„Großes Einfamilienhaus nicht mehr Regelfall“
Der Bauminister erklärt, unter welchen Bedingungen im Saarland künftig noch Neubaugebiete möglich sein sollen.
Entwurf der Landesregierung für einen neuen Landesentwicklungsplan (LEP) soll in diesem Jahr beschlossen werden. Er regelt unter anderem, unter welchen Voraussetzungen Gemeinden künftig Neubaugebiete ausweisen dürfen. Das Thema spielt auch im Kommunalwahlkampf eine Rolle.
Herr Jost, an einem Satz von Ihnen entzündet sich seit Monaten die politische Debatte um den neuen Landesentwicklungsplan: „Das freistehende Einfamilienhaus wird künftig in jedem Fall die Ausnahme sein.“Gilt das noch?
JOST Das ist die Realität, die im Übrigen von den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern selbst immer wieder zum Ausdruck gebracht wird. Das heißt nicht, dass niemand mehr ein Einfamilienhaus bauen kann. Aber viele Leute sind froh, wenn sie mit dem Nachbargrundstück eine Reihenhausbebauung hinbekommen. Was wir in den zurückliegenden Jahrzehnten hatten, ein großes freistehendes Einfamilienhaus auf einem Grundstück von neun oder zehn Ar, das wird in Zukunft nicht der Regelfall sein. Heute wollen die meisten möglichst kostengünstig und platzsparend bauen. Deshalb ist das eine Binsenweisheit. Dass das jetzt von Oppositionspolitikern genutzt wird, nach dem Motto „Der Jost will den Leuten ihr Einfamilienhaus nehmen“: gut, soll sich jeder selber zum Flappes machen.
Was ist dann der Regelfall, wenn das freistehende Einfamilienhaus die Ausnahme wird?
JOST Der Trend geht zu kompakteren Bauweisen und vor allem auch dahin, dass mehr Häuser aneinandergebaut werden, um gemeinsame Infrastruktur nutzen zu können und um möglichst wenig Fläche versiegeln zu müssen.
Wird es in Zukunft dann überhaupt noch neue Neubaugebiete im Saarland geben?
JOST Ja! Wie sie aussehen, entscheiden nicht wir, sondern die Städte und Gemeinden. Die, die uns vorwerfen, wir würden Neubaugebiete verhindern, verkennen, dass sie selbst die sind, die sie ausweisen. Wir haben im Gegensatz zu vorangegangenen Landesregierungen auch keine Obergrenzen eingeführt. Jede Gemeinde muss sich aber zumindest der Mühe unterziehen zu prüfen, ob bereits vorhandener Baugrund genutzt werden kann.
Die Bürgermeister beklagen einen Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung.
JOST Das ist Quatsch und an den Haaren herbeigezogen. Es ist höchstrichterlich geklärt, dass das Land bei der Landesentwicklungsplanung die Kompetenz hat. Die nutzen wir aber nicht, um bis ins kleinste Detail zu re
gieren, sondern wir geben Leitplanken vor – das haben Städte und Gemeinden über Jahre hinweg immer gefordert. Eine Genehmigungspraxis wie in den 60er oder 70er Jahren, wo auf Zuruf vom Land die Genehmigung kommt, Baugebiete auszuweisen, wird nicht mehr gehen. Es ist doch auch im eigenen finanziellen Interesse der Stadt oder Gemeinde, bereits erschlossene Grundstücke zu
aktivieren, anstatt neue zu erschließen.
Und wenn eine Gemeinde nachweist, dass sie alles versucht hat, um Baulücken zu nutzen, aber das nicht geht, weil der Eigentümer das Grundstück nicht verkaufen will?
JOST Dann wird man relativ schnell eine Einigung finden. Wir werden die Wurst nicht so hoch hängen, dass man nicht mehr drankommt. Wenn man mit uns redet, finden wir immer Lösungen. Nur: Der leichte Weg, immer weiter auf der grünen Wiese zu wachsen, der wird nicht mehr möglich sein.
Welche Rolle spielt die neue Grundsteuer C, die Gemeinden im Saarland ab 2025 auf unbebaute, baureife Grundstücke erheben können? JOST Wir haben vor, genau diese Regelung zur Voraussetzung für die Genehmigung eventueller Neubaugebiete zu machen.
Das Saarland hat trotz des massenhaften Zuzugs von Asylbewerbern, EU-Bürgern aus Osteuropa und Ukraine-Flüchtlingen heute rund 100 000 Einwohner weniger als in den 90er Jahren. Warum müssen Kommunen überhaupt noch in die Breite wachsen?
JOST Die demografische Entwicklung ist nicht so eingetreten, wie wir das vor zehn Jahren mal angenommen haben, auch durch die Migration. Deshalb werden wir darauf auch mit Blick auf die Notwendigkeit zusätzlicher Wohnflächen reagieren. Es ist aber auch richtig, dass wir bei den Leerständen größere Herausforderungen haben als andere Bundesländer. Darauf muss man reagieren und sei es nur, dass der Leerstand abgerissen und anderweitig genutzt wird, als Freifläche oder für Neubauten. Wir wissen aber auch, dass es in
den kommenden Jahren weiterhin Entwicklungsmöglichkeiten geben muss.
Unter welchen Voraussetzungen?
JOST Erfweiler-Ehlingen und Oberesch, die beim Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“sehr erfolgreich waren, haben sich in den letzten Jahren so attraktiv dargestellt, dass dort weder Leerstände noch freie Grundstücke zur Verfügung stehen. Da wäre es ein Treppenwitz zu sagen, ihr bekommt keine Möglichkeit mehr, moderat Neubaugebiete auszuweisen.