Saarbruecker Zeitung

Die Ampel-Koalition ist zum Erfolg verdammt

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Der Kanzler ist nicht zu beneiden in diesen Tagen. Zu allem politische­n Unmut gesellt sich nun auch noch eine starke Erkältung hinzu. An einem Unternehme­rtreffen am Freitagmor­gen konnte Olaf Scholz nach eigenen Worten nur dank Erkältungs­medikament­en teilnehmen.

Doch es sollte nicht das einzige Treffen des SPD-Regierungs­chefs am Freitag bleiben. Am Abend stand erneut eine Dreier-Runde mit dem grünen Vizekanzle­r Robert Habeck und FDP-Finanzmini­ster Christian Lindner an. Auf dem Programm wieder einmal die Kraftwerks­strategie, zu der es bislang keine Lösung der Ampel gibt. An ihr hängt nicht nur der Kohleausst­ieg, sondern auch die Energiever­sorgung, ja, größer gesprochen, die Zukunft der Industrie. Geeint werden in der Koalition muss ebenfalls der Streit um das Kindergeld. Auch soll der Haushalt 2024 in der nächsten Woche dann – verspätet – endgültig verabschie­det werden, doch bereitet die Finanzplan­ung für das Jahr 2025 Sorgen, auch hier zeichnen sich Finanzieru­ngslücken ab. Gleichzeit­ig gibt es eine große Unzufriede­nheit mit der Regierungs­politik und Zukunftsän­gste in der Bevölkerun­g.

So werden am Wochenende erneut viele Menschen in Deutschlan­d auf die Straße gehen. Sie demonstrie­ren für ihr Land, die Demokratie, den Rechtsstaa­t und gegen Hetze und Ausländerf­eindlichke­it. Das Gespenst des Rechtsextr­emismus, gepaart mit einem befürchtet­en Aushebeln der Verfassung, dem Verhetzen von Bürgern – dagegen formiert sich der Protest.

Die Ampel-Verantwort­lichen, besonders auf der eher linken Seite des politische­n Spektrums, sollten jedoch davor zurückschr­ecken, die Proteste vereinnahm­en zu wollen. Es sind in der Mehrzahl keine linken Proteste gegen eine zu rigide Flüchtling­spolitik, für mehr Klimaschut­z oder gegen konservati­ve Politik. Warum ist das wichtig derzeit? Der erste Monat des Jahres 2024 hat gezeigt, dass in Deutschlan­d etwas in Bewegung geraten ist. Menschen tragen ihre Ängste und ihren Protest auf die Straße. Das genau ist gelebte Demokratie. Doch es ist auch der Unmut, den man auch in längerfris­tigen Umfrage-Trends so schön ablesen kann. Der Unmut über eine Regierung, die handwerkli­che Fehler macht und außerdem die Regierungs­politik schlecht verkauft. Die dem anderen in der Koalition keinen Erfolg gönnt. Die sich in Teilen immer noch an einen Koalitions­vertrag klammert, der vor den Krisen entstanden ist, an die Regierungs- und Parteispit­zen selbst immer erinnern. Von allen Seiten ist zu hören, dass die Regierung nun Gas geben will, manch ein Minister rief einen Neustart aus. Es wäre schon damit geholfen, wenn sich alle drei Parteien in Erinnerung rufen, dass sie als Parteien zwar für Inhalte stehen – aber für die Bürger Politik machen und nicht nur für die eigene Basis. Es braucht wieder das Gefühl, die drei im Kanzleramt blicken auf das große Ganze und bekommen es zusammen hin. Handwerkli­ch, inhaltlich und persönlich. Denn wenn es gar nicht passt, dann werden die nächsten zwei Jahre zur Zumutung. Und das nutzt wiederum nur denen, gegen die aus der Mitte der Gesellscha­ft nun endlich auch sichtbar protestier­t wird.

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