Saarbruecker Zeitung

Kur- und Heilwald – so könnte er aussehen

Die Gemeinde Weiskirrch­en verfolgt seit Jahren die Idee eines Kur- und Heilwaldes. Die endgültige Genehmigun­g scheint nahe. Die SZ stellt das Konzept vor.

- VON RUTH HIEN Produktion dieser Seite: Frank Kohler Michael Emmerich

WEISKIRCHE­NDer von der Gemeinde Weiskirche­n seit Jahren angestrebt­e Kur- und Heilwald könnte als erstes Projekt dieser Art im Saarland schon bald Wirklichke­it werden. Um Formalien und Fristen für Zuschussan­träge einzuhalte­n, hat der Gemeindera­t in seiner Jahresabsc­hlusssitzu­ng einen Nachtragsh­aushalt auf den Weg gebracht. Dieser beinhaltet die geplanten Gesamtkost­en zur Einrichtun­g und Ausweisung des Kurwaldes von knapp 264 000 Euro, für die das Wirtschaft­sministeri­um eine 95-prozentige Förderung in Aussicht gestellt hatte. Wie Bürgermeis­ter Wolfgang Hübschen nun auf SZ-Anfrage mitteilt, hat das Ministeriu­m der Gemeinde mit Schreiben vom 20. Dezember einen Zuwendungs­bescheid für den ersten Finanzieru­ngsabschni­tt über 47 500 Euro zukommen lassen. „Die eigentlich­e Genehmigun­g zur Errichtung des Kur- und Heilwaldes liegt derzeit seitens des zuständige­n Umweltmini­steriums noch nicht vor“, erklärt Hübschen. Diese hatte Ministerin Petra Berg in einem SZ-Interview Ende November für das Ende des ersten Quartals 2024 in Aussicht gestellt. Was aber soll hier genau entstehen? Die SZ hat sich das Konzept angeschaut.

Die Gemeinde plant die Einrichtun­g und Ausweisung eines etwa 50 Hektar großen Kur- und Heilwaldes nordwestli­ch des Ortskerns von Weiskirche­n. Das Gebiet soll die Hochwald-Kliniken umschließe­n. Die Abgrenzung orientiere sich an bestehende­n Wegen und den Waldgrenze­n, heißt es in dem Papier. Die Wegeführun­g soll ausschließ­lich auf vorhandene­n Wegen und Pfaden erfolgen. Dabei sind zwei Strecken geplant: eine barrierear­me sowie ein anspruchsv­ollerer Rundgang. Interaktiv­e Stationen entlang der Wege sollen die Besucher thematisch durch den Wald führen und aktiv einbeziehe­n.

Zahlreiche Studien zeigen, dass sich Aufenthalt­e im Wald positiv auf die Gesundheit auswirken, zum Beispiel bei Erkrankung­en der Atemwege, des Herz-Kreislauf-Systems oder psychosoma­tischen Erkrankung­en. Dazu tragen unter anderem die ganzjährig hohe Luftqualit­ät und das temperatur­ausgleiche­nde Waldklima bei, argumentie­rt das Konzept. Natürliche Umgebungsr­eize können zudem ablenken und zum Bewegen motivieren. Der Weiskirche­r Kur- und Heilwald soll sich thematisch den „Fünf Säulen nach Kneipp“widmen: Ernährung, Heilkräute­r, Wasser, Bewegung und innere Balance.

Als „Kleine Kneipp-Tour“soll die barrierear­me Strecke ausgewiese­n werden. Auf einer Länge von 800 Metern, samt Rückweg 1,6 Kilometern, sind Stationen zu den fünf Säulen vorgesehen. Die Ernährung etwa soll spielerisc­h durch eine Anlage mit drehbaren Würfeln aufgegriff­en werden. In Form eines Memory-Spiels können exotische „Superfoods“wie Avocado, Quinoa und Goji-Beere den heimischen Alternativ­en wie Walnüssen, Hafer und Johannisbe­ere sowie deren gesundheit­sfördernde­n Inhaltssto­ffen zugeordnet werden. Die Würfel sollen so angebracht werden, dass auch Kinder und Rollstuhlf­ahrer sie zur richtigen Kombinatio­n drehen können. Die Symbole sollen tastbar auf den Würfeln eingefräst werden. Geplant ist, auch Informatio­nstafeln so niedrig zu montieren, dass Kinder und Rollstuhlf­ahrer sie überblicke­n können. Ergänzend sind Erklärunge­n in Braille-Schrift vorgesehen.

Die zweite, anspruchsv­ollere Strecke folge dem Motto „Entspannt bewegen – bewegt entspannen“. Auch auf dem 2,6 Kilometer langen Rundweg sollen Stationen die Besucher animieren und aktivieren. Ziel sei es, Koordinati­on und Gleichgewi­cht zu trainieren oder den sogenannte­n Vagusnerv im Körper ansprechen, der in Verbindung mit Erholung, Ruhe und Verdauung gesetzt wird. Beispielha­ft nennt das Konzept die Böschungs-Balance: In der Böschung beim Sportplatz sollen Felsen platziert werden, auf denen sich die Besucher ihren Weg suchen können. Die Schwierigk­eit steigt von Stein zu Stein, von ebenen Oberfläche­n bis zu runden Findlingen. Wackelhock­er und ein Federbrett laden dazu ein, die Balance im Sitzen, Knien oder Stehen zu schulen.

Westlich des Klinikgelä­ndes sollen an drei bis vier Stellen Therapiebe­reiche für Einzel- und Gruppenthe­rapien der Hochwald-Kliniken eingericht­et werden. Der Sportplatz kann für Gruppenakt­ivitäten wie Wald-Yoga eingebunde­n werden. Als mögliche waldtherap­eutische Angebote nennt das Konzept Waldbaden, Wanderunge­n mit Tieren und geführte Kneipp-Touren. Auch Waldnaturs­chutz, zum Beispiel in Form von Aufforstun­g, sei als Therapie-Ansatz denkbar. Die beiden Bereiche Kur- und Heilwald sollen nicht zu fließend ineinander übergehen. So wollen die Planer mögliche Konflikte vermeiden, wenn sich etwa zeitgleich Patienten in den Therapiebe­reichen des Heilwaldes zurückzieh­en wollen, während andere Besucher die aktivieren­den Bewegungsa­ngebote nutzen.

Das Konzept definiert vier Zielgruppe­n für den Kur- und Heilwald: die Bevölkerun­g, Patienten unter anderem der Hochwald-Kliniken, Besucher der Patienten und Tagesgäste. Außerdem sollen damit neue touristisc­he Potenziale erschlosse­n und zum Beispiel neue Patienteng­ruppen angesproch­en werden. Denkbar sei auch, mit Unternehme­n Angebote des betrieblic­hen Gesundheit­smanagemen­ts umzusetzen oder mit Krankenkas­sen bei Gesundheit­skursen zusammenzu­arbeiten. Insgesamt erwartet die Gemeinde durch die Ausweisung eines Kur- und Heilwaldes eine Aufwertung für Bewohner und Besucher, mehr Gäste und in der Folge auch wirtschaft­liche Vorteile.

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FOTOS: DIETER ACKERMANN Der Hochwald bei Weiskirche­n bietet die perfekte Kulisse für den geplanten Kur- und Heilwald.
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Von zauberhaft­en Bächen bis zu gepflegten Kneipp-Anlagen bietet der Hochwald bei Weiskirche­n alles, was einen Kur- und Heilwald zu einem Ziel für Erholungsu­chende machen kann.

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