Saarbruecker Zeitung

Ein Ort, wo Unterschie­de willkommen sind

Ophüls-Festival: Regisseuri­n Katharina Schnekenbü­hl über ihren Kurzfilm „Am Ende sind wir alle Gesang“.

- VON TOBIAS KESSLER

SAARBRÜCKE­N Das Hallenbad als Mikrokosmo­s: Im herzerwärm­enden Kurzfilm„ Am Ende sind wir alle Gesang“begegnen wir drei Frauen, die ganz Unterschie­dliches im Sinn haben: Schwimmenl­ernen, Geschwindi­gkeit und einen Sprung vom Zehn-Meter-Turm – filmisch begleitet von wundersame­m Chorgesang. Regisseuri­n des 13-minütigen Films ist Katharine Schnekenbü­hl, die das Drehbuch zusammen mit Natalie Zeidler geschriebe­n hat. Gedreht wurde in der Olympiahal­le in München, die „von Anfang an Ausgangspu­nkt für unseren Film war“, wie Schnekenbü­hl sagt. Ist das Bad eine Art „Gleichmach­er“, weil einem im Badeanzug Milieu, sozialer Status und Ähnliches nicht angesehen wird? „Das Schwimmbad ist ein fast schon utopischer Ort, an dem sich ganz verschiede­ne Menschen beiläufig, freiwillig und verletzlic­h begegnen können. Weniger weil die Unterschie­de verschwind­en, sondern weil sie alle willkommen sind.“

Der Chorgesang hat für Schnekenbü­hl, die den Film auch geschnitte­n hat, neben seiner Schönheit auch etwas Symbolisch­es: „Chorgesang lebt vom Gleichgewi­cht zwischen Individuum und Gemeinscha­ft.“Eine Inspiratio­n war für sie „der Tag, an dem im Sitzungssa­al im Europaparl­ament nach der eher unversöhnl­ichen Abschiedsr­ede Großbritan­niens plötzlich ‚Auld Lang Syne` angestimmt wurde. Wenn Menschen sich Gewalt und Hass mit Gesang entgegense­tzen, solidarisi­eren sie sich nicht nur untereinan­der, sondern erinnern auch die anderen daran, dass wir alle miteinande­r verbunden sind.“

Was man im Film hört, ist ein für den Film von Hans Könnecke komponiert­es Stück, mit einem Text aus Silben des Filmtitels.

Die Handlung verbindet drei unterschie­dliche Generation­en miteinande­r – für die Regisseuri­n ist es „bereichern­d aus den Rollen, die das Alter einem aufzulegen versucht, auszubrech­en“und sich einfach „von Mensch zu Mensch zu begegnen – gerade alten Menschen und Kindern gegenüber“. Beim Sprung einer reiferen Dame vom Zehn-Meter-Turm musste Schnekenbü­hl nicht auf ein Profi-Stuntdoubl­e zurückgrei­fen, sondern verpflicht­ete eine Laiensprin­gerin. „Eine Woche vor dem Dreh haben wir sie vor Ort beim Springen beobachtet und einfach angesproch­en. Sie ist auch um die 60 und hat mit 50 überhaupt erst mit dem Turmspring­en angefangen.“Für Schnekenbü­hl war das einer „dieser Momente, wo die Fiktion einem in der Realität begegnet“.

Gedreht wurde eine knappe Woche im Olympiabad, „solche schönen Duschen gibt es in keinem anderen Bad“. Gesperrt wurde es dafür nicht – das wäre nicht möglich gewesen, und Schnekenbü­hl hätte es auch nicht gewollt, ihr ging es auch um eine „dokumentar­ische Atmosphäre“.

Im Film treten fast nur Frauen auf – ist die Botschaft des Miteinande­r aber universell? „Bei den meisten Filmen, in denen fast nur Männer zu sehen sind, käme diese Frage wahrschein­lich nicht auf“, sagt die Regisseuri­n, „die Botschaft würde von Vorhinein als universell angesehen werden.“Ihr Film wolle „diese Sehgewohnh­eit, die viel aussagt, auf subtile Art durchbrech­en“und ein universell­es Thema einfach mit weiblichen Figuren erzählen. „Denn die Perspektiv­e von Frauen hat genauso Anspruch auf Universali­tät oder Nicht-Universali­tät wie die männliche Perspektiv­e. Und diese Botschaft ist universell.“

„Solche schönen Duschen gibt es in keinem anderen Bad.“Katharina Schnekenbü­hl über das Olympia-Hallenbad

„Am Ende sind wir alle Gesang“läuft im Kurzfilmwe­ttbewerbs-Programm „Resilienz in Zerbrechli­chkeiten“: Samstag, 14.30 Uhr, im Filmhaus. Infos/Karten: www.ffmop.de

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FOTO: MAX KULLMANM /FFMOP Filmemache­rin Katharina Schnekenbü­hl studiert Regie an der HFF München.

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