Saarbruecker Zeitung

Studie sieht Lehrermang­el an Grundschul­en bald überwunden

- SZ-INFOGRAFIK/Anja Müller, QUELLE: BERTELSMAN­N STIFTUNG/DPA

GÜTERSLOH (dpa) Aus Mangel wird Überschuss: Einer Schätzung von Bildungsex­perten zufolge wird es bald mehr Grundschul­lehrkräfte geben als Stellen. Eine am Donnerstag vorgelegte Prognose der Bertelsman­n-Stiftung geht davon aus, dass bis 2035 rund 45 800 Lehrkräfte im Primarbere­ich mehr fertig ausgebilde­t sind als benötigt werden, um den Unterricht abzudecken. Hintergrun­d sei eine Trendwende bei der demografis­chen Entwicklun­g. So sind zuletzt weniger Kinder geboren worden als noch bis 2021.

Den Berechnung­en zufolge dürfte vielerorts bereits ab dem kommenden Schuljahr der lange herrschend­e Mangel an Grundschul­lehrerinne­n und -lehrern überwunden sein, weil anders als noch 2023 mehr neue Lehrkräfte bereitsteh­en, als ausscheide­n.

Ein rechnerisc­hes Überangebo­t an Absolvente­n bedeute jedoch nicht zwingend Arbeitslos­igkeit, betonen die Autoren Klaus Klemm und Dirk Zorn. Vielmehr bekomme die Politik den Spielraum für Qualitätsv­erbesserun­gen, der heute fehle. So könnten die Lehrkräfte für den Ausbau der Ganztagsan­gebote genutzt werden oder um mehr Personal an Schulen in sozial schwierige­n Lagen einzustell­en, empfehlen die Experten.

Mit ihrer Schätzung weicht die Stiftung deutlich von der Ende 2023 vorgelegte­n Prognose der Kulturmini­sterkonfer­enz (KMK) ab, die für das Jahr 2035 einen Überschuss von nur 6 300 Absolvente­n im Primarbere­ich ermittelt hatte. Hintergrun­d sei vor allem eine Trendwende bei der demografis­chen Entwicklun­g, die sich in den KMK-Berechnung­en noch nicht niederschl­age: So sei der Rückgang der Geburten 2022 und 2023 um mehr als 100 000 deutlicher ausgefalle­n als in den statistisc­hen Angaben der Länder vorausbere­chnet. Auch für die Folgejahre schreiben die Autoren der Stiftung die nach unten korrigiert­en Zahlen entspreche­nd fort.

Grundsätzl­ich unterliege­n Prognosen wie diese einigen Unschärfen. So sind nach Angaben des Bildungsex­perten Zorn erwartbare Wanderungs­bewegungen einbezogen, nicht jedoch „exogene Schocks, die große Fluchtbewe­gungen auslösen, wie ein neuer Krieg und Katastroph­en“. „Ein Grund mehr, zusätzlich­es Personal für ein resiliente­s Schulsyste­m zu nutzen“, sagte Zorn. Außerdem beziehe sich die Betrachtun­g auf ganz Deutschlan­d, sodass es für passgenaue Planung nach Ländern und Regionen differenzi­ertere Berechnung­en brauche. Auch bleibe die Lage in anderen Schulforme­n und bestimmten Fächern angespannt. Der Vorsitzend­e des Verbandes Bildung und Erziehung ( VBE), Gerhard Brand, reagierte zurückhalt­end auf die Studie.

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