Undemokratisches Lehrstück
Ist doch bloß ein Zweckbau. Ruhig weg damit. Wozu das ganze Theater? Denkmalschutz macht nur Probleme. Baut dort in exponierter Lage, quasi dem Einfallstor in die Landeshauptstadt, etwas Markantes – so ähnlich dürften hierzulande viele denken.
Sicher, das Finanzamt ist architektonisch kein Juwel. Auch dass es regionalhistorisch bedeutsam ist, wird vielen egal sein. Aber können uns auch die anderen Gründe gleichgültig sein, die für den Erhalt sprechen? 1) Büro gegen Büro? Das Land will den Bürotrakt abreißen und durch ein neues Bürogebäude ersetzen. Gibt es in Saarbrücken nicht Leerstandsflächen zuhauf, die hierfür umnutzbar wären? 2) Wo bleiben Nachhaltigkeitserwägungen? Ein derart riesiger Betonbau (125 Meter lang, fünf Geschosse) speichert ungeheuer viel CO2. Sollte das Land nicht allmählich auch ökologische Zeichen setzen? Es sollte zumindest schlüssig nachweisen, dass das Gebäude partout nicht zu erhalten ist. 3) StudentenWGs mitten in der City? Eine Umnutzung als Wohnblock wäre leicht machbar. Bei WG-Nutzungen (statt Einzelappartements) blieben die Kosten überschaubar. Auch würde dies viel eher für eine Stadtbelebung sorgen als Büros.
Das Wichtigste aber ist: Lernen wir nicht gerade, wie wichtig die Verteidigung demokratischer Prinzipien und politische Glaubwürdigkeit ist? Muss eine Regierung da nicht zwingend Vorbild sein? Dass der Denkmalschutz vielen egal ist, tut nichts zur Sache. Vielmehr geht es um sehr viel Grundsätzlicheres – demokratische Gepflogenheiten. Der Streitfall Finanzamt zeigt: Die Art und Weise, wie das Land bar jeder Diskussion hinten herum „par ordre du mufti“die ihm qua Verfassung zugeschriebene Aufgabe (Schutz und Pflege eines Denkmals) konterkariert, ist äußerst bedenklich. Ein Abriss mag am Ende der Debatte stehen, nicht aber darf sie an deren Beginn stehen.