Kur- und Heilwald – so könnte er aussehen
Die Gemeinde Weiskirrchen verfolgt seit Jahren die Idee eines Kur- und Heilwaldes. Die endgültige Genehmigung scheint nahe. Die SZ stellt das Konzept vor.
WEISKIRCHENDer von der Gemeinde Weiskirchen seit Jahren angestrebte Kur- und Heilwald könnte als erstes Projekt dieser Art im Saarland schon bald Wirklichkeit werden. Um Formalien und Fristen für Zuschussanträge einzuhalten, hat der Gemeinderat in seiner Jahresabschlusssitzung einen Nachtragshaushalt auf den Weg gebracht. Dieser beinhaltet die geplanten Gesamtkosten zur Einrichtung und Ausweisung des Kurwaldes von knapp 264 000 Euro, für die das Wirtschaftsministerium eine 95-prozentige Förderung in Aussicht gestellt hatte. Wie Bürgermeister Wolfgang Hübschen nun auf SZ-Anfrage mitteilt, hat das Ministerium der Gemeinde mit Schreiben vom 20. Dezember einen Zuwendungsbescheid für den ersten Finanzierungsabschnitt über 47 500 Euro zukommen lassen. „Die eigentliche Genehmigung zur Errichtung des Kur- und Heilwaldes liegt derzeit seitens des zuständigen Umweltministeriums noch nicht vor“, erklärt Hübschen. Diese hatte Ministerin Petra Berg in einem SZ-Interview Ende November für das Ende des ersten Quartals 2024 in Aussicht gestellt. Was aber soll hier genau entstehen? Die SZ hat sich das Konzept angeschaut.
Die Gemeinde plant die Einrichtung und Ausweisung eines etwa 50 Hektar großen Kur- und Heilwaldes nordwestlich des Ortskerns von Weiskirchen. Das Gebiet soll die Hochwald-Kliniken umschließen. Die Abgrenzung orientiere sich an bestehenden Wegen und den Waldgrenzen, heißt es in dem Papier. Die Wegeführung soll ausschließlich auf vorhandenen Wegen und Pfaden erfolgen. Dabei sind zwei Strecken geplant: eine barrierearme sowie ein anspruchsvollerer Rundgang. Interaktive Stationen entlang der Wege sollen die Besucher thematisch durch den Wald führen und aktiv einbeziehen.
Zahlreiche Studien zeigen, dass sich Aufenthalte im Wald positiv auf die Gesundheit auswirken, zum Beispiel bei Erkrankungen der Atemwege, des Herz-Kreislauf-Systems oder psychosomatischen Erkrankungen. Dazu tragen unter anderem die ganzjährig hohe Luftqualität und das temperaturausgleichende Waldklima bei, argumentiert das Konzept. Natürliche Umgebungsreize können zudem ablenken und zum Bewegen motivieren. Der Weiskircher Kur- und Heilwald soll sich thematisch den „Fünf Säulen nach Kneipp“widmen: Ernährung, Heilkräuter, Wasser, Bewegung und innere Balance.
Als „Kleine Kneipp-Tour“soll die barrierearme Strecke ausgewiesen werden. Auf einer Länge von 800 Metern, samt Rückweg 1,6 Kilometern, sind Stationen zu den fünf Säulen vorgesehen. Die Ernährung etwa soll spielerisch durch eine Anlage mit drehbaren Würfeln aufgegriffen werden. In Form eines Memory-Spiels können exotische „Superfoods“wie Avocado, Quinoa und Goji-Beere den heimischen Alternativen wie Walnüssen, Hafer und Johannisbeere sowie deren gesundheitsfördernden Inhaltsstoffen zugeordnet werden. Die Würfel sollen so angebracht werden, dass auch Kinder und Rollstuhlfahrer sie zur richtigen Kombination drehen können. Die Symbole sollen tastbar auf den Würfeln eingefräst werden. Geplant ist, auch Informationstafeln so niedrig zu montieren, dass Kinder und Rollstuhlfahrer sie überblicken können. Ergänzend sind Erklärungen in Braille-Schrift vorgesehen.
Die zweite, anspruchsvollere Strecke folge dem Motto „Entspannt bewegen – bewegt entspannen“. Auch auf dem 2,6 Kilometer langen Rundweg sollen Stationen die Besucher animieren und aktivieren. Ziel sei es, Koordination und Gleichgewicht zu trainieren oder den sogenannten Vagusnerv im Körper ansprechen, der in Verbindung mit Erholung, Ruhe und Verdauung gesetzt wird. Beispielhaft nennt das Konzept die Böschungs-Balance: In der Böschung beim Sportplatz sollen Felsen platziert werden, auf denen sich die Besucher ihren Weg suchen können. Die Schwierigkeit steigt von Stein zu Stein, von ebenen Oberflächen bis zu runden Findlingen. Wackelhocker und ein Federbrett laden dazu ein, die Balance im Sitzen, Knien oder Stehen zu schulen.
Westlich des Klinikgeländes sollen an drei bis vier Stellen Therapiebereiche für Einzel- und Gruppentherapien der Hochwald-Kliniken eingerichtet werden. Der Sportplatz kann für Gruppenaktivitäten wie Wald-Yoga eingebunden werden. Als mögliche waldtherapeutische Angebote nennt das Konzept Waldbaden, Wanderungen mit Tieren und geführte Kneipp-Touren. Auch Waldnaturschutz, zum Beispiel in Form von Aufforstung, sei als Therapie-Ansatz denkbar. Die beiden Bereiche Kur- und Heilwald sollen nicht zu fließend ineinander übergehen. So wollen die Planer mögliche Konflikte vermeiden, wenn sich etwa zeitgleich Patienten in den Therapiebereichen des Heilwaldes zurückziehen wollen, während andere Besucher die aktivierenden Bewegungsangebote nutzen.
Das Konzept definiert vier Zielgruppen für den Kur- und Heilwald: die Bevölkerung, Patienten unter anderem der Hochwald-Kliniken, Besucher der Patienten und Tagesgäste. Außerdem sollen damit neue touristische Potenziale erschlossen und zum Beispiel neue Patientengruppen angesprochen werden. Denkbar sei auch, mit Unternehmen Angebote des betrieblichen Gesundheitsmanagements umzusetzen oder mit Krankenkassen bei Gesundheitskursen zusammenzuarbeiten. Insgesamt erwartet die Gemeinde durch die Ausweisung eines Kur- und Heilwaldes eine Aufwertung für Bewohner und Besucher, mehr Gäste und in der Folge auch wirtschaftliche Vorteile.