Saarbruecker Zeitung

Wenn man plötzlich inmitten von Diamantsch­ürfern steht

Eine spannende Ausstellun­g über virtuelle Realitäten ist noch bis Ende der Woche im Alt-Saarbrücke­r Garelly Haus zu sehen.

- VON NICOLE BARONSKY-OTTMANN

SAARBRÜCKE­N Wer noch keine Gelegenhei­t hatte, sich mit Virtual Reality, also mit virtueller Realität, zu beschäftig­en, hat bis Ende der Woche dazu in Saarbrücke­n eine großartige Möglichkei­t. Denn die Ausstellun­g „Abtauchen. Die Grenzenlos­igkeit virtueller Räume“des Saarländis­chen Filmbüros im Garelly Haus bietet in Zusammenar­beit mit dem Filmfestiv­al Max Ophüls Preis und der Hochschule der Bildenden Künste, HBKsaar, sowie dem Historisch­en Museum Saar einen kleinen Überblick über das, was in Sachen Virtual Reality in der Großregion passiert.

„Eigentlich war das Projekt schon vor Corona in Angriff genommen worden, musste dann aber mehrfach verschoben werden“, erklärt Lydia Kaminski vom Saarländis­chen Filmbüro. Sie ist zuständig für die Koordinati­on. Außerdem war es nicht ganz unproblema­tisch, Räume in der richtigen Größe zu finden.

Jetzt ist mit dem Garelly Haus der passende Ort, genau zwischen CineStar, HBKsaar und Filmbüro, gefunden worden. „Und gleich nebenan ist das co:hub66. Dort finden die Vorträge zum Thema im Laufe der Woche statt.“

Um ins Thema einzusteig­en, wird in der Ausstellun­g ein kleiner historisch­er Überblick geboten. Denn vom Historisch­en Museum Saar erhielt man fünf originale Fotopaare aus dem Ersten Weltkrieg, die man in einen kleinen Holzkasten legt. Blickt man hinein, führt das Überlappen der Fotografie­n zu einer 3DAnsicht. Diese Präsentati­on wird erweitert mit historisch­en Fotos und Apparaten eines Sammlers sowie einem 3-D-Film der Ansicht des früheren Saarbrücke­r Rathaussaa­ls mit den Gemälden von Anton von Werner.

Dem schließen sich 16 Projekte an, bei denen man mit Tablets, Smartphone­s oder Virtual-Reality-Brillen in die Welt der virtuellen Projektion­en eintauchen kann. Spielerisc­h ist die Arbeit „Limbs Lab“der HBKsaar-Studierend­en Akhmajon Makhsadov und Marius Menz. Dort führt man seine Hände in einen schwarzen Kasten ein, der auf der Oberfläche unmittelba­r die Hände digital verändert zeigt. Mal als Katzenpfot­en, mal als skelettier­te Hände, führen diese Projektion­en trotzdem die eigenen Bewegungen aus.

Poetisch und beeindruck­end ist das Projekt „Acqua Alta“der französisc­hen Kunstschaf­fenden Claire Bardainne und Adrien Mondot. Sie haben zuerst ein Pop-up-Buch erschaffen, aus dem sich auf jeder schwarzwei­ßen Doppelseit­e ein Häuschen entfaltet. Wenn man nun mittels Tablet und einer App diese Häuschen betrachtet, so erscheinen im Display des Tablets zwei schwarze Figuren, weiblich und männlich, die sich finden, verlieren und wieder finden. Schon das Pop-up-Buch ist bezaubernd gestaltet, gemeinsam mit der virtuellen Darstellun­g wird daraus eine Geschichte, die berührt.

Das Projekt „Fred ist not ashamed“der HBKsaar-Studierend­en Aladdin Gomaa, Latifa Hamido und Conan funktionie­rt ähnlich. Auch hier werden die Bilder in einem Buch dank Handy und App lebendig. Die Arbeit „Wild Cities“des Luxemburge­r Kunstschaf­fenden „a_BAHN“richtet sich an Kinder. Hier kann man im Raum einen Baum wachsen lassen.

Und nun ist man auch vorbereite­t für die wohl anspruchsv­ollste Arbeit der Ausstellun­g, „The soil oft he Namib: VR“von Christian Zipfel. Denn jetzt steigt man richtig in die virtuelle Realität ein, samt Brille und Kopfhörer. So hat man die Gelegenhei­t, ganz unmittelba­r den illegalen Diamantsch­ürfern in Namibia zuzuschaue­n. Aber nicht nur, dass man die gefährlich­en Arbeiten in einer 360-Grad-Projektion sieht, der Film ist in 3-D-Technik aufgenomme­n. Man sitzt mitten unter den Arbeitern – und nebenbei thematisie­rt er auch die deutsche Kolonialze­it. Sehr packend. Da der Film auch in der SaarLorLux-Reihe des Ophüls-Festivals läuft, schließt sich hier ein Kreis.

 ?? FOTO: CHRISTIAN ZIPFEL ?? Vom Garelly Haus aus sind die Ausstellun­gsbesucher ruck, zuck im Südwesten Afrikas. Virtuelle Realität macht’s möglich.
FOTO: CHRISTIAN ZIPFEL Vom Garelly Haus aus sind die Ausstellun­gsbesucher ruck, zuck im Südwesten Afrikas. Virtuelle Realität macht’s möglich.

Newspapers in German

Newspapers from Germany