Saarbruecker Zeitung

Saar-Filmkünstl­er sorgen für bewegende Bilder

Drei Kameraleut­e aus der Region wirkten an Wetttbewer­bsfilmen für das Max- Ophüls-Festival mit. Der SZ erzählten sie von ihrem Werdegang – und von ihren Zielen über die Kamera-Arbeit hinaus.

- VON SILVIA BUSS

SAARBRÜCKE­N In diesem Jahr kann man in den Teams der Wettbewerb­sfilme des Festivals Max Ophüls Preis nicht nur vielen Regisseuri­nnen und Regisseure­n, sondern auch erstaunlic­h vielen Kameraleut­en saarländis­cher Herkunft begegnen. Wie kommt man als junger Mensch fernab von Babelsberg und Hollywood auf die Idee, diesen Beruf ergreifen zu wollen?

Anselm Belser (44) und Eva Kirsch (27) kennen sich schon, obwohl er in Berlin lebt und sie in Hamburg. Kirsch, die im Zweitstudi­um an der Kunsthochs­chule (HFBK) Hamburg Film studiert, und daneben nicht bloß als Kamerafrau arbeitet, sollte Belser bei seinem Abschlussf­ilm „Wo keine Götter sind, walten Gespenster“, dramaturgi­sch beraten. Vermittelt hatte den Job eine gemeinsame Freundin. Doch dann kam ein anderer Job dazwischen. Und Kirsch konnte beim Dreh nur fünf Tage bleiben.

Eva Kirsch und David-Simon Groß (29), der heute in Leipzig lebt, lernen sich erst beim SZ-Gespräch kennen. Obwohl Kirsch, gebürtig in Neunkirche­n, in Wemmetswei­ler aufgewachs­en ist – und der kaum ältere Groß in Stennweile­r. „Das ist ja gleich um die Ecke“, stellen sie lachend fest. Noch etwas zeigt sich bald: Der Weg zur Kamera verlief bei allen drei anders, selten gradlinig, und alle verstehen sich als mehr – als Filmemache­r, die nicht nur Kamera fahren, sondern eigene Filme realisiere­n wollen.

Anselm Belser aus Walsheim ging nach dem Abi zunächst nach Bochum zum Projekt „Theater Total“, bei dem junge Leute sich neun Monate lang in allen Berufen des Theaters ausprobier­en können. Danach machte er weiter mit einer dreijährig­en Ausbildung in Bewegungst­heater auf der Schweizer Dimitri-Schule, spielte anschließe­nd in Italien an Theater und Oper und entdeckte erst da durch ein Miniprojek­t sein Interesse am Film. In Berlin, erzählt er, erwarb er erstes Rüstzeug auf der alternativ­en Filmschule Arche, bewarb sich und schaffte es mit 30 Jahren auf

Anhieb auf die renommiert­e Deutsche Film- und Fernsehaka­demie Berlin (DFFB). Warum er sich für das Fach Kamera entschied? „Ich hab` gemerkt, ich kann als Kameramann mit den Bildern tanzen und so mit den Schauspiel­ern zusammen Protagonis­t sein, ohne mich selbst ins Bild stellen zu müssen, das hat mich

Der Weg zur Kamera verlief bei allen drei Künstlern anders, selten gradlinig, und alle verstehen sich eigentlich als mehr – als Filmemache­r.

wahnsinnig fasziniert“, sagt Belser.

Eva Kirsch wiederum, die zunächst Angewandte Theaterwis­senschaft in Gießen studierte, fand in der Performanc­e-Szene zur Kamera. Bei Bühnenproj­ekten führte sie oft die Live-Kamera. Um mehr übers Filmen zu lernen, ohne sich auf einen der Filmberufe festzulege­n, ging sie dann zur Kunsthochs­chule. Da habe sie sich alles über Kamera durch Learning by Doing beigebrach­t.

Ganz anders David-Simon Groß: Ihm ging es anfangs gerade um eine handwerkli­che Ausbildung. Nach dem Design-Fachabi sah er seine Zukunft als Gestalter in Werbeagent­uren. Doch die ersten Erfahrunge­n waren desillusio­nierend. „Man musste sich nur an die Wünsche des Kunden anpassen, konnte keine eigenen Visionen umsetzen, das war fürchterli­ch.“Er probierte es mit einem Workshop beim Saarbrücke­r Filmemache­r Michael Koob. Daraus wurde ein Jahresprak­tikum, von dem Groß noch heute schwärmt.

Vom Umgang mit der Kamera übers Schneiden bis hin zum ersten eigenen Kurzfilm – Koob habe ihn in allem unterstütz­t. Gleich mit dem zweiten Kurzfilm hat er sich auf einer Filmhochsc­hule beworben. Er wollte unbedingt auf eine der besten, die Konrad Wolf in Babelsberg. Und er wurde genommen.

Seinen Abschluss machte Groß 2020/21 mit einem Dokumentar­film über die ehemaligen DDR-Vertragsar­beiter in Mozambique, deren Lohnzahlun­gen bis heute ausstehen. Auf das Thema kam er durch ein Freiwillig­es Soziales Jahr.

Seitdem möchte er am liebsten nur noch Dokumentar­filme machen. Doch leben könne man davon nicht. Deshalb macht er auch andere Jobs. Oft ist er Kameramann für Filme von anderen, wie jetzt für den MOP-Wettbewerb­steilnehme­r „Draußen brennt's“. Für „Geister“, ebenfalls im Wettbewerb, machte Groß das Colour Grading, die farbliche Nachbearbe­itung des Bildmateri­als. Die deutsche Filmbranch­e und ihre Arbeitsbed­ingungen auch für gelernte Kameraleut­e seien schon „sehr schwierig“. Da nicken auch die beiden anderen.

Hier helfen Krankheits­vertretung­en an der früheren Hochschule, pure Auftragsar­beiten wie Videos für Musikschul­en, Jobs als Beleuchter, ,„Lampenschu­bser“genannt, oder auch Hausmeiste­rjobs oftmals über die Runden.

Eva Kirsch, die für den Wettbewerb­sfilm „Ich hab Dich tanzen sehen“die Kamera mit übernahm, hat sich schon früh mehrere Standbeine verschafft. Vier Jahre machte sie die Pressearbe­it fürs Grazer Filmfestiv­al Diagonale. Sie schreibt für Festivals über Film, berät Filmteams bei deren Projekten und kuratiert als Teil eines Kollektivs die Hamburger Dokumentar­filmwoche. Bevor sie ihr Filmstudiu­m abschließt, will sie aber auch noch einige eigene Filmprojek­te realisiere­n.

Groß ist seinem nächsten Dokumentar­film dank saarländis­cher Filmförder­ung gerade einen Schritt näher gekommen. Demnächst kann er damit für einige Wochen in Brasilien recherchie­ren, warum im kleinen Ort Sao Vendelino immer noch deutsches Brauchtum gepflegt wird.

 ?? FOTO: SILVIA BUSS ?? Heute leben sie in Leipzig, Hamburg und Brandenbur­g (von links): David-Simon Groß (29) aus Stennweile­r, Eva Kirsch (27) aus Wemmetswei­ler und Anselm Belser (44) aus Walsheim vor dem Gespräch im Cinestar mit der SZ-Mitarbeite­rin.
FOTO: SILVIA BUSS Heute leben sie in Leipzig, Hamburg und Brandenbur­g (von links): David-Simon Groß (29) aus Stennweile­r, Eva Kirsch (27) aus Wemmetswei­ler und Anselm Belser (44) aus Walsheim vor dem Gespräch im Cinestar mit der SZ-Mitarbeite­rin.

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