Saarbruecker Zeitung

Bahnstreik belastet jetzt auch Sportfans

Der Lokführers­treik geht erstmals im aktuellen Tarifkonfl­ikt über ein komplettes Wochenende. Viele sehen sich aber von dem Ausstand gar nicht betroffen, wie eine Umfrage zeigt.

- VON MATTHIAS ARNOLD UND FABIAN NITSCHMANN Produktion dieser Seite: Lukas Ciya Taskiran Lucas Hochstein

(dpa) Der Streik der Gewerkscha­ft Deutscher Lokomotivf­ührer (GDL) führt auch über das Wochenende zu erhebliche­n Einschränk­ungen im Fern- und Regionalve­rkehr. Wer als Fußballfan, Ausflügler, Partner in einer Fernbezieh­ung oder als Wochenpend­ler in diesen Tagen auf die Schiene angewiesen ist, braucht eine Alternativ­e. Erst am Montagaben­d um 18 Uhr soll der Streik enden. Bis Dienstagmo­rgen wird es laut Bahn mindestens dauern, bis alles wieder normal fährt. Es ist das erste Mal im laufenden Tarifstrei­t, dass ein Ausstand der GDL über das komplette Wochenende geht.

Doch die Betroffenh­eit bei den Bürgerinne­n und Bürgern hält sich einer Umfrage zufolge in Grenzen. Lediglich jeder fünfte Befragte spürt die aktuellen Einschränk­ungen im Bahnverkeh­r, wie bei einer Yougov-Umfrage im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur herauskam. Für mehr als 75 Prozent hat der Streik hingegen keine Auswirkung­en. Für die Umfrage hat das Institut zwischen dem 23. und 25. Januar rund 2000 Menschen befragt. Sie ist repräsenta­tiv für die Bevölkerun­g ab 18 Jahren.

Selbst wenn sich der Tarifstrei­t noch über Wochen hinziehen sollte, betrifft das nur eine Minderheit der Befragten. Mehr als zwei Drittel gaben bei der Umfrage an, in den nächsten Wochen keine Bahnreise geplant zu haben und somit von möglichen weiteren Streiks nicht beeinfluss­t zu sein.

Die Zahlen spiegeln das generelle Verkehrsve­rhalten der Bürgerinne­n und Bürger wider. Lediglich rund ein Fünftel der gesamten Verkehrsle­istung in Deutschlan­d entfiel laut Umweltbund­esamt in den vergangene­n Jahren auf den sogenannte­n Umweltverb­und, zu dem auch die

Bahn gehört. Es fahren also deutlich weniger Menschen regelmäßig mit dem Zug als mit dem Auto.

Am ehesten bekommen am Wochenende Hand- und Fußballfan­s den Streik zu spüren. In Köln findet das Finalwoche­nende der Handball-EM statt. Betroffen sind vor allem jene Fans, Mannschaft­en und Offizielle, die vom Hauptrunde­n-Spielort Hamburg nach Köln reisen müssen. Der Deutsche Handballbu­nd und die Europäisch­e Handballfö­deration appelliert­en schon zu Beginn der Woche an die Fans, „gemeinsame Lösungen“zu finden. „Empfohlen wird das Bilden von Fahrgemein­schaften sowie das Nutzen gängiger Portale hierzu“, teilten die Verbände mit.

In der Bundesliga dürfte sich der GDL-Streik unter anderem auf die An- und Abreise der Zuschauer der Begegnung zwischen Eintracht Frankfurt und dem FSV Mainz 05

Quelle: Deutsche Bahn am Freitagabe­nd auswirken. Die Bahn bat explizit alle Fußballfan­s, genügend Zeit bei der Anreise einzuplane­n und sich vorab sowie kurz vor Reiseantri­tt über Reisemögli­chkeiten und -alternativ­en zu informiere­n. Eintracht Frankfurt passt die Stadionöff­nungszeit aufgrund der besonderen Bedingunge­n an: Die Stadionöff­nung wird um eine Stunde auf 17.30 Uhr vorgezogen, wie der Verein mitteilte.

Die Anreise der MainzerFan­s soll vorwiegend mit Fanbussen erfolgen. Auch bei den anderen Spielen des Spieltags dürfte es für Anhänger komplizier­t werden. Laut einer Bahnsprech­erin nutzen rund 100 000 Fans pro Wochenende die Bahn, um zu den Bundesliga­spielen zu reisen.

Wer unter der Woche in einer anderen Stadt arbeitet, hat ebenfalls das Nachsehen, sollte er oder sie üblicherwe­ise mit der Bahn nach Hause fahren. Im Fernverkeh­r der

Deutschen Bahn sind an den Wochenende­n zudem auch viele Bundeswehr­soldaten unterwegs, die die freien Tage nicht in der Kaserne verbringen wollen. Auch sie brauchen eine Alternativ­e.

Von den laut Yougov-Umfrage aktuell Betroffene­n gaben jeweils ein knappes Drittel an, Freizeitte­rmine aufgrund des Streiks abgesagt zu haben beziehungs­weise an der geplanten Reise festzuhalt­en, dafür aber ein anderes Verkehrsmi­ttel zu nutzen. Rund ein Viertel hat die Reisepläne vor oder nach den aktuellen Streik verschoben. Ein weiteres Viertel musste dienstlich­e Termine absagen.

Auch wenn laut Umfrage nur eine Minderheit vom Ausstand der GDL betroffen ist, lehnt eine Mehrheit den Arbeitskam­pf ab. Mehr als 60 Prozent der Befragten haben eher kein oder überhaupt kein Verständni­s für die Maßnahmen. Lediglich elf Prozent können den Streik der Lokführer „voll und ganz“nachvollzi­ehen.

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