Wenn man plötzlich inmitten von Diamantschürfern steht
Eine spannende Ausstellung über virtuelle Realitäten ist noch bis Ende der Woche im Alt-Saarbrücker Garelly Haus zu sehen.
SAARBRÜCKEN Wer noch keine Gelegenheit hatte, sich mit Virtual Reality, also mit virtueller Realität, zu beschäftigen, hat bis Ende der Woche dazu in Saarbrücken eine großartige Möglichkeit. Denn die Ausstellung „Abtauchen. Die Grenzenlosigkeit virtueller Räume“des Saarländischen Filmbüros im Garelly Haus bietet in Zusammenarbeit mit dem Filmfestival Max Ophüls Preis und der Hochschule der Bildenden Künste, HBKsaar, sowie dem Historischen Museum Saar einen kleinen Überblick über das, was in Sachen Virtual Reality in der Großregion passiert.
„Eigentlich war das Projekt schon vor Corona in Angriff genommen worden, musste dann aber mehrfach verschoben werden“, erklärt Lydia Kaminski vom Saarländischen Filmbüro. Sie ist zuständig für die Koordination. Außerdem war es nicht ganz unproblematisch, Räume in der richtigen Größe zu finden.
Jetzt ist mit dem Garelly Haus der passende Ort, genau zwischen CineStar, HBKsaar und Filmbüro, gefunden worden. „Und gleich nebenan ist das co:hub66. Dort finden die Vorträge zum Thema im Laufe der Woche statt.“
Um ins Thema einzusteigen, wird in der Ausstellung ein kleiner historischer Überblick geboten. Denn vom Historischen Museum Saar erhielt man fünf originale Fotopaare aus dem Ersten Weltkrieg, die man in einen kleinen Holzkasten legt. Blickt man hinein, führt das Überlappen der Fotografien zu einer 3DAnsicht. Diese Präsentation wird erweitert mit historischen Fotos und Apparaten eines Sammlers sowie einem 3-D-Film der Ansicht des früheren Saarbrücker Rathaussaals mit den Gemälden von Anton von Werner.
Dem schließen sich 16 Projekte an, bei denen man mit Tablets, Smartphones oder Virtual-Reality-Brillen in die Welt der virtuellen Projektionen eintauchen kann. Spielerisch ist die Arbeit „Limbs Lab“der HBKsaar-Studierenden Akhmajon Makhsadov und Marius Menz. Dort führt man seine Hände in einen schwarzen Kasten ein, der auf der Oberfläche unmittelbar die Hände digital verändert zeigt. Mal als Katzenpfoten, mal als skelettierte Hände, führen diese Projektionen trotzdem die eigenen Bewegungen aus.
Poetisch und beeindruckend ist das Projekt „Acqua Alta“der französischen Kunstschaffenden Claire Bardainne und Adrien Mondot. Sie haben zuerst ein Pop-up-Buch erschaffen, aus dem sich auf jeder schwarzweißen Doppelseite ein Häuschen entfaltet. Wenn man nun mittels Tablet und einer App diese Häuschen betrachtet, so erscheinen im Display des Tablets zwei schwarze Figuren, weiblich und männlich, die sich finden, verlieren und wieder finden. Schon das Pop-up-Buch ist bezaubernd gestaltet, gemeinsam mit der virtuellen Darstellung wird daraus eine Geschichte, die berührt.
Das Projekt „Fred ist not ashamed“der HBKsaar-Studierenden Aladdin Gomaa, Latifa Hamido und Conan funktioniert ähnlich. Auch hier werden die Bilder in einem Buch dank Handy und App lebendig. Die Arbeit „Wild Cities“des Luxemburger Kunstschaffenden „a_BAHN“richtet sich an Kinder. Hier kann man im Raum einen Baum wachsen lassen.
Und nun ist man auch vorbereitet für die wohl anspruchsvollste Arbeit der Ausstellung, „The soil oft he Namib: VR“von Christian Zipfel. Denn jetzt steigt man richtig in die virtuelle Realität ein, samt Brille und Kopfhörer. So hat man die Gelegenheit, ganz unmittelbar den illegalen Diamantschürfern in Namibia zuzuschauen. Aber nicht nur, dass man die gefährlichen Arbeiten in einer 360-Grad-Projektion sieht, der Film ist in 3-D-Technik aufgenommen. Man sitzt mitten unter den Arbeitern – und nebenbei thematisiert er auch die deutsche Kolonialzeit. Sehr packend. Da der Film auch in der SaarLorLux-Reihe des Ophüls-Festivals läuft, schließt sich hier ein Kreis.