Saarbruecker Zeitung

„Die Öffentlich­keit wird veralbert“

Der GDL-Vorsitzend­e macht das Management der Deutschen Bahn für Milliarden­schäden verantwort­lich.

- DIE FRAGEN STELLTE HAGEN STRAUSS

adRkhm Zur Halbzeit des fast sechstägig­en Bahnstreik­s zieht der Chef der Lokführerg­ewerkschaf­t GDL, Claus Weselsky, eine positive Bilanz. Er erlebe „Disziplin auf breiter Front“. Scharf attackiert Weselsky die Union für Vorschläge, das Streikrech­t zu ändern. Und der nächste Ausstand könnte noch länger dauern.

Herr Weselsky, es ist Halbzeit des GDL-Streiks. Wie läuft der Ausstand?

vdrdkrKY Ich erlebe Disziplin auf breiter Front. Die Stimmung ist exzellent. Auch die Solidarisi­erung mit uns Eisenbahne­rn ist groß. Viel mehr Kunden haben Verständni­s für den Streik als mancher behauptet. Und dies trotz der immer wiederkehr­enden Angriffe aus der Politik und der Wirtschaft. Für mich heißt das alles: Die GDL lebt und ist kampfberei­t.

Sie sagen es: Die Wirtschaft spricht von einer Milliarde Euro Schaden durch den fast sechstägig­en Streik. Und die Politik nimmt jetzt das Streikrech­t ins Visier. Besorgt Sie das nicht?

vdrdkrKY Nein. Das ist doch Unfug. Für den angebliche­n, wirtschaft­lichen Schaden sind nicht wir, sondern ist das Bahn-Management verantwort­lich. Die, die uns jetzt kritisiere­n, sind außerdem dieselben Typen, die 1993 die Privatisie­rung entschiede­n haben und einen unnützen Börsengang durchführe­n wollten. Die am Ende auch den Beamtensta­tus im Eisenbahns­ystem abgeschaff­t haben. Diese Leute stellen sich jetzt aufs Podium und fordern, das Streikrech­t zu verändern. Das ist doch pervers.

Was sagen Sie denn konkret dazu?

vdrdkrKY Es ist unverfrore­n, die Rechte der Arbeitnehm­er beschneide­n zu wollen, weil sie für bessere Arbeitszei­ten und ein höheres Einkommen kämpfen. Wenn gerade die Union darüber nachdenkt, ist das zugleich bezeichnen­d. Denn es war die CDU, die die Bahn im Privatisie­rungswahn mit herunterge­wirtschaft­et hat. Die Union hat zu verantwort­en, was aus der Eisenbahn geworden ist. Ein marodes Unternehme­n, das nicht in der Lage ist, seine Kunden pünktlich an die Zielorte zu bringen. Dafür sind nicht die Arbeitnehm­er verantwort­lich.

“Für den angebliche­n, wirtschaft­lichen Schaden sind nicht wir, sondern ist das BahnManage­ment verantwort­lich.“Claus Weselsky Vorsitzend­er der GDL

Sehen Sie eine Chance, den laufenden Streik vorzeitig zu beenden?

vdrdkrKY Es kann jeden Tag ein Ereignis eintreten, das uns gebietet, uns an den Verhandlun­gstisch zu setzen. Ich kann der Deutschen Bahn aber nicht vorschreib­en, was sie wann zu tun hat. Ich bin derjenige, der sich dagegen wehrt, dass man uns Scheinange­bote macht, die am Ende des Tages ihre Tinte nicht wert sind. Die Öffentlich­keit wird veralbert. Deswegen die harten Worte. Und unsere harte Haltung.

Womöglich wird irgendwann eine Schlichtun­g notwendig sein. Was dann?

vdrdkrKY Bisher sehe ich die nicht. Ich lehne eine Schlichtun­g auch genauso lange ab, wie Personalvo­rstand Seiler es ablehnt, mit mir Tarifvertr­äge über andere Berufsgrup­pen im Konzern zu schließen. Das steht ihm gar nicht zu. Ich lasse keinen Schlichter – von wem auch immer gestellt – darüber befinden, ob wir einen Tarifvertr­ag für Fahrdienst­leister bekommen oder nicht.

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FOTO: BERND WEISSBROD/DPA Claus Weselsky, Vorsitzend­er der Gewerkscha­ft Deutscher Lokomotivf­ührer, sieht eine große Solidarisi­erung mit den Eisenbahne­rn.

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