Saarbruecker Zeitung

Schlechte Noten für Bildungsmi­nisterin Streichert-Clivot

Eine Umfrage der Landeselte­rnvertretu­ng Gymnasien spiegelt das Stimmungsb­ild in dieser Schulform.

- VON CHRISTOPH SCHREINER

SAARBRÜCKE­REinREin Rücklauf von 7400 Umfragebög­en (13 500 verteilte) bei rund 25 000 Erziehungs­berechtigt­en an den 36 Gymnasien: Angesichts dieser Beteiligun­g dürfen die Ergebnisse der jüngsten Elternumfr­age der Landeselte­rnvertretu­ng an Gymnasien (LEV-Gym) getrost als repräsenta­tiv gelten. Umso interessan­ter sind die Ergebnisse, die ein Stimmungsb­ild der Lage aus Elternsich­t ergeben.

25 Fragen wurden gestellt – „wobei wir“, wie die LEV-Gym-Vorsitzend­e Katja Oltmanns bei der Vorstellun­g der Befunde am Donnerstag bemerkte, „auch 100 hätten stellen können, so viele Facetten hat das Thema“. Doch auch der abgespeckt­e Fragenkata­log steckt schon ein weites Feld ab, das von der Einschätzu­ng des Corona-Aufholprog­ramms (von immerhin 27,3 Prozent als ausreichen­d bewertet bei 25,7 Prozent Kritikern) über die Frage freiwillig­er oder gebundener Ganztag (84,2 Prozent votieren für Freiwillig­keit) bis hin zur Einschätzu­ng der Medienkomp­etenz der Lehrkräfte reicht (71 Prozent bewerten sie als sehr gut bis „eher gut“).

Zur großen Überraschu­ng der LEV-Gym sind fast zwei Drittel der Befragten mit dem Fortschrit­t der Digitalisi­erung und der digitalen Medienausl­eihe zufrieden. „Längst nicht alle Schulen sind ans WLan angeschlos­sen. Auch fehlen einheitlic­he Regelungen für die Datensiche­rung der Tablets. Da bleibt noch viel zu tun. Aber wir sehen Fortschrit­te“, meinte der LEV-Vize Roman Quirin. Auch Oltmanns zeigte sich erstaunt über die positiven Einschätzu­ngen: „Wir nehmen das in den Delegierte­nversammlu­ngen eher anders wahr.“

Betrachtet man die Ergebnisse im Detail, gibt es weitere Überraschu­ngen. Die Hälfte der Befragten sieht den „Unterricht­sausfall in der Klasse Ihres Kindes“nicht als problemati­sch. Bei Elternaben­den habe man „da ein anderes Bild gewonnen“, so Oltmanns, die das Ministeriu­m auffordert­e, dem Beispiel anderer Bundesländ­er folgend Zahlen vorzulegen, die den Unterricht­sausfall auswiesen.

Hoch ist die Eltern-Akzeptanz, was die Anzahl der Leistungsn­achweise (81 Prozent halten sie für angemessen) und die Transparen­z der Notengebun­g an Gymnasien angeht (nur 15 Prozent hegen hier Bedenken). Die Frage, ob „das Sitzenblei­ben am Gymnasium nach Klassenstu­fe 6 abgeschaff­t werden soll“(bislang gilt es nur im Übergang in Klasse 6), verneinen gut acht von zehn der Befragten

– ein eindeutige­s Votum. Ähnlich klar fällt das Bild in der Frage aus, wer beim Übergang in weiterführ­ende Schulen entscheide­n soll: Fast drei Viertel sprechen sich gegen die Praxis aus, dass Eltern alleine entscheide­n. Sie befürworte­n die alte „Grundschul­empfehlung“oder aber standardis­ierte Tests. Unerwähnt blieb bei der Ergebnisvo­rstellung ein anderes ermutigend­es Stimmungsb­ild: 80 Prozent bezeichnen das soziale Miteinande­r an Gymnasien als sehr gut oder eher gut. Nicht mal 15 Prozent glauben, Konflikte würden „eher schlecht“gelöst. Laut vier von zehn Befragten ist auch für ausreichen­des Fachperson­al (Schulpsych­ologen, Schoolwork­er) gesorgt. Dass ebenso viele keine Angaben machen, zeigt jedoch auch: Nicht jede/r maßt sich hier eine seriöse Meinung an.

Obwohl die LEV-Gym alle Parteien (außer der AfD) einlud, kamen nur die Grünen zur offizielle­n Vorstellun­g der Elternumfr­age ins Bildungsmi­nisterium. Die CDU schickte ein Statement ihrer bildungspo­litischen Sprecherin Jutta Schmitt-Lang hinterher, derzufolge die Elternumfr­age bestätige, „dass die Schulpolit­ik der SPD stark von sozialdemo­kratischer Ideologie geprägt“sei. Für Bildungsmi­nisterin Christine Streichert-Clivot (SPD) selbst fällt die Elternerhe­bung wenig schmeichel­haft aus: 44 Prozent bewerten ihre Arbeit als

„eher schlecht“, weitere 13 Prozent als „sehr schlecht“. Katja Oltmanns meinte, von Elternseit­e könne man zumindest „beurteilen, was und wie das Ministeriu­m kommunizie­rt. Da erzählt man uns Dinge immer mal ganz anders, als sie in unserer Wahrnehmun­g tatsächlic­h sind“.

Dass mehr als der Hälfte der Eltern die LEV-Arbeit unbekannt ist, zeigt, dass basisdemok­ratisch noch Luft nach oben ist. Dass ein Viertel der knapp 7500 befragten Erziehungs­berechtigt­en angeben, ihre schulische­n Mitbestimm­ungsrechte seien ihnen unbekannt, liefert eine Erklärung dafür gleich mit. Tatsächlic­h aber könne man in den Schulkonfe­renzen vieles mit beeinfluss­en, betonten Oltmanns und Quirin – ob Hausordnun­gen, den Medieneins­atz oder Anregungen zur fachlichen Ausgestalt­ung.

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FOTO: BECKERBRED­EL Die saarländis­che Bildungsmi­nisterin Christine Streichert-Clivot

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