Schlechte Noten für Bildungsministerin Streichert-Clivot
Eine Umfrage der Landeselternvertretung Gymnasien spiegelt das Stimmungsbild in dieser Schulform.
SAARBRÜCKEREinREin Rücklauf von 7400 Umfragebögen (13 500 verteilte) bei rund 25 000 Erziehungsberechtigten an den 36 Gymnasien: Angesichts dieser Beteiligung dürfen die Ergebnisse der jüngsten Elternumfrage der Landeselternvertretung an Gymnasien (LEV-Gym) getrost als repräsentativ gelten. Umso interessanter sind die Ergebnisse, die ein Stimmungsbild der Lage aus Elternsicht ergeben.
25 Fragen wurden gestellt – „wobei wir“, wie die LEV-Gym-Vorsitzende Katja Oltmanns bei der Vorstellung der Befunde am Donnerstag bemerkte, „auch 100 hätten stellen können, so viele Facetten hat das Thema“. Doch auch der abgespeckte Fragenkatalog steckt schon ein weites Feld ab, das von der Einschätzung des Corona-Aufholprogramms (von immerhin 27,3 Prozent als ausreichend bewertet bei 25,7 Prozent Kritikern) über die Frage freiwilliger oder gebundener Ganztag (84,2 Prozent votieren für Freiwilligkeit) bis hin zur Einschätzung der Medienkompetenz der Lehrkräfte reicht (71 Prozent bewerten sie als sehr gut bis „eher gut“).
Zur großen Überraschung der LEV-Gym sind fast zwei Drittel der Befragten mit dem Fortschritt der Digitalisierung und der digitalen Medienausleihe zufrieden. „Längst nicht alle Schulen sind ans WLan angeschlossen. Auch fehlen einheitliche Regelungen für die Datensicherung der Tablets. Da bleibt noch viel zu tun. Aber wir sehen Fortschritte“, meinte der LEV-Vize Roman Quirin. Auch Oltmanns zeigte sich erstaunt über die positiven Einschätzungen: „Wir nehmen das in den Delegiertenversammlungen eher anders wahr.“
Betrachtet man die Ergebnisse im Detail, gibt es weitere Überraschungen. Die Hälfte der Befragten sieht den „Unterrichtsausfall in der Klasse Ihres Kindes“nicht als problematisch. Bei Elternabenden habe man „da ein anderes Bild gewonnen“, so Oltmanns, die das Ministerium aufforderte, dem Beispiel anderer Bundesländer folgend Zahlen vorzulegen, die den Unterrichtsausfall auswiesen.
Hoch ist die Eltern-Akzeptanz, was die Anzahl der Leistungsnachweise (81 Prozent halten sie für angemessen) und die Transparenz der Notengebung an Gymnasien angeht (nur 15 Prozent hegen hier Bedenken). Die Frage, ob „das Sitzenbleiben am Gymnasium nach Klassenstufe 6 abgeschafft werden soll“(bislang gilt es nur im Übergang in Klasse 6), verneinen gut acht von zehn der Befragten
– ein eindeutiges Votum. Ähnlich klar fällt das Bild in der Frage aus, wer beim Übergang in weiterführende Schulen entscheiden soll: Fast drei Viertel sprechen sich gegen die Praxis aus, dass Eltern alleine entscheiden. Sie befürworten die alte „Grundschulempfehlung“oder aber standardisierte Tests. Unerwähnt blieb bei der Ergebnisvorstellung ein anderes ermutigendes Stimmungsbild: 80 Prozent bezeichnen das soziale Miteinander an Gymnasien als sehr gut oder eher gut. Nicht mal 15 Prozent glauben, Konflikte würden „eher schlecht“gelöst. Laut vier von zehn Befragten ist auch für ausreichendes Fachpersonal (Schulpsychologen, Schoolworker) gesorgt. Dass ebenso viele keine Angaben machen, zeigt jedoch auch: Nicht jede/r maßt sich hier eine seriöse Meinung an.
Obwohl die LEV-Gym alle Parteien (außer der AfD) einlud, kamen nur die Grünen zur offiziellen Vorstellung der Elternumfrage ins Bildungsministerium. Die CDU schickte ein Statement ihrer bildungspolitischen Sprecherin Jutta Schmitt-Lang hinterher, derzufolge die Elternumfrage bestätige, „dass die Schulpolitik der SPD stark von sozialdemokratischer Ideologie geprägt“sei. Für Bildungsministerin Christine Streichert-Clivot (SPD) selbst fällt die Elternerhebung wenig schmeichelhaft aus: 44 Prozent bewerten ihre Arbeit als
„eher schlecht“, weitere 13 Prozent als „sehr schlecht“. Katja Oltmanns meinte, von Elternseite könne man zumindest „beurteilen, was und wie das Ministerium kommuniziert. Da erzählt man uns Dinge immer mal ganz anders, als sie in unserer Wahrnehmung tatsächlich sind“.
Dass mehr als der Hälfte der Eltern die LEV-Arbeit unbekannt ist, zeigt, dass basisdemokratisch noch Luft nach oben ist. Dass ein Viertel der knapp 7500 befragten Erziehungsberechtigten angeben, ihre schulischen Mitbestimmungsrechte seien ihnen unbekannt, liefert eine Erklärung dafür gleich mit. Tatsächlich aber könne man in den Schulkonferenzen vieles mit beeinflussen, betonten Oltmanns und Quirin – ob Hausordnungen, den Medieneinsatz oder Anregungen zur fachlichen Ausgestaltung.