Der Bahnstreik, eine Katastrophe für unser Land
Es ist der Aufreger dieser Woche: In Deutschland hat der längste Bahnstreik aller Zeiten begonnen. Fast sechs Tage lang steht der Bahnverkehr bundesweit still. Dieser überzogene, arrogante und ignorante Streik der Lokführergewerkschaft GDL ist eine Katastrophe für das Land. Für Millionen Pendler und Geschäftsreisende, die nicht oder nur schwer an ihre Ziele kommen. Für zehntausende Unternehmen, die auf Lieferungen angewiesen sind. Für die Volkswirtschaft als Ganzes, die in einer Schwächephase steckt und bereits angeschlagen ist. Der Bundesverband der Industrie rechnet mit einer Milliarde Euro Gesamtschaden. Das kann sich Deutschland nicht leisten.
Zum wirtschaftlichen Schaden kommt der ökologische hinzu: Dieser Streik trägt zum weiteren Vertrauensverlust der Bahn bei.
Für die Verkehrswende ist er Gift. Wieder mehr Menschen steigen von der Bahn aufs Auto um, womöglich dauerhaft. Da hilft es auch nicht, dass Bund und Länder das Deutschlandticket bis Ende des Jahres weiter für 49 Euro anbieten wollen. Das Image der Bahn ist bereits beschädigt, weil in Deutschland jeder dritte Bahnreisende nicht pünktlich ans Ziel kommt und sich die Bahn-Manager trotzdem großzügig Boni genehmigen. Nun erleidet die Bahn noch einen Imageverlust und der Klimaschutz einen Rückschlag. Auch das kann sich Deutschland nicht leisten.
Seit November hat die GDL nicht mehr verhandelt, allein das ist ein Skandal. Und die Bahn hat unmittelbar vor der jüngsten Streikankündigung ein neues Angebot unterbreitet. Sie war nun bereit, auch über eine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich zu sprechen. Ein starkes Signal, das GDL-Chef Weselsky unverständlicherweise sofort ausgeschlagen hat. Millionen Arbeitnehmer würden jubeln, wenn sie bei weniger Arbeitszeit ihr volles Gehalt weiter bekämen.
Die Bahn hat eine optionale Verkürzung von 38 auf 37 Stunden bei vollem Lohnausgleich angeboten. Wer das nicht will, soll eine Gehaltserhöhung bekommen. Das lässt sich sicher noch verbessern. Doch die Lokführer stellen weiterhin überzogene Forderungen:
Sie wollen 35 Stunden bei vollem Lohnausgleich und darüber hinaus neben einer Inflationsausgleichsprämie von 3000 Euro auch noch mindestens 555 Euro mehr im Monat. Das würde die Bahn finanziell überfordern, die Mittel für die Sanierung des maroden Schienennetzes einsetzen muss. Ihr schlüssiges Hauptargument aber lautet: Wir haben nicht das Personal, das die mehr ausfallenden Stunden der Lokführer übernehmen könnte.
Tarifautonomie ist ein hohes Gut, aber sie darf nicht dazu führen, dass eine ganze Volkswirtschaft von einer Mini-Gewerkschaft nachhaltig geschädigt wird. Deshalb wird die Politik erneut über tarifrechtliche Änderungen diskutieren müssen, um Streiks von Spartengewerkschaften an neuralgischen Stellen und öffentlichen Gütern einzudämmen. Im aktuellen Konflikt muss die GDL jetzt unbedingt einlenken – spätestens kommende Woche. Bis dahin sollten Politik, Wirtschaft und Öffentlichkeit maximalen Druck auf die GDL aufbauen. Der Weg aus der Verhandlungsblockade kann über eine Schlichtung führen.