nach demTod ihrerMutter beginnt Goliarda Sapienza mit dem Schreiben. Den Höhepunkt ihrer literarischen Laufbahn bildet der Roman „Die Kunst der Freude“, in dem sie das Leben der emanzipierten und freiheitsliebenden Protagonistin Modesta beschreibt.
In Sapienzas Buch hat sie ihrem Alter Ego ein anderes Schicksal vorbehalten: Modesta wirdam1. Januar 1900 in einem kleinen, von Armut geprägten sizilianischen Dorf geboren. Sie ist auf einer unablässigen existenziellen Suche nach Freude und Freiheit. Für den gesellschaftlichen Aufstieg sind ihr alleMittel recht, vonHinterlist und Manipulation bis hin zum Mord. Auf ihremWeg experimentiert sie mit den verschiedensten Formen der Liebe und der Sexualität.
Die Dokumentation „Begehren und Rebellion – Der Roman ‚Die Kunst der Freude‘“von Coralie Martin lässt die Lebensgeschichten der Autorin und ihrer Figur zu einem gelungenen Gesamtbild verschmelzenund erzählt, wie Goliarda Sapienza ihr literarischesWerk allenWidrigkeiten zum Trotz vollendete. Gemeinsam entsteht ein Fresko mit einer starken emanzipatorischen Aussage über die Freude amErschaffen und Sich-Selbst-Erschaffen, amSchreiben und daran, das eigene Leben zu schreiben. Goliarda Sapienza widerstand jeglicher Zensur – angefangen bei der Selbstzensur – und schuf auf dieseWeise ein subversivesWerk, das gegen alle Formen von Unterdrückung aufbegehrt. Dieses faszinierendeBuch wirddemZuschauer in der Dokumentation anschaulich nähergebracht.
Begehren und Rebellion – Der Roman „Die Kunst der Freude“, 21.40 Uhr, Arte